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Deutsche Gesellschaft für Christliche Kunst [Hrsg.]
Die christliche Kunst: Monatsschrift für alle Gebiete der christlichen Kunst u. der Kunstwissenschaft sowie für das gesamte Kunstleben — 21.1924/​1925

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PERSONALNACHRICHTEN — DENKMALPFLEGE

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diktinerstifte St. Paul in Kärnten: Madonna,
hl. Christoph, die hl. Drei Könige und Hem-
malegende. Auf den ersten Blick glaubt man,
einen guten Meister des 15. Jahrhunderts vor
sich zu haben. In herben Strichen, durchwegs
gleich geführt, bauen sich die eindruckstarken
Figuren auf. Ebenfalls zu den Werken der Gra-
phik gehört die „Schmerzensmutter“, eine Ra-
dierung Rudolf Cucerras, in welcher durch
Kontraststellung des bleichen Antlitzes und des
dunklen Gewandes Marias der seelische Schmer-
zensausdruck verstärkt werden soll. Ganz schätz-
bare Arbeiten sind die beiden Radierungen von
Doris L e d e n i g „Kreuzigung“ und „G r a 1“.
Der Expressionist Fritz Silberbauer hat das
Motiv „Georg im Kampfe mit dem Drachen“ in
einem Gobelinentwurf verwendet, dabei aber we-
der Geschmack noch Phantasie bekundet. Den
beiden Grabmodellen von Oskar Stolberg
würde man Erfolg wünschen: in einfache archi-
tektonische Umrahmung stilisierte Figuren ge-
stellt. Bruno Binder
Personalnachricliten
TAer Architekt H a n s R u m m e 1 in F r a n k f u r t
a. Main konnte im Monat März auf eine 25jäh-
rige Tätigkeit zurückschauen. Zusammen mit sei-
nem Bruder Christoph Rummel hat er neben
vielen Privatbauten besonders Kirchen und Ho-
spitäler als Spezialität ausgeführt, so 1905 die
St. Bernarduskirche in Frankfurt a. M., St. Josephin
in Isenburg, St. Heinrich in Urdingen, St. Elisa-
beth in Langenschwalbach, die.Kirchen in Neuen-
hain i. Taunus, St. Goarshausen, Zwingenberg,
Jugenheim a. d. Bergstr., Fussingen i. Taunus,
Bürstadt b. Worms, Nied a. M., St. Gallus in Frank-
furt a. M., St. Paulus in Aschaffenburg. Kranken-
häuser von ihnen stehen in Frankfurt a. M.
(St. Marien), in Oberhausen (St. Joseph), in Hagen
i. Westf. (St. Marien). Beim Wettbewerb um
die Stadterweiterung Leipzig erhielten die beiden
Brüder zusammen mit Ing. Merdel den 3. Preis.
Weitere Kirchenbauten sind zurzeit in Arbeit.
Uber die künstlerische Tätigkeit der Brüder Rum-
mel werden wir nächstens in größerem Zusammen-
hang berichten. G. L.
Denkmalpflege
INNENRESTAURATIONEN OBER-
BAYERISCHER KIRCHEN
AJor geraumer Zeit erhielten zwei im oberbaye-
* rischen Alpenvorland gelegene Kirchen um-
fangreiche Innenrestaurationen. Die eine Kirche —
Pfarrkirche zu Flintsbach im Inntal bei
Oberaudorf' — zeigt die Wiedergeburt, die das
im Laufe der Zeit verstaubte und schadhaft ge-
wordene, aber auch durch mißverstandene Restau-
rierungen früherer Jahrzehnte seiner künstlerischen
Seele beraubte Interieur aus der besten Periode
kirchlichen Rokokos erfahren hat. Das andere
Gotteshaus — Pfarrkirche in Ubersee am Chiem-
see — bietet ein lehrreiches Beispiel, wie die Gegen-
wartskunst die Ausmalung eines vor 20 Jahren er-
bauten Kircheninnern gelöst hat.
Die Pfarrkirche St. Martin in Flints-
b a c b ist im Kern eine mittelalterliche Anlage.
Das Presbyterium stammt aus dem Jahre 1412.

