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Deutsche Gesellschaft für Christliche Kunst [Hrsg.]
Die christliche Kunst: Monatsschrift für alle Gebiete der christlichen Kunst u. der Kunstwissenschaft sowie für das gesamte Kunstleben — 21.1924/​1925

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https://doi.org/10.11588/diglit.53139#0398

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AUSSTELLUNGEN — FORSCHUNGEN

malerischen Werten nach, ja er steigert die Dinge
dabei noch ins Gigantische. Dazu wiederum viel-
leicht ein Gegenstück, diesmal Franz Eichhorst,
dessen köstliche „Gänsewiese“ fast schon eine mehr
ins Stimmunghafte hinübergleitende Loslösung von
seiner ganz auf Können gestellten technischen Ab-
rundung zeigt. Aber auch die meisten Wegge-
nossen der Genannten halten Niveau, so etwa Mar-
kau in seinem trefflichen Stilleben, Feyerabend im
Tierbild, Birkle in Landschaft (Passau!) und grau-
sigem Genre, Otto Heinrich vor allem auch in
seinen großzügigen, tiefblauen Seestücken. Von
den Älteren nicht minder die Landschafter Ulrich
Hübner, Otto Thiele, August Böcher mit einem
farbig erstaunlichen Vorstadtbild.
Die religiöse Kunst schneidet nicht nur relativ,
sondern auch absolut hier merklich gut ab; voran
Paul Plontkes „Christophorus“, ein großangelegtes
Werk, das formal und malerisch den Stoff bändigt,
daneben eine intime, in lockerster, sich selbst be-
schränkender Vortragsweise gehaltene Madonna
in der Landschaft. Der Lyriker aus dieser Gruppe
ist O. H. Engel, dessen „Gang nach Emmaus“
einen schlichten, deutschen Klang hat. Anders
dagegen Fr. Tischlers „Ruhe auf der Flucht“, fast
barock in den Linien und farbig so, als wäre sie
aus einem alten Gobelin herausgestiegen. Auch
Georg Rudolphs Fischerpredigt sei in diesem Zu-
sammenhänge erwähnt.
Vielen Reiz hat die kleine, fein ausgesuchte
Graphische Abteilung, aus der wir die farbigen
Radierungen Hanns Bastaniers oder die meister-
lichen Aquarelle Ph. Francks, Ludw. Kaths und
gar Wilh. Oesterles, die stilecht ganz Naß in Naß
gehalten sind, herausgreifen; daneben manch fein
gezeichnetes Blatt oder materialgerecht behandel-
ter Holzschnitt. Besonders gut vertreten ist schließ-
lich die Plastik. Beherrschend die stehende Groß-
figur von Paul Gruson neben markanter Männer-
büste und statisch unvergleichlich durchgeführter
Kleinplastik; Bauroth und Placzek zeigen stil-
sichere Figuren in Terrakott und Stein, treffliche
Tierplastik bringen Hauschild, Vordermayer und
Esser. Interessante Lösungen in schlichtem Metall
(Messing) voll innigster Empfindung sehen wir
in den Arbeiten Alw. Völkels, zumal in seiner
„Mutter mit Kind“. Zu grobschlächtig erscheint
uns Enckes Riesenfigur des Siegers, den man un-
mittelbar an die Straße gestellt hat, in leuchtender
Vergoldung. Im übrigen aber kann man die Stadt
Charlottenburg beglückwünschen zu dem Ent-
schluß, in ihren Mauern der „Arbeitsgemeinschaft“
Unterkunft zu gewähren. Von Wert ist auch der
reiche Katalog, gleichzeitig Heft 2 des „Archivs
der Deutschen Kunst“.
Forschungen
DIE KATAKOMBE S. SEBASTIANO
TAie neuen Entdeckungen unter der alten Basilika
S. Sebastiano an der Via Appia haben die
brennende Frage aufgeworfen; wo sind die beiden
Apostelfürsten Petrus und Paulus begraben wor-
den? Seit den ersten Jahrhunderten der christlichen
Zeitrechnung waren ihre Gräber das vornehmste
Ziel aller Rompilger. Man kniete vor dem Grabe
des heiligen Petrus in der Basilika S. Pietro, und
man verehrte die Ruhestätte des heiligen Paulus
in der alten Paulskirche an der Via Ostiense. So
war es wenigstens während des ganzen Mittel-

