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Deutsche Gesellschaft für Christliche Kunst [Hrsg.]
Die christliche Kunst: Monatsschrift für alle Gebiete der christlichen Kunst u. der Kunstwissenschaft sowie für das gesamte Kunstleben — 21.1924/​1925

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Denkmalpflege
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Bücherschau
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DENKMALPFLEGE — BÜCHERSCHAU

Mit der Innenausmalung der Überseer Pfarr-
kirche hat die Gegenwartskunst den Beweis er-
bracht, daß sie aus der Zaghaftigkeit und Ängst-
lichkeit der Nachromantik sich losgelöst hat.
Lange Zeit nämlich wagte man nicht in neuen
Kirchen, besonders nicht in neugotischen, die ja
in erster Linie die Romantik wieder ins Leben
rief; starke und ungebrochene Farbe frisch und
kraftvoll wirken zu lassen. Man ahnte gar nicht,
welch integrierender Bestandteil gerade die Farbe
im Innern der gotischen Kirchen gewesen, wie sie
es auch war, die namentlich in den Kirchen des
gotischen Backsteinlandes in Altbayern die scharfe
Betonung der architektonischen Schönheiten im
Innern der Gotteshäuser eigentlich allein über-
nahm. Frisch und keck belebte die Gotik Dienste,
Pfeiler, Rippen, Rippenfelder und Rippenschnitte,
Schlußsteine auf den Gewölben mit leuchtender
Farbe und schmückte Wände und Chorbögen mit
einer Fülle von Malereien. Dezennienlang haben
die Romantik und die auf sie folgende unter ihrem
Einfluß stehende Zeit jene Frische und Ursprüng-
lichkeit von den Kirchen ferngehalten, haben
Wände und Gewölbe in ein gebrochenes creme-
farbiges Weiß getaucht, Rippen und anderes archi-
tektonisches Beiwerk, Altäre und Kanzeln in ein
ödes Steingrau gehüllt, ohne Saft und Kraft. Mit
all dieser verschwommenen schwächlichen Kunst
hat die Überseer Kirchenausmalung gebrochen.
Im Geiste der alten Kunstübung, aber in selb-
ständiger und freier Ausdrucksweise wirkt die
Innenausmalung wie ein quellfrischer Einschlag.
Aber auch ein anderes Moment begrüßen wir
ganz besonders. Die katholische Kirchenkunst ist
ihrem ganzen Wesen nach daraufhin eingestellt,
daß sie in ihren Formen und Farben auf Herz
und Gemüt der Gläubigen beständig einzuwirken
versteht. Darum soll die Kunst der Innenaus-
malung unserer Gotteshäuser sich auch illustrativ
betätigen und gedankenreich sein. Wir empfinden
dies nun in der Überseer Pfarrkirche dankbarst.
Der Herr Kirchenvorstand, Pfarrer Hugo
Strasser, hat sich bemüht, die Auswahl der
Themen zu besorgen. Alle Darstellungen in den
Malereien verfolgen ein bestimmtes Ziel. Sie be-
ziehen sich auf das Wasser in Anspielung auf
den Chiemsee, der ja durch alle Jahrhunderte des
Bestehens des Ortes sozusagen das Wahrzeichen
gewesen ist und in der Orts- und Kirchenge-
schichte von Übersee die maßgebende Rolle von
jeher spielte.
So war mit der Innenausmalung der Pfarrkirche
von Übersee eine gute Arbeit geschehen. Sie
konnte in unserer so schweren Zeit nur durch das
einmütige Zusammenarbeiten aller maßgebenden
Kräfte bewerkstelligt werden. Richard Hoffmann
EIN WERTVOLLER BEITRAG ZUR
GESCHICHTE DES ÖSTERREICHI-
SCHEN BAROCKS
Tjem Grazer Universitätsprofessor Dr. Her-
mann Egger ist es gelungen, Name und Tauf-
datum des österreichischen Barockmalers Johann
Adam Weissenkirchner sicherzustellen,
der durch die Arbeiten Professors Dr. Wilhelm
Suida bisher unter dem Namen „Weissenkircher“
bekannt war. Die Schreibung ohne „n“ findet sich
nämlich auf der Signatur einiger Gemälde. Die Er-
gebnisse dieser wertvollen Untersuchung veröffent-
lichte Professor Egger in den ,,Blätter für Heimat-

