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Deutsche Gesellschaft für Christliche Kunst [Hrsg.]
Die christliche Kunst: Monatsschrift für alle Gebiete der christlichen Kunst u. der Kunstwissenschaft sowie für das gesamte Kunstleben — 21.1924/​1925

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Ausstellungen
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Berichte aus dem Auslande
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https://doi.org/10.11588/diglit.53139#0348

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AUSSTELLUNGEN. — BERICHTE AUS DEM AUSLANDE

zahlenmäßig schwächer, in den einzelnen Werken
aber um so stärker vertreten, führte unstreitig
Ludwig Gies mit seinem unerhört ausdrucksge-
waltigen »Crucifixus« an. Die Materie .ist durch
diese Gestaltungsintensität völlig entstofflicht.
»Wie ein Wurm zertreten« ist der Erlöser, der so
etwa das Auferstehungswunder nur um so größer
erscheinen läßt. Herb und streng, innerlich durch-
gefühlt ist Otto Hitzbergers Pieta; eine ziem-
lich umfangreiche Keramik (Steingut, glasiert),
die verarbeitete Skizze zu einer projektierten, aber
dann refüsierten Altargruppe für die Kirche zu
Greifswald. Felix W e b e r zeigte eine kleine Sitz-
madonna mit Kind, Metall versilbert, die von sich
aus einen Weg zu veredelter Hauskunst offen-
hält. Angewandte Kunst sah man von Willi Pruß
(Weihwasserbecken), Olga Lennert, Tesi Sül-
zer-Neumann, Resi Brandl. Techn sch sichere
Schülerarbeiten gaben Einblick in die sich von
Konvention befreiende junge Generation.
Zum Schluß seien die, wenn auch nur kleinen,
Gedächtnisausstellungen der im Herbst 1924 ver-
storbenen Mitglieder Ansche Fuhrmann (Kin-
derbildnis, Märchen) und des unvergeßnchen Gold-
schmieds und Meisters des Gefäßetreibens Josef
Wilm genannt; eine fein gewählte Kollektion,
darunter drei Kelche, brachte Dinge, wie sie eben
nur ein Wilm erfand und ausführte. (Die in Vor-
bereitung befindliche Monographie wird ja über
die Arbeiten des Künstlers ausgiebigen Aufschluß
geben.) Dr. G.
WIENER KÜNSTLERBILDNISSE
Tm Dezember wurde im Wiener Künstlerhaus eine
-*■ »Bildnis- und Selbstbildnisausstellung österrei-
chischer Künstler seit hundert Jahren« eröffnet,
die eine Reihe interessanter Arbeiten enthielt. Für
die christliche Kunstforschung fanden sich zwei
Selbstbildnisse in öl von Eduard Jakob Ritter von
Steinle, von welchen eines unsigniert in der be-
deutenden Privatsammlung Dr. August Heymann
sich befindet, während das zweite mit dem Mono-
gramm E. v. S. 1883 aus der österreichischen Ga-
lerie stammt. Beide sind vorzüglich in der Durch-
bildung. Joseph Ritter v. Führich ist dagegen nur
durch eine Arbeit Christian Griepenkerls und Vik-
tor Tilgners vertreten Das Ölbild Griepenkerls
aus der Sammlung der Akademie der bildenden
Künste vermittelt nicht jenen unmittelbaren Ein-
druck, welchen die flotte Arbeit Tilgners auszeich-
net. Diese Porträtbüste aus dem Besitz des Bild-
hauers Anselm Zinsler gehört zu den besten Ar-
beiten Tilgners. Leopold Kupelwieser verewigte
seinen Freund Moritz v. Schwind, von dem die
Ausstellung übrigens ein auf Holz gemaltes Selbst-
bildnis aus seinem 18. Lebensjahr enthält, in einer
kleinen Silhouette, gegenwärtig im Besitz des
Direktors Franz Kaiser. Eine sehr gute Bildnis-
Lithographie Schwinds von Josef Kriehuber aus
dem Jahre 1827 steuerte die »Albertina« bei. Nach-
dem die Ausstellung besonderes Gewicht auf die
Künstler aus der Zeit der Stadterweiterung legte,
welche die Jahre 1850 bis 1900 umfaßt, so fehlen
begreiflicherweise auch die Namen der großen
Architekten jener Periode nicht, so ein Dombau-
meister Friedrich Freiherr v. Schmidt, der sowohl
durch ein reingestimmtes Bildnis Heinrich von
Angelis, als auch durch eine vorzügliche Bildnis-
medaille Anton Scharffs verewigt wurde. Die Züge
des Erbauers der Wiener Votivkirche, des öster-
reichischen Museums für Kunst und Industrie und

