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NEUE KUNSTWERKE
gewerbe, durchwegs in populärer Abfassung, wer-
den hier geboten. Auch die Kritik gegen man-
cherlei Ubelstände, wie z. B. die moderne Indu-
strialisierung des kirchlichen Kunstgewerbes u. a.
kommt zu Wort. Aber im ganzen genommen ver-
mißt man eine rege Initiative, einen kräftigen Im-
puls und nicht zuletzt einen Geist des Christentums,
der über die Plattform einer Populärreligion in die
Sphäre eines wahrhaft heiligen Bezirkes sich zu er-
heben vermag. Obgleich wir der Überzeugung sind,
daß noch immer die Gesundung der Kunst nur aus
der Individualität des Künstlers selbst zu erhoffen
ist und nicht aus literarischen Programmen und
Theoremen, so müssen wir doch mit Nachdruck
fordern, daß in einer Zeitschrift für religiöse Kunst
die Begriffe dieser schwierigen Aufgabe zum Nutzen
der Schaffenden wie der Aufnehmenden möglichst
klar und ohne Engherzigkeit ausgesprochen wer-
den. Daß die gegenwärtige Zeitschrift in ihren
Zielen nicht als zureichend für Italien erachtet
wird, bestätigte mir vor kurzem auch ein italieni-
scher Prälat aus C. d. P. Dr. Luitpold Dussler •
Neue Kunstwerke
NEUE WERKE VON LUDWIG KURZ-
THURN-GOLDENSTEIN
OProtz seiner 75 Jahre schafft dieser letzte Na-
zarener unermüdlich weiter, ohne in seinem
Werk Spuren einer Ermüdung zu zeigen. Der Be-
sucher findet in seinem Arbeitsraum vollendete
und begonnene Bilder. Zu jenen gehört z. B. eine
größere Darstellung der »Schmerzhaften Mutter«
für den Hochaltar der Kalvarienbergkirche in
Gnas. Vor dem Kreuzesholz Maria stehend, im
Antlitz den ergreifenden Ausdruck tiefsten Schmer-
zes. Ein düsterer Himmel verstärkt den Eindruck
der Trauer, für die es keine Worte gibt. Die
Farben des Gewandes Marias : Rot und Blau
klingen im Abendhimmel noch einmal auf. — Für
die Visitatorin der barmherzigen Schwestern wurde
eine ältere Darstellung des hl. Vinzenz von Paul,
wahrscheinlich französischer Herkunft, von Schul-
rat Kurz überarbeitet. An einer Meeresküste, an
der rechts ein Spital oder Schwesternhaus sich
erhebt, steht der hl. Kongregationsstifter und über-
gibt den Schwestern mit dem Regelbuch Kranke
und Schiffbrüchige. Zeichnerische Fehler und Un-
richtigkeiten in der Kleidung der Schwestern hat
unser Künstler richtiggestellt, wobei sehr feinge-
stimmte Weißtöne in den Cornetts und Chorrock
sich ergaben. — Für die Pfarrkirche in Ligist hat
SchulratKurz den Entwurf eines neuen Altarbaues
und einer Deckenbemalung des Presbyteriums ge-
schaffen. Das große Hochaltarblatt, das vor der
ersten Untermalung steht, stellt die Kirchenpa-
tronin, die hl. Katharina als unsere Fürbitterin dar.
Vor der schwebenden Heiligen knien Engel mit
den Marterwerkzeugen in den Händen. Im Mittel-
feld der Decke des Presbyteriums wird die Über-
tragung des Leichnams der Heiligen durch Engel
in das Kloster Sinai dargestellt werden. Der
Künstler kann zu diesen schönen Erfolgen nur
ausfricbtigst beglückwünscht werden. b. B.