kunde“. Auf Grund dieser Feststellungen schei-
det dieser bedeutende Künstler, dessen Werke
mit Ausnahme eines einzigen — eines Hl. Se-
bastian in der Galleria Nazionale in Rom —
sich in Steiermark befinden, aus der Reihe der
steirischen Künstler aus, da die Annahme, Weis-
senkirchen bei Judenburg in Obersteier sei der
Geburtsort dieses Künstlers, nach den For-
schungsergebnissen Professor Eggers nicht zu-
trifft, denn er ist vielmehr ein „Sprößling der bis ins
15. Jahrhundert zurückzuverfolgenden Salzburger
Künstlerfamilie der Weissenkirchner“ und ist
am 10. Februar 1646 in Laufen bei Salzburg aus
der Taufe gehoben worden. Es ist merkwürdiger-
weise dasselbe Städtchen, in dem acht Jahre
später: 1654 einer der größten österreichischen
Barockkünstler Johann Michael Rottmayr das
Licht der Welt erblickt hatte. Weissenkirchner,
der in Rom seine künstlerische Ausbildung ab-
geschlossen hatte, wurde um 1668 zum Hofmaler
der Fürsten von Eggenberg bestellt und kam so
nach Graz, wo er 1680 geheiratet und 1695 ge-
storben ist. In dieser kurzen Zeit entstanden eine
Reihe herrlicher Werke, darunter der Gemälde-
schmuck im großen Saale im fürstlichen Schlosse
Eggenberg, worüber demnächst Frau Dr. Anny
Rosenberg eine Publikation veröffentlichen wird.
Daneben schuf der Künstler noch eine Reihe
bedeutender Altarblätter und mythologischer
Darstellungen. bb.

Bucherschau
T T a 1 m P h i 1 i p p Maria u n d L i 1 1 G e o r g. Die
-*■ Bildwerke des Bayerischen Nationalmuseums.
1. Abteilung, Die Bildwerke in Holz und Stein
vom XII. Jahrhundert bis 1450. Dr. Benno Fil-
ser & Co. Augsburg 1924, Fol.
Endlich ist es der unermüdlichen Forscherarbeit
in den letzten Jahren gelungen, auch der deutschen
mittelalterlichen Plastik in der Weltkunstgeschichte
und im Weltkunsthandel die entsprechende Aner-
kennung zu verschaffen, während bisher etwas zu
einseitig die Architektur und namentlich die Ma-
lerei betont worden ist. Das Interesse an der
deutschen Bildhauerkunst wächst von Jahr zu
Jahr, wie man leicht aus der immer mehr an-
schwellenden Literatur ersehen kann. Immer mehr
Werke werden aus ihrem Verstecke und immer
mehr Meisternamen aus den Schätzen der Archive
hervorgeholt. Nun gilt es, das weite Gebiet ab-
zuteilen und die Werke in die einzelnen Schulen
einzufügen und innerhalb derselben entsprechend
zu würdigen. Hiezu ist vor allem eine möglichst
genaue Inventarisation der einzelnen Objekte und
ganz besonders der großen Sammlungen notwen-
dig. Zu den bedeutendsten der letzteren zählt
das Bayerische Nationalmuseum in München.
Wohl ist bereits 1890 und 1896 von Hugo Graf
ein Katalog der romanischen und gotischen Alter-
tümer erschienen, aber seit Jahren vergriffen und
durch die Ergebnisse der neueren Forschungen
weit überholt. So haben sich denn die beiden
Autoren der mühevollen Arbeit einer neuen Aus-
gabe des Kataloges unterzogen. Es ist unglaub-
lich, welche Fach- und Literaturkenntnis dem
Werke zugrunde liegt. Sie konnte nur durch
jahrelanges systematisches Studium erworben
werden. Die bisherige Einteilung des Kataloges
in Werke der romanischen und der gotischen
Periode wurde fallen gelassen. Der vorliegende
 
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