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Deutsche Gesellschaft für Christliche Kunst [Hrsg.]
Die christliche Kunst: Monatsschrift für alle Gebiete der christlichen Kunst u. der Kunstwissenschaft sowie für das gesamte Kunstleben — 21.1924/​1925

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Neue Kunstwerke
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https://doi.org/10.11588/diglit.53139#0367

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NEUE KUNSTWERKE — NEUE GRAPHIK

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vergoldete, flach getriebene Ornamentreliefs belebt
war. Ein Kruzifix zeichnete sich aus durch Freiheit
der Zusammenstellung von dunklem Holz und
Silber. Aus letzterem bestanden die Schmuckteile
und der vollrund gearbeitete Christuskörper. Die
ersteren nebst der an dem stark ausladenden Sockel
angebrachten Inschrift waren teils in dünnen
Platten auf das Holz aufgelegt, teils frei gearbeitet.
Letzteres war der Fall mit einem die Kreuzarme
durchquerenden Spitzbogenkreise sowie mit zwei
von den Enden des Querbalkens niederhängenden.
Kettchen, an denen die Buchstaben A und Q hingen.
Die Zwickel der Kreuzarme waren mit silbernem
Ornament ausgefüllt, an denen kleine Edelsteine
glänzten. Fünf vergoldete Weihbrunnkessel wiesen
verschiedenartige Zeichnung und Verzierung auf.
Ein Ziborium von kräftiger Form war vergoldet
und mit Schmelzverzierungen geschmückt, oben
mit einem kronenartigen Kranze besetzt. Er so-
wohl als der Fuß des Ziboriums zeigten Dekor
von Edelsteinen. Von den fünf Kelchen wies jeder
eine Eigenart auf, durch die er sich von den anderen
unterschied. Einer zeichnete sich durch besonderen
Reichtum seines Schmuckes aus. Verwandt den
Prachtkelchen der Barockzeit war der Fuß mit
reichem, flach getriebenem Ornament überzogen,
in das kleine farbige Edelmedaillons mit Halb-
figuren von Heiligen eingeordnet waren. Der Knauf
war von Elfenbein. Der untere Teil der Kuppa
zeigte Verzierung mit in Email gearbeiteten stili-
sierten blauenTrauben. Dieses letztere Motiv kehrte
auch bei einem andern Kelche wieder, dessen Silber
größtenteils seine Naturfarbe behalten hatte. Bei
einem wuchs der Becher des Kelches aus einer
kleineren Schale hervor, wie eine Blume aus ihrem
Kelche. Das prächtigste Stück der Sammlung war
eine Monstranz. Ihr Fuß zeigte die Grundform
eines ovalen Achtpasses. Der aus ihm empor-
wachsende schlanke Schaft war mit Steinen besetzt.
Auch der obere Teil der Monstranz bildete ein
Oval und zwar dadurch, daß der länglich vier-
eckige, auf einer seiner Spitzen stehende Mittelteil
von einem frei gearbeiteten schmalen ovalen Kranze
aus Filigran, mit Steinchen besetzt, umgeben war.
Die Außenflächen dieses reich und eigenartig durch-
gebildeten Mittelteiles waren dicht mit feinster
Ornamentierung aus Silberfiligran überzogen. Oval
war wieder der die Lunula beherbergende Teil.
Der Schimmer von Silber und Gold, die Farben
der mancherlei Edel- und Halbedelsteine gab dem
Ganzen wunderbare Pracht und Vornehmheit.
Döring
GLASFENSTER ZU ERBENDORF
TU arl B 1 o c h e r e r-München hat im Verein
mit Roth junior ein zweites Fenster für
die Kirche in Erbendorf (Oberpfalz) im vorigen
Jahr vollendet: Zu dem ersten Fenster der Kreu-
zigung kommt nunmehr die Auferstehung
(1,70:1,40 m). Aus einem strahlenden Rubinrot
ist das Wunder der Auferstehung farbig erlebt,
in rhythmischem Wechsel fügen sich Blau, Braun-
rot, Smaragdgrün, Gelb und Hellviolett an. Aus
einem eruptiven Zerspalten der Farbkegeln er-
wächst die Kompostition, die aber doch tekto-
nisch klar in geometrischen Flächen aufgebaut
ist. Ruhiger und stiller sind zwei Sockelfelder
mit den Frauen am Grabe und dem ungläubigen
Thomas gehalten. Da das Fenster in eine etwas
dunkle Kirche kommt, ist nur das Mittelfeld
buntfarbig gehalten. Die obere und untere Zone

