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Deutsche Gesellschaft für Christliche Kunst [Hrsg.]
Die christliche Kunst: Monatsschrift für alle Gebiete der christlichen Kunst u. der Kunstwissenschaft sowie für das gesamte Kunstleben — 21.1924/​1925

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Doering, Oskar: Der Münchener Glaspalast 1924
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DER MÜNCHENER GLASPALAST 1924

1

DER MÜNCHENER GLAS-
PALAST 1924
TAaß die Darbietungen der Glaspalast-
ausstellungen, wenige Fälle ausgenom-
men, mehr in die Breite als in die Tiefe
gehen, ist eine Beobachtung, die sich seit
langen Jahren wiederholt. Es überrascht
daher nicht, daß sie auch diesmal sich ein-
stellt. Insbesondere, wer innerliche, seeli-
sche Anregung und Erhebung sucht, bleibt
in bedauerlichem Maße unbefriedigt. Ich
hörte einmal zu anderer Zeit und an an-
derem Orte jemanden sagen, für die kleinste
Zeichnung von Führich oder Schwind gäbe
er um des herrlichen geistigen Inhaltes
willen den ganzen Glaspalast her. Und ein
anderer stellte die Behauptung auf, der
Saal der Kopien sei das Beste vom Gan-
zen. Ein Gran Wahrheit ist in beiden Äuße-
rungen. In vollem Umfange sie anzuer-
kennen ginge zu weit. Die Abteilungen
sind untereinander nicht durchaus gleich-
wertig, und zu loben und anzuerkennen
gibt es überall. Indes hebt die Anzahl
tüchtiger, eine kleine Zahl bedeutender
Leistungen den Wertdurchschnitt nicht
über eine mittlere Linie empor, und ein
noch wesentlich beträchtlicherer Tiefstand
ergibt sich, sobald man unter Wert mehr
versteht als Vorzüge technischer Eigen-
schaften. Anderswo liegen die Dinge ganz
gewiß nicht besser, im Gegenteil.
An der Ausstellung beteiligt sind wie
immer die Münchener Künstlergenossen-
schaft mit ihren Sondergruppen Künstler-
bund Bayern, Bund, Luitpold-Gruppe, Bund
zeichnender Künstler, Verein für Öriginal-


FRITZ AUG. BIMLER.

ALTER OBERSCHLESIER

radierung, Vereinigung Münchener Aquarellisten;
ferner die Secession; außerdem der Landesverband
bildender Künstler und die »Freie Kunstausstel-
lung«. Eine Gruppe der Architektur und eine
des Kunstgewerbes helfen wie gewöhnlich die
Ausstellung vervollständigen. Doch bin ich, in-
dem ich dies niederschreibe ernstlich in Zweifel,
ob ich nicht ungerechterweise das eigentlich Be-
deutende zur Nebensache mache. Es ließe sich
meines Erachtens wohl verteidigen, die Archi-
tekturabteilung als die künstlerisch wichtigste zu
bezeichnen. Nur unsere gegenwärtige Baukunst
wird den vereinigten realen und idealen Anforde-
rungen von Leben und Kunst gerecht und stellt
Werke hin, die in Form und Selbständigkeit des
Geistes denen der Vorzeit ebenbürtig sind. Nach
ähnlichem Aufschwung strebt unsere heutige große
christliche Plastik und Malerei. Aber freilich, wer
sie im Glaspalaste sucht, findet nicht viel. Davon
unten Weiteres. Nun zu den einzelnen Gruppen.
1. Münchener Künstlergenossenschaft
und andere
Der verfügbare Raum schränkt die Betrachtung
auf das Notwendigste ein: Wahl der Motive, viel-
fach feinsinnige dichterische Erfassung des Gegen-
standes, Technik, Vortrag folgen der Tradition,
neuartiges Tasten und Versuchen ist selten, der
Gedanke an den von solidem Geschmacke geleite-
ten Sammler und Käufer fühlbar, was natürlich
kein ladel ist. sobald kunstfremde Kompromisse
vermieden bleiben. Sie sind es nicht durchweg,
wie die Massenhaftigkeit der nicht immer von

Nebenabsichten freien Aktmalereien beweist. Auch
andere Bilder — zum Glück nur wenige — gibt
es, die zur Gattung Kitsch gehören. Sie finden
sich zumal bei der Freien Kunstausstellung. Im-
merhin hat auch diese in Dargen, Evers. Ramge,
Senger, Winterfeld. Eber und einigen andern tüch-
tige Kräfte aufzuweisen. — Hier nur vom Wert-
vollen das Wertvollste. Dazu gehören Baieris
von italienischer Schönheit verklärte Maldich-
tungen, denen man freilich die Anmut und Grazie
lieber glaubt als die Kraft. Ferner Volkarts recht
deutsch empfundene Zeichnungen, die lieblichen
Szenen von Huber-Sulzemoos, M.Schiestls Mär-
chenbilder, die Romantik der zeichnerisch feinen
Landschaftsdichtung von Steppes der wuchtig
melancholischen von Müller-Wischin, der träume-
rischen von Urban. Innenräume schildert mit
miniaturhafter Feinheit und Sorgfalt Tillack. Tier-
bilder von ausgezeichneter Schärfe und liebevoller
Beobachtung Olshausen-Schönberger. Dieser bunt
durcheinander gewürfelten Auswahl möge noch
ein kurzer geordneter Überblick folgen. Aus den
Darbietungen der Münchener Künstlergenossen-
schaft seien genannt die Landschaften von Till-
berg, Canal Schräg, Gerhardinger (der auch inter-
essante Stilleben bringt), die reichen Dekorativs
von Miller-Diflo, die romantischen von Flügel,
die volltönigen von Stagura, die kraftvollen von
Kreyssig. Blumenstudien sind u. a. von Roth und
Scholtz, subtile Blumen- und Tierbeobachtung
zeigt H. Kricheldorf. Vom Künstlerbund Bayern
erwähne ich die frischen Hafenbilder von Franz,
die Landschafts- und Stadtstudien, sowie die

Die christliche Kunst XXI. 1
 
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