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Deutsche Gesellschaft für Christliche Kunst [Hrsg.]
Die christliche Kunst: Monatsschrift für alle Gebiete der christlichen Kunst u. der Kunstwissenschaft sowie für das gesamte Kunstleben — 21.1924/​1925

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Sammelwesen
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Kunsterziehung
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https://doi.org/10.11588/diglit.53139#0358

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SAMMELWESEN. — KUNSTERZIEHUNG

Anhänger in Silber und Perlmutter seien für diese
Periode genannt. An kapselartigen Medaillon-
gehäusen ragt neben einer Verkündigung Mariens
in Elfenbeinschnitzerei besonders ein prächtiger,
silberner Adler hervor, der auf der Brust ein Herz-
schild trägt, dem das Kreuz aufgelegt ist; er ist
mit der Nürnberger Marke signiert.
Die Renaissance-Zeit hat vor allem einen Typus
gepflegt; ein plakettenartiges Medaillon manchmal
zweiseitig bearbeitet, wird von einem reichen durch-
brochenen Rankenwerk aus Arabesken und vege-
tabilen Blättern umgeben. Manchmal werden die
Reliefs auch ausgeschnitten. Neben den früheren
Szenen kommen jetzt auch Auferstehung, Heilige
Familie, Dreieinigkeit und Gnadenbilder vor. Bei der
ständigen Wiederholung fast des gleichen Ranken-
werkes darf man eine betriebsmäßige Flerstellung
in Werkstätten annehmen, die man vornehmlich
in Nürnberg oder Augsburg zu suchen hat. Über
den Durchschnitt ragt der Kolmarer Anhänger mit
dem Johannesknaben und ein zweiter Adler-An-
hänger hervor. Charakteristisch für die Zeit sind
ferner die herzförmigen Kristallanhänger mit auf-
gelegtem Relief, der kapselförmige Anhänger mit
der emaillierten Mutter Gottes und historisch merk-
würdig der kleine Anhänger vom »AnnoSanto 1525«.
In dieser Abteilung sind auch eingereiht zwei Me-
daillen von Hans Reinhart in Dresden, ein Tauf-
pfennig und eine Augsburger Regimentsmünze von
Sebastian Dattler aus Augsburg und die Plakette
eines Evangelisten aus der Richtung des Peter
Flötner.
Das Barock bildet die Rankenumrahmungen der
reliefierten Anhänger in Akanthus und Blumen
weiter. Anderseits strebt er nach einer neuen Ver-
einfachung: herzförmige, flache Anhänger, ovale
Medaillen mit schwachem Relief oder herzförmige
Reliquiengehäuse, die graviert werden. Die kapsel-
artigen Anhänger für Reliquien werden meist mit
getriebenen Figuren geschmückt. Stärker als bis-
her werden die vielverehrten Gnadenbilder Mariens,
dann neuere Heilige, wie der heilige Antonius,
Franz Xaver, Johannes Nepomuk und Ignatius von
Loyola, auf den Anhängern angebracht.
Im 18. Jahrhundert dominiert fast ausschließlich
der Anhänger in Silberfiligran, wie er überwiegend
in Schwäbisch-Gmünd in ungemein betriebsamen
Werkstätten gefertigt worden ist In den ovalen
Filigranrahmen sitzen kleine Reliefmedaillons, die
meist bekannte. Gnadenbilder von Altötting, Maria-
zell, Kevelaer, Mariataferl, Passau etc. zeigen. Aus
den nämlichen Werkstätten mögen, wenigstens zum
Teil, die wertvolleren Rosenkränze in Granaten,
Halbedelsteinen und Silberfiligran hervorgegangen
sein, die regelmäßig mit kleineren Anhängern ge-
schmückt worden sind. Andere Anhänger tragen
Bilder in Miniaturmalerei, Eglomise oder Niello.
Einfachere Erinnerungen an Wahlfahrtsorte sind
das Scheyerner Kreuz, die Heiligblut-Reliquie von
Weingarten und das Kreuz von Polling. Ins Astro-
logische des Amulettwesens gehört das Tetra
Grammaton.
Eine kleine Kollektion von Papstmünzen und
Medaillen des 15. bis 19. Jahrhunderts schließt sich
an. Außerhalb des eigentlichen Rahmens der Samm-
lung stehen 5 prachtvolle und sehr gut erhaltene
Goldemailanhänger der Renaissance. Auf Polen
weist der Anhänger mit weißem Adler und spren-
gendem Reiter hin, der in nicht ganz klarer Be-
ziehung zum Erzbischof Johannes Rzeszowszky
von Krakau und der Königin Elisabeth steht. Er
kann aber nicht aus dem Jahre 1478 sein, wie rück-

