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Deutsche Gesellschaft für Christliche Kunst [Hrsg.]
Die christliche Kunst: Monatsschrift für alle Gebiete der christlichen Kunst u. der Kunstwissenschaft sowie für das gesamte Kunstleben — 21.1924/​1925

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Hoffmann, Richard: Zwei aufgedeckte und restaurierte barocke Deckenmalereien von Hans Georg Asam und Julius Breymizer
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Zu unseren Bildern (Seite 65-85)
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https://doi.org/10.11588/diglit.53139#0136

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ii2 DECKENMALEREIEN VON HANS GEORG ASAM U. JULIUS BREYMIZER

der flotten Komposition und in den kühnen
Überschneidungen und Verkürzungen sein
denkbar Bestes geleistet. Gegenüber der
Farben- und Formenfreudigkeit des Kuppel-
bildes treten die vier allegorischen Engels-
gestalten, welche Tugenden symbolisieren,
in den Zwickeln mit feinem künstlerischem
Empfinden in ihrer Tönung zurück.
Der Befund vor der Restaurierung war fol-
gender: Die Ausführung des Kuppelgemäl-
des geschah in reinem Kalkfresko auf einem
Lattengewölbe. Im Laufe der Zeit hatten
dunklere Schattentöne gelitten; auch zeigte
der Grund viele Risse, die jedoch dem
künstlerischen Eindruck des Gemäldes in
keiner Weise Eintrag taten. In den Ge-
wölbezwickeln, Bogenfeldern und in dem
seitlich anschließenden Tonnengewölbe wa-
ren sämtliche Malereien zugestrichen. Das
Hauptgesims war arg mitgenommen und
der stukkierte Fries vielfach übertüncht, so
daß die feinen Formen der flotten Stuk-
kierung schon ganz stumpf geworden waren.
Die Restaurierung ging nun folgendermaßen
vor sich: Das Kuppelbild ist durch An-
feuchten mit reinem lauwarmen Wasser
sachgemäß gereinigt worden, wobei die Bei-
mischung von ätzenden Stoffen oder Säu-
ren sorgfältig vermieden wurde. Störende
Flecken in der Malerei sind ganz zurück-
haltend mit Farbe (Kaseintechnik) ausge-
bessert worden. Sämtliche Risse, selbst die
größeren, wurden belassen. Um nun den ge-
samten farbigen alten Eindruck für das alte
Raumbild wieder zu gewinnen, erschien es
notwendig, auch die mit Kalktünche gänz-
lich überstrichenen übrigen Gewölbe, eile
(Zwickel mit Schildbögen) freizulegen. Hier-
bei ist die Tünchschichte mit einem hierzu
geeigneten messerartigen Instrument trocken
abgenommen worden. Bei den Instand-
setzungsmaßnahmen ist vor allem darauf
Gewicht gelegt worden, daß das alte ruhige
geschlossene farbige Gesamtbild wieder er-
steht. Dann wurde das große Hauptgesims
in seiner früheren Form ergänzt; auch die
Stukkaturen am Fries sind von ihren vielen
Tünchschichten sorgfältig befreit worden.
Die Wände des Raumes sind in reinem
Kalkweiß getüncht worden.
Von Kunstmaler Jos. Albrecht-Mün-
chen rührt noch eine zweite Arbeit her, die
im Herbst des verflossenen Jahres 1924
ausgefuhrt worden ist, nämlich die Auf-
deckung und Restaurierung des Decken-
gemäldes im Chor der Pfarrkirche zu Rei-
chersbeuren bei Tölz. Hinter mehreren
Tünchschichten früherer Zeiten und der be-

langlosen in einem Gemisch von neuroma-
nischen und mißverstandenen Renaissance-
formen gehaltenen Dekorationsmalerei des
späten 19. Jahrhunderts kam ein flottes
Rokokogemälde zum Vorschein, datiert
»1749, Jul. Breymizer«.
Nach mühevollen und langwierigen Ar-
beiten des Abschlagens der Tüncheschich-
ten trat das Bild ziemlich gut zutage. Nach
Reinigung mit Wasser ging der Restaurator
daran, die Schäden der Malerei aufs sorg-
fältigste auszubessern, wobei er in scho-
nendster Weise unter Wahrung des alten
Charakters im Kolorit vorgegangen ist. Die
Wiedergewinnung des Freskenbildes bedeu-
tet eine hochinteressante Bereicherung für
die Reichersbeurer Pfarrkirche nach der
künstlerischen, kunstgeschichtlichen und
historischen Seite hm. Das Gemälde stellt
den Vorgang eines Pontifikalamtes dar, das
der damals regierende Abt von Tegernsee,
Gregor I. Plaichshirn (1726 —1762) unter
zahlreicher Assistenz an einem üppigen Säu-
lenaltare abhält. Oben thront Madonna mit
Kind in himmlischer Glorie. Gerade ist
die hl. Wandlung. Im Gebete knien Max
Emanuel Graf von Preysing mit seiner Ge-
mahlin, einer geborenen Fugger, und seinem
Söhnchen. Dieser Graf errichtete 1749 in
Reichersbeuren ein Waisenhaus und stiftete
einen Schul- und Armenfonds. Auch stat-
tete er die Kirche zu Reichersbeuren aufs
reichste aus. Darum erglänzt auch am Chor-
gewölbe sein Wappen und als Pendant hier-
zu das Wappen der Fugger.
Dasaufgedeckte Gewölbefresko zählt zwar
nicht zu den künstlerisch bedeutenden Wand-
malereien der Zeit; es führt jedoch in sehr
lehrreicher Weise das Talent guter Beherr-
schung in der Komposition und ein hohes
dekoratives Können vor, das selbst unter-
geordneten Meistern damaliger Epoche eigen
gewesen ist.
ZU UNSEREN BILDERN
(Seite 65—85)
ie Abbildungen stehen zwar nicht in
direktem, wohl aber in innerem Zusam-
menhang mit dem Aufsatz: Das Problem
der christlichen Kunst. Sie wollen zeigen,
wie weit die Spannungen der jetzt lebenden
Generation christlicher Künstler gehen, die
aus voller Überzeugung, nicht aus momen-
tanem Impulse Werke christlicher Kunst
schaffen. Die Auswahl kann nicht umfassend
sein, ist aber so getroffen, daß alle künst-
lerischen Auffassungen zu Worte kommen.
 
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