ist in Kathedralglas gearbeitet, aber nicht in
hart rechteckigen Scheiben, sondern in einem
freien Rhythmus von verschieden zugeschnittenen
Glasplättchen, die verschieden ganz leicht in
Lichtblau, Grün, Violett nuanciert sind. Dadurch
wird die Einheit des Farbenspiels und des Li-
niennetzes der Verbleiung im ganzen Fenster ge-
wahrt. Im ganzen ist diese neue Leistung zweier
Künstler, die in schöner Harmonie als Zeichner
und Techniker Zusammenarbeiten, ein gutes Zei-
chen einer aufwärtsstrebenden jungen Kunst.
Georg Lill
Neue Graphik
HYMNEN UND PSALMEN
Ein Radierzyklus von BRUNO ZWIENER
Gleich Bruckner, dem genialen Komponisten des
grandiosen Te Deums und des 150. Psalms,
muß jeder Künstler, der Hymen und Psalmen
formal gestalten will, ein unbeirrbares inneres
Müssen, das zur rücksichtslosen Wahrheit und zu
gewaltigen Bekenntnissen drängt, zur Triebkraft
haben. Und so stark muß dieses Wollen sein, so
stark als Äquivalentes zum Thema, daß der For-
malästhetik letzten Endes zu tun nicht viel übrig-
bleibt. Reinheit des Gefühls und der Gesinnung
als der Träger alter Religiosität schaue aus dem
Werk und mache die Glaubensbekenntnisse einer
starken Künstlerpersönlichkeit überzeugend. So-
lange Kunst aus überschwenglichem, übervollem
Herzen aus reinem Gemüt zur wahrhaft mensch-
lichen Größe geboren werden kann, solange wer-
den Hymnen und Psalmen, die Rufe aus der Tiefe
zur ewigen Erbarmung, das empfängliche Herz
befruchten und zur Gestaltung drängen. Solange
der Menschengeist sich losringt von der Erde, so-
lange wird es Herzen geben, die sich im gläubigen
Credo vor der Allmacht beugen und ihre Kunst
in den Dienst des Unendlichen stellen.
Bruno Zwiener, der schlesische Künstler, ließ
in kurzen Zwischenräumen zwei Kultserien folgen :
»Hymnen und Psalmen« und »Sursum corda«.
Allein das Bewältigen der Riesenplattenformate,
besonders in den Sursum-Corda-Blättern zeugt zur
Genüge von der Intensität und bezwingenden Ge-
walt seiner Gedankenwelt, von der Wucht seiner
Empfindungen.
Rein als physische Leistung gewertet, stellen
die zwölf Platten eine Energiemenge dar, die zu
bewundern bleibt, ganz abgesehen von der Tiefe
und Weite des Zauberreiches der Architektur des
Kultes und des reinen Menschentums, in das er
uns in den beiden Folgen führt. Da auch der
Künstler zumeist in seinem Innenleben das Typi-
sche gerade der Zeit, in der er schafft, spiegelt,
so werden seine Arbeiten, vor allem die religiösen
Inhalts, auch als Zeichen unseres religiösen Emp-
findens überhaupt anzusehen sein. Jede neue Zeit-
epoche bringt Außen-und Innenwelt in neue sicht-
bare formale Beziehungen. Vom Expressionismus
mag abzuwarten sein, welch neue Werte aus einer
Verbindung der religiösen Kunst mit den neuen
Ideen erstehen können. Für die Gestaltung der
Hymnen und Psalmen in der Kunst bleiben, auch
bei den alten bewährten Formen, nur das Himmel-
anstrebende, das Grandiose, die Linien, die aus
der Tiefe, aus dem Suchen und Tasten des Zeit-
lichen hinauf in das Wesenlose, in Licht und Höhen
führen.
 
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