KRIEGSGEDÄCHTNISKAPELLE
VON BALTHASAR SCHMITT
TAen Werken Balthasar Schmitts, die sich im
Märzhefte des heurigen Jahrganges besprochen
finden, hat sich neuerdings ein sehr bemerkens-
wertes beigesellt. Der Künstler zeigt mit ihm, daß
er nicht nur als Bildhauer und Maler Hervor-
ragendes zu leisten, sondern auch als Architekt
schöpferisch zu sein vermag. Das Werk, um das
es sich handelt, ist die von Schmitt erbaute Kriegs-
gedächtniskapelle zu Schrobenhausen (zwischen
Augsburg und Ingolstadt). Die kleine Stadt hat
sich ihr altes Ansehen noch gut bewahrt. Sie er-
freut sich .anch des Besitzes einiger vorzüglicher
alter Baudenkmäler, von denen die sehr wertvolle
gotische Stadtkirche (Hallenbau vom Ende des
15. Jahrhunderts) das bedeutendste ist. Dem
Charakter des schlichten alten btädtleins (in dem
1836 Franz von Lenbach geboren wurde) hat
Schmitt den seiner Kriegskapelle feinsinnig ange-
paßt Es ist ein einfacher Rundbau nach dem Typus
jener im Mittelalter weit verbreiteten, jetzt durch
vielfache Zerstörung selten gewordenen Rund-
kapellen, wie man sie besonders auf Friedhöfen
aufzustellen liebte, und die den Namen »Karner«
(von caro = Fleisch) führten. Es war ein trefflicher
Gedanke des Künstlers, diese altehrwürdige Form
zu wählen, die einst gerade auch in Bayern und
den Alpenländern beheimatet war. Mit dem Zwecke
des Bauwerkes paßt diese Form aufs beste, inner-
lichste zusammen. Die Schmittsche Kapelle steht
unweit des Bahnhofes auf dem alten Stadtwalle,
ein freier Platz mit freundlichem Grün steigert
den malerischen Eindruck. Das kleine Werk ist
als Putzbau ausgeführt und trägt über seinem
Mauerzylinder em spitzes Kegeldächlein, das nach
alter Art mit Holzziegeln belegt ist. Mit dem
Dache besitzt der Bau eine Höhe von etwa acht
Metern. An der Seite, die der in das Innere der
Stadt führenden Straße zugewandt ist, befindet sich
die große viereckige Tür. Ihre Einfassung besteht
aus Sandstein. Rechts und links ist darin em Relief,
die Profilgestalt je eines trauernd dastehenden
Soldaten ausgeführt. Beide tragen den Stahlhelm
und halten in den Händen Lorberzweige, als wollten
sie diese am Altäre der Kapelle niederlegen. Die
Tür selbst ist aus Holz; in ihrer oberen Hälfte
besteht sie aus einem Gitter, das aus langen dünnen
Docken gebildet ist, so daß man jederzeit in das
Innere schauen kann, ohne es betreten zu müssen.
Unterhalb des Dachgesimses zieht sich ein breiter
Streifen von Flachornament um die ganze Kapelle.
In diesem Ornamente verteilt sind Schriftflächen;
auf ihnen stehen die Namen jener Länder und
Gegenden, in denen die gefallenen Krieger aus
Schrobenhausen den Heldentod gefunden haben.
Das Innere der Kapelle zeigt sich als Kuppelbau,
die Lichtzuführung erfolgt durch zwei in Barock-
formen gezeichnete Fenster. Der Tür gegenüber
steht der Altar, auf ihm die von Balthasar Schmitt
geschaffene überlebensgroße Gruppe der Beweinung
Christi. Um diese Gruppe besser hervortreten zu
lassen, hat der Künstler die dahinter befindliche
Wandfläche, wie man es in alten Barockkirchen
und Kapellen häufig sieht, mit einer gemalten Dra-
perie bedeckt. Sie deutet gleichsam ein ausge-
spanntes, in leichten großen Falten hernieder-
hängendes Tuch an. das oben von einer Krone
gehalten wird. Das Tuch ist violett, die gefransten
Ränder sind gelb. Von diesem dunkeln Hinter-
gründe hebt sich die plastische Gruppe vorzüglich
ausdrucksvoll ab. Sie ist 1,80 m hoch, aus Linden-
holz geschnitzt und leicht gefärbt. Das Raum-
verhältnis des Kapelleninnern verhinderte, in die
Breite zu gehen, zwang zur Höhenentwicklung.