Der Neubau der Pfarrkirche war in diesem Jahre
möglich geworden, nachdem Herzog Stephan von
Niederbayern 1411 den bis dahin zur Burg
Kirnstein gehörigen Steinbruch an der Biber
der Pfarrkirche Flintsbach geschenkt hatte. Der
hochragende charakteristische Turm an der Süd-
seite des Chores weist noch in seinem Unter-
geschoß mittelalterliche Merkmale auf. Alles übrige
hat das frühe Rokoko 173S in ein festlich-freu-
diges Gewand gekleidet. Das Gewölbe in Chor
und Langhaus wird von Pilastern und weitaus-
ladenden Gebälkstücken getragen. Das Tonnen-
gewölbe selbst zeigt reichsten Schmuck von far-
bigem Stuck und figürliche Freskengemälde, Dar-
stellungen aus dem Leben der Gottesmutter.
Letztere stammen aus der Künstlerhand des Seba-
stian Rech en au er des Älteren aus Schweinsteig
bei Brannenburg. Im Scheitel des Chorgewölbes
befindet sich der Patron der Kirche St. Martin
in Stuck und farbig gefaßt. Der künstlerische
und kunstgeschichtliche Wert des Interieurs liegt
im zierlich aufgelösten Formenreichtum der De-
koration und mehr noch in dem hervorragenden
Reize der Polychromie. Die Tönung des
Stuckes geht mit den farbenfrohen Deckengemälden
einen innigen Bund ein. . All diesen ursprüng-
lichen Zauber, der untergegangen war, wieder ge-
weckt zu haben, ist das Verdienst des tüchtigen
und verständnisvollen Zusammenarbeitens der
Kunstmaler Hans K oh 1 e-Starnberg und Max
Z i er e r - Rosenheim unter der künstlerischen Lei-
tung des Landesamtes für Denkmalpflege (Pro-
fessor Schmu derer).
Das Stuckrahmenwerk der Gemäldefelder und der
Zwickeleinfassungen zeigt zartes Grau, die Stuck-
motive selbst weisen kräftiges Rosa, die naturalisti-
schen Blumen- und Blätterranken Grün und Gelb
auf, die Kartuschenfelder mit Gitterwerk tragen
glänzendes Ockergelb,in gleicheFarbe sind auch die
korinthischen Kapitäle der Pilaster getaucht. Zu
diesem Farbenreichtum der dekorativen Ausstat-
tung gesellt sich die wirkungsvolle Pracht der
marmorierten Holzaltäre. Während der mächtig
aufstrebende Hochaltar von 1824, der den ganzen
Chorschluß füllt, ein pompöses Werk in Form einer
Säulenarkade darstellt und der in Glanzgold ge-
füllte Tabernakel mit dem Unterbau des Altares
ein klassizistisches Werk voll tüchtigen Könnens
ist, bewegen sich Seitenaltäre und Kanzel im üp-
pigsten Formenreichtum des entwickelten Rokoko.
Vor allem klingen die Aufbauten der Seitenaltäre
in geradezu jubelndes Rokokoschweifwerk aus.
Dekoration und Einrichtung, obwohl aus ver-
schiedenen Stilperioden stammend, schließen sich
zu einheitlich harmonischer Gesamtwirkung von
seltener Schönheit zusammen. Ein entzückender
Blick ist es, wenn wir aus dem in gedämpftes
Licht gehüllten Chor hinausblicken in das licht-
durchflutete Langhaus mit der trefflich gelösten
Doppelempore. Die heutige glanzvolle Wirkung
des Kircheninneren wäre nicht erzielt worden,
wenn nicht die farbigen Tapetenfenster neben den
Seitenaltären entfernt worden und an deren Stelle
Blankverglasungen getreten wären.
Auch sonst bietet ein Rundgang durch die
Kirche auf Schritt und Tritt eine Fülle von Kunst-
werken. So machen wir vor allem auf ein Epitaph-
bild aufmerksam für den Plans Christoph Frei-
herrn von Ruepp, Herrn auf Falkenstein, und
seine Familie. Dieser war Mitglied des bayerischen
obersten Kriegsrates im 30 jährigen Krieg und ist
von Kurfürst Maximilian I. wegen seiner aus-
 
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