i86 ZWEI SCHRIFTSTELLERISCHE FRAGMENTE JOSEPH FÜHRICHS
des Rats an Meran Bekenn, daz Ich von dem
erbernn, weysen Cuonrad Hawgn1), der Zeyt
Bawmaister unserer lieben Frawen-Pfarr-
kyrchn zu Lannan2) in Beywesen Jörgen
salltners3) zu Lanan als Kyrchprobst
daselbs Und Hannsen R u n s t e r s 4) ab
Föllan von wegen der Arbayt und Tafel, so
mir durch die Gemainschafft und Nachper-
schafft daselbs Innhalt zwayer gleich laut-
tenden Vertragsbrieff zu uoluertigen und,
auffzerichten verdingt ist, Ingenomen und
empfangen hab, nemlichen des fünftzehenn-
hundertisten und sechsten Jars laut anget-
zaigter Verschreibung hundert und funfftzig
Guldein darnach des nagstuolgenden Sybenn-
den jars aber hundert und funfftzig guldein,
bringt in ainer Summa drewhundert Guldein
Reinisch; solcher berurten drewhundert Gul-
dein Reinisch sag Ich gemelter Hanns
Schnatterpeckh für mich und alle Erben den
vorgemelten Pawmaister und seine Nach-
B Der in der ersten und zweiten Urkunde ge-
nannte Lanaer Baumeister Haug.
2) Auffallenderweise tritt hier die ältere Form
des Namens statt Lanach wieder in ihr Recht ein.
3) Auch in der ersten Urkunde genannt.
4) Auch 1506 in der ersten Quittung genannt.
kommen anstat bemelter Pfarrkirchen gantz
frey, quit, ledig und loss, also daz Ich noch
kainer mainer Erben zu egemelter Pfarrkyr-
chen khain Zuspruch Anuordnung nymmer
haben stillen, suchen, jehen oder wollen in
kainerlay Weyse weder Inner oder äusser
Rechtens geystlichen oder weltlichen, auch
sonst in kaynerley Weyse alles trewlich und
on generde. Mit Vrkunt dis Brieffs so hab
ich egemelter Hanns Schnatterpeckh für
mich und all mein Erben vleissigclich gebe-
ten den fürsichtigen weysen Benedict mei-
nynger1) derzeit Bürgermeister an Meran,
daz er sein aygen Innsigl hiefurgedruckht
hat, doch jm und seinen Erben on schaden.
Des sint Zewgwn auch der bete des Inn-
sigels die erbern weysen Lienhart Kranntz-
ler, Walthasar K r e n t z 1 e r, Melchior
W e i n m e s s e r von Marling, alle Drey
auss dem Gericht Stain, under Lebenwerg2)
gelegen, sesshaft und mer Erber Leut.
Beschehen an Meran am Sonntag Exaudi
Anno X Octavo.
x) Vergleiche die Liste bei Stampfer, Chronik
von Meran, Seite 324.
2) Schloß Löwenberg, heute wieder meist Le-
benberg geschrieben.
ZWEI SCHRIFTSTELLERISCHE FRAGMENTE JOSEPH FÜHRICHS
Mitgeteilt von Dr. O. DOERING (Schluß)
T Jberall ist es derselbe Geist der belebende,
ausgegangen vom Brennpunckt des kirch-
lichen Lebens, und mehr oder minder wieder
zu ihm zurück kehrend nach Maaßgabe
seines Stoffes und des Grades der Fähig-
keit seiner Träger, er mag nun wie es öfter
vorkömmt an manchem Orte, die ganze
Fülle innern Reichthums außschüttend sich
gleichsam selbst überbiethen wollen wie
z. B. in der Franziskus Kirche zu Assisi
wo er über dem Grabe des Heiligen drey
Kirchen, eine herlicher als die andere über-
einander erbaut, und von Buffalmaco’s ge-
malten Fenstern angefangen in Cimabues
alten und neuen Testament, dem Leben
des heil Franziskus von Giotto’s Schülern,
dem Chore von Pisano im Leben Jesu von
Johann von Meyland und Giotto’s tief-
sinnigen Allegorien, uns eine ganze Welt
von Kunst an heilger Städte zeigen oder
in einsammer Zelle schöngeschriebene Ofi-
cien Choral und Gebethbücher Missale und
Breviarien mit Miniaturen schmücken, von
denen man nicht weiß was man mehr be-
wundern soll den zierlichen Fleiß, die un-
begreifliche Außdauer oder den Grad der
Kunst, die überirdische Schönheit, um unter
tausenden solcher Werke nur eins zu er-
erwähnen so besitzt z. B. die Bibliotheck
von St. Marcus zu Venedig ein altes Bre-
vier, ehemals dem Dogen Grimani gehöhrig,
der es seinem Sohne Kardinal Grimani
hinterliß, welcher letztere es bey seinem
Tode der Republik vermachte, durchaus
mit großen Mignaturen von Hemmeling
[Memling] aus der heiligen Geschichte und
dem Leben der Heiligen, zu Anfang die
zwölf Monate, auf jedem Blatte herliche
Ornamente, ein Buch, das — wenn es allein
die Kunst des Mittelalters zu repräsentieren
hätte, für jeden Unbefangenen entscheiden
müßte, wo eine Wiedergeburt der Kunst zu
suchen, auf welche Fundamente sie zu grün-
den sey, man fände kein Ende in diesen Be-
trachtungen mittelalterlicher Kunst und
Kunstweisen die alle vom nämlichen Lebens-
hauche beseelt, in der reichsten und man-
nichfachsten Entwicklung und der viel-
seitigsten äusern Form überall die innere
Einheit nachweisen, von der Fü 11 e im Schooße
des Rats an Meran Bekenn, daz Ich von dem
erbernn, weysen Cuonrad Hawgn1), der Zeyt
Bawmaister unserer lieben Frawen-Pfarr-
kyrchn zu Lannan2) in Beywesen Jörgen
salltners3) zu Lanan als Kyrchprobst
daselbs Und Hannsen R u n s t e r s 4) ab
Föllan von wegen der Arbayt und Tafel, so
mir durch die Gemainschafft und Nachper-
schafft daselbs Innhalt zwayer gleich laut-
tenden Vertragsbrieff zu uoluertigen und,
auffzerichten verdingt ist, Ingenomen und
empfangen hab, nemlichen des fünftzehenn-
hundertisten und sechsten Jars laut anget-
zaigter Verschreibung hundert und funfftzig
Guldein darnach des nagstuolgenden Sybenn-
den jars aber hundert und funfftzig guldein,
bringt in ainer Summa drewhundert Guldein
Reinisch; solcher berurten drewhundert Gul-
dein Reinisch sag Ich gemelter Hanns
Schnatterpeckh für mich und alle Erben den
vorgemelten Pawmaister und seine Nach-
B Der in der ersten und zweiten Urkunde ge-
nannte Lanaer Baumeister Haug.