wärts in der Emailinschrift zu lesen ist, sondern
muß in die Mitte des 16. Jahrhunderts gesetzt werden,
vielleicht daß die Jahreszahl auf ein Erinnerungs-
datum Bezug hat. Ausgezeichnet stilisiert sind an
ihm Adler- und Pferdeköpfe in die ornamentale
Umrahmung einbezogen. Den ausgesprochenen
Charakter der Spätrenaissance weisen drei andere
Anhänger auf: ein füllhornartiges Gebilde in üp-
pigstem Prunk der Bandverschlingungen mit Dia-
manttafelstein besetzt, ein graziöser Anhänger mit
Pudelhund und ein Anhänger mit zwei übereinander
geordneten Kartuschen, dessen Farbenskala in
Schwarz, Grün und Rot an Münchener Arbeit unter
Wilhelm V. denken läßt. Georg Lill


TVie Kunstakademie der Zukunft. — In
einem Artikel der Kölnischen Zeitung (Nr. 277,
18. April 1924) gibt Dr. Hans F. Secker, Direktor
des Museums Wallraf-Richartz, Köln, Anregungen,
die sehr beachtenswert sind. Bekanntlich ist Köln
in ständiger Ausdehnung begriffen.— Bei der stei-
genden Bedeutung der Stadt muß auch für die
Kunst und die Künstler etwas geschehen. Der
Vorschlag Seckers geht dahin nach einem gewissen
System Einzelateliers zu errichten. Die Stadt als
Eigentümerin von Grundstücken, möge die Bau-
erlaubnis für neue Häuserblocks nur dann geben,
wenn an geeigneten Dächern Nordlichtateliers für
Maler und bei Hofbauten Ateliers für Bildhauer
miterrichtet werden. Für 12 Jahre behalte sich
die Stadt das Verfügungsrecht über die Aus- und
Anbauten vor, indem sie die Räume unentgeltlich
oder gegen eine kleine Unterhaltungsgebühr aus-
schließlich an Künstler vergibt. Das Recht, die
Ateliers den Hauseigentümern oder Künstlern zu-
zuweisen oder zu entziehen, über Anträge, Fragen
und Klagen zu entscheiden, stehe der Atelier-
kommission zu, die aus dem Kunstdezernenten,
dem Direktor der Kunstgewerbeschule und einem
Museumsleiter bestehen könnte Nach 12 Jahren
wäre der Hauseigentümer berechtigt über das
Atelier zu verfügen, in der Voraussetzung, daß in-
zwischen sich die Stadt vergrößert hat und neue
Häuserreihen mit Ateliers in landschaftlich schöner
Umgebung entstanden sind, die in genannter Weise
vergeben werden.
Eine weitere Förderung der Künstler und der
Kunst erblickt Direktor Secker in der Errichtung
eines Gastateliers. Wie man sich das vorzustellen
hat, wird praktisch erörtert; z. B. in Köln könnte
die neu gegründete Wallraf-Richartz-Gesellschaft
ein Haus erwerben oder bauen, das ihren eigenen
Zwecken dient, also Vortragssaal, Lesezimmer,
Teeraum enthalte und mit einem Atelier für Maler
und Bildhauer einschließlich Wohn- und Schlaf-
gemach verbunden ist. Dieses Haus möge vor
allem hervorragenden Künstlern als gastliche Her-
berge dienen, die auf besondere Einladung oder
auf spezielle Aufträge mit den einheimischen Fach-
genossen in Verbindung treten oder den Kunst-
freunden bezw. der Stadtverwaltung wertvolle An-
regungen zu geben vermögen. Bei der Entwicklung
des modernen Kunstlebens und der verschieden
eingestellten Bewertung der Kunstakademien sieht
Secker darin mit Recht eine Förderung der jungen
Künstler und der Kunst als solcher. Ohne Zweifel
ist die Durchführung beider Vorschläge Stadtate-
liers (Einzelateliers) unter Vermeidung von Atelier-
gebäuden und des Gastateliers zu errichten von
 
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