Deshalb sieht man hier die Muttergottes nicht,
NEUE KUNSTWERKE
gewerbe, durchwegs in populärer Abfassung, wer-
den hier geboten. Auch die Kritik gegen man-
cherlei Ubelstände, wie z. B. die moderne Indu-
strialisierung des kirchlichen Kunstgewerbes u. a.
kommt zu Wort. Aber im ganzen genommen ver-
mißt man eine rege Initiative, einen kräftigen Im-
puls und nicht zuletzt einen Geist des Christentums,
der über die Plattform einer Populärreligion in die
Sphäre eines wahrhaft heiligen Bezirkes sich zu er-
heben vermag. Obgleich wir der Überzeugung sind,
daß noch immer die Gesundung der Kunst nur aus
der Individualität des Künstlers selbst zu erhoffen
ist und nicht aus literarischen Programmen und
Theoremen, so müssen wir doch mit Nachdruck
fordern, daß in einer Zeitschrift für religiöse Kunst
die Begriffe dieser schwierigen Aufgabe zum Nutzen
der Schaffenden wie der Aufnehmenden möglichst
klar und ohne Engherzigkeit ausgesprochen wer-
den. Daß die gegenwärtige Zeitschrift in ihren
Zielen nicht als zureichend für Italien erachtet
wird, bestätigte mir vor kurzem auch ein italieni-
scher Prälat aus C. d. P. Dr. Luitpold Dussler •
Neue Kunstwerke
NEUE WERKE VON LUDWIG KURZ-
THURN-GOLDENSTEIN
OProtz seiner 75 Jahre schafft dieser letzte Na-
zarener unermüdlich weiter, ohne in seinem
Werk Spuren einer Ermüdung zu zeigen. Der Be-
sucher findet in seinem Arbeitsraum vollendete
und begonnene Bilder. Zu jenen gehört z. B. eine
größere Darstellung der »Schmerzhaften Mutter«
für den Hochaltar der Kalvarienbergkirche in
Gnas. Vor dem Kreuzesholz Maria stehend, im
Antlitz den ergreifenden Ausdruck tiefsten Schmer-
zes. Ein düsterer Himmel verstärkt den Eindruck
der Trauer, für die es keine Worte gibt. Die
Farben des Gewandes Marias : Rot und Blau
klingen im Abendhimmel noch einmal auf. — Für
die Visitatorin der barmherzigen Schwestern wurde
eine ältere Darstellung des hl. Vinzenz von Paul,
wahrscheinlich französischer Herkunft, von Schul-
rat Kurz überarbeitet. An einer Meeresküste, an
der rechts ein Spital oder Schwesternhaus sich
erhebt, steht der hl. Kongregationsstifter und über-
gibt den Schwestern mit dem Regelbuch Kranke
und Schiffbrüchige. Zeichnerische Fehler und Un-
richtigkeiten in der Kleidung der Schwestern hat
unser Künstler richtiggestellt, wobei sehr feinge-
stimmte Weißtöne in den Cornetts und Chorrock
sich ergaben. — Für die Pfarrkirche in Ligist hat
SchulratKurz den Entwurf eines neuen Altarbaues
und einer Deckenbemalung des Presbyteriums ge-
schaffen. Das große Hochaltarblatt, das vor der
ersten Untermalung steht, stellt die Kirchenpa-
tronin, die hl. Katharina als unsere Fürbitterin dar.
Vor der schwebenden Heiligen knien Engel mit
den Marterwerkzeugen in den Händen. Im Mittel-
feld der Decke des Presbyteriums wird die Über-
tragung des Leichnams der Heiligen durch Engel
in das Kloster Sinai dargestellt werden. Der
Künstler kann zu diesen schönen Erfolgen nur
ausfricbtigst beglückwünscht werden. b. B.