alters. Aber wie war es vor der Gründung der
beiden Konstantinischen Basiliken?
Bereits vor Jahrhunderten war man unter der
Kirche S. Sebastiano auf eine Inschrift gestoßen,
die auf Papst Damasus zurückgeht. Das Original
ist verloren gegangen, aber sein Text in einer Ab-
schrift aufbewahrt worden. Er lautet:
Hic habitasse prius sanctos cognoscere debes
Nomina quisque Petri pariter Paulique requiris
Discipulos oriens misit quod sponte fatemur
Sanguinis ob meritum Christumque per astra secuti
Aetherios petiere sinus reguaque priorum
Roma suos potius meruit defendere cives
Haei Damasus vestras referat nova sidera laudes.
Auf Veranlassung des verstorbenen Rektors des
deutschen Campo Santo in Rom Msgr. de Waal
wurden die Ausgrabungen unter S. Sebastiano fort-
gesetzt. Aber erst nach seinem Tode stieß man
dabei auf ein antikes Wohnhaus, das laut Inschrift
einem gewissen Hermes gehört haben muß, der
darunter seine Begräbnisstätte hergerichtet hatte.
Man denkt unwillkürlich, ob es sich hier um den-
selben Hermes handelt, an den Paulus einen seiner
Römerbriefe richtete. Sollten die beiden Apostel
während ihres Aufenthaltes in Rom bei ihm als
seine Gastfreunde gewohnt haben?
Die in der Damasus-Inschrift gebrauchte Be-
zeichnung »wohnen« ist jedoch mit »ruhen« zu
übersetzen. Und tatsächlich behaupten eine Reihe
alter Dokumente, daß die Apostel an der Stelle
der alten Apostelkirche oder in ihrer Nähe begraben
gewesen seien. Das müssen auch die Pilger im
3. Jahrhundert noch geglaubt haben, denn an den
Wänden eines Raumes in dem antiken Wohnhause
findet man zahlreiche Eingravierungen in griechi-
scher und lateinischer Sprache, die alle Petrus und
Paulus als Fürbitter anrufen. Man muß sich also
an diesem Orte den beiden Aposteln besonders
nahe gefühlt haben, und nach der Zeit zu schließen,
aus der diese teils flüchtig hingeworfenen Schrift-
zeichen stammen, dürfte es sich hier um die älteste
Pilgerstätte Roms handeln.
Bei weiteren Ausgrabungen, die Msgr. Styger
unter der Tribuna der alten Kirche durchführte,
ergab sich die interessante Tatsache, daß dort
christliche Gräber neben heidnischen angetroffen
wurden, nämlich die Inhumation neben der Ver-
brennung, eine Kombination, die sich in keiner
anderen Katakombe vorfindet. Tatsächlich weist
ja bereits die Bezeichnung jenes Ortes »ad cata-
cumbas«, von der alle übrigen Katakomben den
Namen erhielten, darauf hin, daß wir es dabei mit
der ältesten christlichen Begräbnisstätte zu tun
haben. Msgr. Styger glaubte nun, auch hier auf
die Gräber der beiden Apostelfürsten zu stoßen,
eine Hoffnung, die sich jedoch als trügerisch er-
wies, wenigstens fanden sich keinerlei Inschrif-
ten, aus denen man hätte mit Bestimmtheit darauf
schließen können.
Es stehen sich also zwei Meinungen gegenüber.
Denn seit altersher wurden die Apostelgräber eben-
falls auf Grund unanfechtbarer Dokumente unter
den Basiliken S. Petri und S. Paolo gesucht, wo
ihnen nach dem Liber Pontificalis Papst Anaklet,
der vierte Nachfolger Petri, ihre Grabkammern
errichtet hatte. Es ist dies um so glaubwürdiger,
als es im Altertum Sitte war, die Leiber der Mär-
tyrer in der Nähe der Stätte ihres Martyriums zu
bestatten. Der hl. Petrus dürfte von den Häschern
an der Via Appia auf der Flucht nach seinem
Wohnhause ergriffen worden sein. Darauf läßt
auch die Legende schließen, nach der ihm an dieser
 
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