der Wiener Universität, Heinrich Freiherrn von
Ferstel, hat wieder Viktor Tilgner festgehalten.
Die Gipsbüste wird in der Akademie der bildenden
Künste verwahrt, wo er einst unter Rösner, van
der Nüll und Siccardsburg studiert hatte. b. b.
D as neue Essener Graphische Kabine 1t.—
Zu einer Zeit wirtschaftlicher Depression zur Grün-
dung einer feinabgestimmtenKunststätte zu schrei-
ten, zeugt von starkem Optimismus und aner-
kennenswertem Wagemut, den der Verlag Frede-
beul & Koenen (Essen) durch die Eröffnung des
Graphischen Kabinetts in erfreulichem Maße do-
kumentiert. Durch Umbau früherer Geschäfts-
räume schuf Regierungsbaumeister Jung je zwei
aufeinander harmonisch abgestimmte Haupt- und
Nebenräume, in denen die künstlerische Proportion
der Raumgestaltung mit einer maßvollen farbigen
Behandlung der Wandflächen eine moderne deko-
rativ wirkende Verbindung eingegangen sind. Na-
mentlich der repräsentative Hauptraum mit zwei
durch Holzkörper umrahmten Sockelbänken und in
die malerische Sphäre stimmungsvoll eingefügten
Flachnischen weist in seiner schlichten, betonten
Sachlichkeit eine wohlgepflegte Kultur der Linie
auf, entfernt von der Gefahr, durch Überlastung
der Wände in Manieriertheit zu entarten. Eine
geschmackvolle Gruppierungvonbchränken.Schau-
kästen und Wandbildern mit sinnvoller Rücksicht-
nahme auf malerische Belichtung beweisen eine
souveräne Behandlung stilvoller Ausstellungskunst
und laden zur besinnlichen Schau. Gleich bei seiner
Eröffnung bot das Graphische Kabinett in feiner
Komposition Spitzenleistungen graphischer Kunst
aus den letzten 25 Jahren, darunter Schöpfungen
von Käthe Kollwitz, Lesser Ury, Max Liebermann,
Hans Meid, Ernst Oppler, Aug. Gaul und Fritz
Boehle sowie Werke moderner Graphiker wie von
Nolde, Pechstein, Unold und Ernst Barlach. Ein
feines Verständnis für Qualitäten und ein ernster
Wille, das hohe künstlerische Niveau zu wahren
und die entwicklungsgeschichtliche Linie weiter
auszudeuten, verbanden sich mit dem initiativ-
vollen Streben, neuen Ideen die Wege zu bahnen
und älteres Kunstschaffen in ein homogenes Ge-
samtbild einzuformen. Besondere Aktualität brachte
die Ausstellung des Karlsruher Malers und Gra-
phikers Erwin Pfefferle, dessen »Biblischer Zyklus«
in vorbildlicher Art der alten Meister neue Holz-
schnittmoiive in künstlerischer Vollendung gab.
So zeigt sich das von dem Verlag Fredebeul &
Koenen in Essen geschaffene »GraphischeKabinett«
mit seiner halbmonatlich wechselnden Ausstellung
als eine überraschend hochstehende Manifestation
echten Kunstwollens und als Pflegestäite fein-
geistiger Kultur in einer aufstrebenden Industrie-
metropole. Dr. Carl Müller
Berichte aus dem Auslände
ITALIEN
Die Zeitschrift der christlichen Kunst in Italien
(Arte Ctistiana) ist im Verhältnis zur unsri-
gen jüngern Datums, immerhin geht sie noch in
die Vorkriegsjahre (1912) zurück und gehört nicht
in die Gruppe der auch in Italien sehr merklich
anschwellenden Kunstliteratur der letzten Jahre,
die trotz manchen guten Erscheinungen die Ten-
denz der Dezentralisation zeigen. Ihre Ausstat-
tung ist, gemessen an den modernen Kunstzeit-
 
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