KRIEGSGEDÄCHTNISKAPELLE
VON BALTHASAR SCHMITT
TAen Werken Balthasar Schmitts, die sich im
Märzhefte des heurigen Jahrganges besprochen
finden, hat sich neuerdings ein sehr bemerkens-
wertes beigesellt. Der Künstler zeigt mit ihm, daß
er nicht nur als Bildhauer und Maler Hervor-
ragendes zu leisten, sondern auch als Architekt
schöpferisch zu sein vermag. Das Werk, um das
es sich handelt, ist die von Schmitt erbaute Kriegs-
gedächtniskapelle zu Schrobenhausen (zwischen
Augsburg und Ingolstadt). Die kleine Stadt hat
sich ihr altes Ansehen noch gut bewahrt. Sie er-
freut sich .anch des Besitzes einiger vorzüglicher
alter Baudenkmäler, von denen die sehr wertvolle
gotische Stadtkirche (Hallenbau vom Ende des
15. Jahrhunderts) das bedeutendste ist. Dem
Charakter des schlichten alten btädtleins (in dem
1836 Franz von Lenbach geboren wurde) hat
Schmitt den seiner Kriegskapelle feinsinnig ange-
paßt Es ist ein einfacher Rundbau nach dem Typus
jener im Mittelalter weit verbreiteten, jetzt durch
vielfache Zerstörung selten gewordenen Rund-
kapellen, wie man sie besonders auf Friedhöfen
aufzustellen liebte, und die den Namen »Karner«
(von caro = Fleisch) führten. Es war ein trefflicher
Gedanke des Künstlers, diese altehrwürdige Form
zu wählen, die einst gerade auch in Bayern und
den Alpenländern beheimatet war. Mit dem Zwecke
des Bauwerkes paßt diese Form aufs beste, inner-
lichste zusammen. Die Schmittsche Kapelle steht
unweit des Bahnhofes auf dem alten Stadtwalle,
ein freier Platz mit freundlichem Grün steigert
den malerischen Eindruck. Das kleine Werk ist
als Putzbau ausgeführt und trägt über seinem
Mauerzylinder em spitzes Kegeldächlein, das nach
alter Art mit Holzziegeln belegt ist. Mit dem
Dache besitzt der Bau eine Höhe von etwa acht
Metern. An der Seite, die der in das Innere der
Stadt führenden Straße zugewandt ist, befindet sich
die große viereckige Tür. Ihre Einfassung besteht
aus Sandstein. Rechts und links ist darin em Relief,
die Profilgestalt je eines trauernd dastehenden
Soldaten ausgeführt. Beide tragen den Stahlhelm
und halten in den Händen Lorberzweige, als wollten
sie diese am Altäre der Kapelle niederlegen. Die
Tür selbst ist aus Holz; in ihrer oberen Hälfte
besteht sie aus einem Gitter, das aus langen dünnen
Docken gebildet ist, so daß man jederzeit in das
Innere schauen kann, ohne es betreten zu müssen.
Unterhalb des Dachgesimses zieht sich ein breiter
Streifen von Flachornament um die ganze Kapelle.
In diesem Ornamente verteilt sind Schriftflächen;
auf ihnen stehen die Namen jener Länder und
Gegenden, in denen die gefallenen Krieger aus
Schrobenhausen den Heldentod gefunden haben.
Das Innere der Kapelle zeigt sich als Kuppelbau,
die Lichtzuführung erfolgt durch zwei in Barock-
formen gezeichnete Fenster. Der Tür gegenüber
steht der Altar, auf ihm die von Balthasar Schmitt
geschaffene überlebensgroße Gruppe der Beweinung
Christi. Um diese Gruppe besser hervortreten zu
lassen, hat der Künstler die dahinter befindliche
Wandfläche, wie man es in alten Barockkirchen
und Kapellen häufig sieht, mit einer gemalten Dra-
perie bedeckt. Sie deutet gleichsam ein ausge-
spanntes, in leichten großen Falten hernieder-
hängendes Tuch an. das oben von einer Krone
gehalten wird. Das Tuch ist violett, die gefransten
Ränder sind gelb. Von diesem dunkeln Hinter-
gründe hebt sich die plastische Gruppe vorzüglich
ausdrucksvoll ab. Sie ist 1,80 m hoch, aus Linden-
holz geschnitzt und leicht gefärbt. Das Raum-
verhältnis des Kapelleninnern verhinderte, in die
Breite zu gehen, zwang zur Höhenentwicklung.
Deshalb sieht man hier die Muttergottes nicht,