2) Auffallenderweise tritt hier die ältere Form
des Namens statt Lanach wieder in ihr Recht ein.
3) Auch in der ersten Urkunde genannt.
4) Auch 1506 in der ersten Quittung genannt.
kommen anstat bemelter Pfarrkirchen gantz
frey, quit, ledig und loss, also daz Ich noch
kainer mainer Erben zu egemelter Pfarrkyr-
chen khain Zuspruch Anuordnung nymmer
haben stillen, suchen, jehen oder wollen in
kainerlay Weyse weder Inner oder äusser
Rechtens geystlichen oder weltlichen, auch
sonst in kaynerley Weyse alles trewlich und
on generde. Mit Vrkunt dis Brieffs so hab
ich egemelter Hanns Schnatterpeckh für
mich und all mein Erben vleissigclich gebe-
ten den fürsichtigen weysen Benedict mei-
nynger1) derzeit Bürgermeister an Meran,
daz er sein aygen Innsigl hiefurgedruckht
hat, doch jm und seinen Erben on schaden.
Des sint Zewgwn auch der bete des Inn-
sigels die erbern weysen Lienhart Kranntz-
ler, Walthasar K r e n t z 1 e r, Melchior
W e i n m e s s e r von Marling, alle Drey
auss dem Gericht Stain, under Lebenwerg2)
gelegen, sesshaft und mer Erber Leut.
Beschehen an Meran am Sonntag Exaudi
Anno X Octavo.
x) Vergleiche die Liste bei Stampfer, Chronik
von Meran, Seite 324.
2) Schloß Löwenberg, heute wieder meist Le-
benberg geschrieben.
ZWEI SCHRIFTSTELLERISCHE FRAGMENTE JOSEPH FÜHRICHS
Mitgeteilt von Dr. O. DOERING (Schluß)
T Jberall ist es derselbe Geist der belebende,
ausgegangen vom Brennpunckt des kirch-
lichen Lebens, und mehr oder minder wieder
zu ihm zurück kehrend nach Maaßgabe
seines Stoffes und des Grades der Fähig-
keit seiner Träger, er mag nun wie es öfter
vorkömmt an manchem Orte, die ganze
Fülle innern Reichthums außschüttend sich
gleichsam selbst überbiethen wollen wie
z. B. in der Franziskus Kirche zu Assisi
wo er über dem Grabe des Heiligen drey
Kirchen, eine herlicher als die andere über-
einander erbaut, und von Buffalmaco’s ge-
malten Fenstern angefangen in Cimabues
alten und neuen Testament, dem Leben
des heil Franziskus von Giotto’s Schülern,
dem Chore von Pisano im Leben Jesu von
Johann von Meyland und Giotto’s tief-
sinnigen Allegorien, uns eine ganze Welt
von Kunst an heilger Städte zeigen oder
in einsammer Zelle schöngeschriebene Ofi-
cien Choral und Gebethbücher Missale und
Breviarien mit Miniaturen schmücken, von
denen man nicht weiß was man mehr be-
wundern soll den zierlichen Fleiß, die un-
begreifliche Außdauer oder den Grad der
Kunst, die überirdische Schönheit, um unter
tausenden solcher Werke nur eins zu er-
erwähnen so besitzt z. B. die Bibliotheck
von St. Marcus zu Venedig ein altes Bre-
vier, ehemals dem Dogen Grimani gehöhrig,
der es seinem Sohne Kardinal Grimani
hinterliß, welcher letztere es bey seinem
Tode der Republik vermachte, durchaus
mit großen Mignaturen von Hemmeling
[Memling] aus der heiligen Geschichte und
dem Leben der Heiligen, zu Anfang die
zwölf Monate, auf jedem Blatte herliche
Ornamente, ein Buch, das — wenn es allein
die Kunst des Mittelalters zu repräsentieren
hätte, für jeden Unbefangenen entscheiden
müßte, wo eine Wiedergeburt der Kunst zu
suchen, auf welche Fundamente sie zu grün-
den sey, man fände kein Ende in diesen Be-
trachtungen mittelalterlicher Kunst und
Kunstweisen die alle vom nämlichen Lebens-
hauche beseelt, in der reichsten und man-
nichfachsten Entwicklung und der viel-
seitigsten äusern Form überall die innere
Einheit nachweisen, von der Fü 11 e im Schooße