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Deutsche Gesellschaft für Christliche Kunst [Hrsg.]
Die christliche Kunst: Monatsschrift für alle Gebiete der christlichen Kunst u. der Kunstwissenschaft sowie für das gesamte Kunstleben — 21.1924/​1925

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Scherg, Theodor Josef: Die "Muttergottes von Schmerlenbach"
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https://doi.org/10.11588/diglit.53139#0148

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122

DIE »MUTTERGOTTES VON SCHMERLENBACH

DIE »MUTTERGOTTES VON SCHMERLENBACH«

Von TH. J. SCHERG
Mit einer Kunstdrucktafel

A m Westabhange des Spessarts, eine
Stunde östlich von Aschaffenburg liegt
traut in ein sanftes Tal gebettet das ehe-
malige Frauenkloster Schmerlenbach. Im
Jahre 1218 durch ' Gottfried von Kugele-
berg gegründet, wurde es mit Zisterziense-
rinnen besiedelt; später traten an deren
Stelle adelige Chordamen, die nach der
Regel des hl. Benediktus lebten; das Jahr
1803 brachte, wie allen deutschen Klö-
stern, so auch diesem ein jähes Ende. Das
Klostergut wurde als »Seminariumsfond«
für die Ausbildung der geistlichen Alum-
nen verwendet, Gebäude und Kirche zum

JAKOB BLASER HL. ANTONIUS
Um igio. — Text S. 116


Pfarrsitz erhoben. Das Kirchlein, um 1750
in prunkvollem Rokoko erbaut, ist wohl
erhalten und wurde 1901 in sachverstän-
diger Weise mit glücklichem Erfolge er-
neuert.
I. Die Pieta.
Einst war hier ein weithin bekannter und
von weither besuchter Wallfahrtsort. Man
wallfahrtete zur »Muttergottes von Schmer-
lenbach«. Diese war und ist wie die meisten
Marienwallfahrtsbilder das Bild der schmerz-
haften Muttergottes. Altar und Formen-
gebung erhöhen den Ausdruck des ergrei-
fenden Inhaltes des Bildes.
Die Figur ist 30 cm hoch und 22 cm
breit. Sanft gewelltes Haar umrahmt die
breite mütterliche Stirn Mariens. Das ganze
Antlitz trägt die Züge der würdevollen Ma-
trone. Schmerz, Ergebung, Vertrauen und
Zuversicht sprechen trotz starker späterer
Bemalung aus den hoheitsvollen Zügen.
Sanft nach vorne und zur Seite geneigt be-
trachtet Maria voll Teilnahme den entseelten
Leichnam auf dem Schoße. Abschließend
umgibt Haupt und Haar ein weicher eng
anliegender Schleier, der als Mantel sich
fortsetzend den ganzen Körper der Mutter
umflutet und in reicher Faltung über Sitz-
bank und Knie fallend die Füße berührt.
Wenn auch nicht die Eleganz der Durch-
führung, so gemahnen doch die Fülle des
Stoffes und der Falten an die Zeiten und
Formengebungen Dürers und Michelangelos
und bestärken die am Sockel angeschrie-
bene Jahreszahl 1518.
Nur das Haupt Mariens ist sorgfältig und
seelenvoll ausgearbeitet. Als echter Gotiker
verzichtete der Künstler auf anatomische
Durcharbeitung des Körpers. Wie weit ihm
diese am Körper Jesu, der außer einem gro-
ßen, von den Hüften bis zu den Knien rei-
chenden Lendentuch unbekleidet ist, gelang,
ist im jetzigen Zustande schwer festzustel-
len. Denn die ganze Figur und besonders
der Leib Jesu wurde später zwecks Auf-
tragung von Farbe mit Leinwand und dickem
Kreideanstrich überzogen, wobei der linke
Fuß Jesu durch fahrlässige Arbeit völlig
verunstaltet wurde, wenn nicht schließlich
gar die nunmehrige ungeschlachte Lein-
wandhülle den vielleicht zu Verlust ge-
gangenen Fuß ersetzen soll. Trotz der gün-
 
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