Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Deutsche Gesellschaft für Christliche Kunst [Hrsg.]
Die christliche Kunst: Monatsschrift für alle Gebiete der christlichen Kunst u. der Kunstwissenschaft sowie für das gesamte Kunstleben — 21.1924/​1925

DOI Heft:
Beiblatt
DOI Artikel:
Ausstellungen
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.53139#0388

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
66

AUSSTELLUNGEN

bigen Flächenschichtung- Grauweiß, Rot, Blau und
der gelben Illumination auf eine Kirchenwand ge-
malt sein könnte, verrät ebenso wie die »Kreuzi-
gung« Begabung zum al fresco. Baumhauers Fähig-
keit, mit der Fläche zu rechnen und in ihr zu
arbeiten, bekundet auch ein Kirchenfenster, das,
für die Kapelle des Schlosses Kipfenberg bestimmt,
im Treppenhaus des Kunstvereines ganz kurz zu
sehen ist. Das Thema des »Jüngsten Gerichts«
ist inhaltlich und koloristisch geschickt behandelt,
der lineare Stil des Künstlers durch die das Herbe
unterstützende Technik der Vereinigten Süd-
deutschen Werkstätten für Mosaik und
Glasmalerei in Solln gebührend hervorgehoben.
Als Kontroverse hierzu muten die Glasgemälde
W. Rupprechts an in der Ausführung der Firma
v. d. Heyd. Rupprecht, welcher die Bildstickerei
pflegt, überträgt den Charakter derselben auf die
Fensterkunst. Seine Glasgemälde scheinen sozu-
sagen gewebt. Aus einer Farbenskala, die dem
Künstler als erster Eindruck vorschweben mag,
muß das Bild abgelesen werden. Die »Cäcilia«,
die noch gemäldeartig empfunden ist, beruht auf
zwei, drei koloristischen Akkorden. In den Fen-
stern der »Geißelung« und »Auferstehung« ist der
gewirkte Stil zum Durchbruch gekommen. Die
Töne fließen und das Gesamtbild schimmert in
einem farbigen Vielerlei, das sich erst bei länge-
rem Zusehen zu einem eigenartigen Geflecht ord-
nen läßt. Die Fenster sind apart gemacht, aber
die Darstellungsart erschwert das einfache Be-
greifen, wie es ein kirchliches Gemälde bieten soll.
In den Bildstickereien selbst vereinfacht sich
die Farbgebung. Wie in den Holzschnitten strebt
Rupprecht hier eine naive Wiedergabe an, die ihre
Bewußtheit allerdings nicht verleugnen kann.
Gleichklang der Bewegung und Töne, dem Refrain
des Helden- und Volksliedes nicht unähnlich,
sucht Typisches zu wecken.
Von Grassl findet sich das schon im Glas-
palast ausgestellte Gemälde »Die Jugend von As-
sissi verspottet den hl. Franz«. Die neugotisch
erlegte Empfindung des Künstlers gerät im Gro-
tesken auf besonders geordneteBahn(»Narrentag«),
Die aparte Schraffierung des Graphikers tritt hier
wie in der »Samariterin am Brunnen« glücklich
hervor.
Die malerische Dichtheit der Zeichnung steht
bei Blocherer in enger Fühlung zur Palette. Das
Aufwallen und -züngeln von Farbmassen in »Mann
und Weib« weicht im »Weiblichen Akt« einem
dunkel verschleierten Vortrag. Die gefühlsmäßige
Elastizität, die Blocherer bei der Behandlung ver-
schiedener Themen walten läßt, bleibt bei Willi
Schmids stereotyper Darstellungsformel ausge-
schaltet. In einem linearen Spiel und dem Ge-
brauch von nur wenigen Deckfarben (Rot, Grün,
Gelb) nähert sich der Künstler dem Stil der
mittelalterlichen Miniatur, die angesichts des ver-
änderten Formates ins Dekorative fällt. Ein reli-
giöser Zustand, ohne einem biblischen Vorwurf
verpflichtet zu sein, beherrscht das Tryptichon
»Musik« und das Wandbild »Kirchgang« von
W. Ditz. Genre und Idylle mischen sich in
seine Kompositionen. L. Grubers Philosophien
wirken formal meditierend. Zu allegorisch und
ohne Formbändigung geben sich die Phantasien
in Öl von S t a e g e r. Bei S c h i k a n e d e r verdient
die Graphik den Vorzug (»Der Eremit«), Neben
den schlichtfrommen Themen von Röhm wirken
die religiösen Tafeln von Gebhard und Schika-
neder problematisch.

Im Buch 1 a de n war vergangene Woche Gelegen-
heit, auch die Gr a p hi k B 1 o ch e r e r s näher ken-
nen zu lernen. Der Künstler geht an seine reli-
giösen Themen mit persönlich origineller Erfas-
sung. Die Energie, mit der Blocherer immer et-
was aus dem Objekt herausholt, ist eine sei-
ner Haupttugenden. Unter den ausgestellten Litho-
graphien haben wir schon früher mehrere gesehen
und schon damals auf die »Verschleierung« hin-
gewiesen, die seine Art, die Dinge ins Helldunkel
zu hüllen, mit sich bringt. Das Präponderieren
der Schwärzen' fördert nicht immer die Klarheit
des Ausdrucks. Diese Hemmnisse jedoch, die im
Vergleich zu seinen Vorzügen — wir erwähnen
nur seine dynamisch fest ümrissenen Porträts —
gering sind, wird der Künstler unserer Überzeu-
gung nach bald überwinden, und so darf man für
die Zukunft manche angenehme Überraschung von
Blocherer erwarten.
Der Rheinländer Heinrich Nauen stellt
gegenwärtig einige Arbeiten bei Caspari aus.
Es finden sich darunter keine Stücke mit nomi-
nell biblischem Inhalt, aber seine nordisch my-
stische Naturerfassung, deren Urvater Munch,
macht einen Teil seines Schaffens zum Problem
religiösen Suchens. Darum, daß Nauen in einem
Zustand innerer Gärung noch nicht zu einem
bestimmten religiösen Bekenntnis gelangt ist, darf
man ihn nicht mit Steinen bewerfen; denn er, wie
ein großer Teil der deutschen Künstlerschaft be-
findet sich in einem ehrlichen Tasten, das zunächst
von dem, was noch in weiter Ferne ruht,
nichts als die Sehnsucht nach seiner Sichtbar-
werdung zu verkörpern imstande ist. Immerhin
ist Nauens Fall wie der psychisch ähnlich Veran-
lagter bedeutend sympathischer als die Heuchelei
mancher Wölfe in Schafsgewand, die des Ver-
dienstes wegen christlich tun.
Die Landschaft am Niederrhein ist für Nauen
das Ausdrucksmittel seiner seelischen Situation.
Wir heben hier ein großes Stück hervor, das man
»Klage« nennen könnte. Im Vordergrund einer
kargen Ebene, deren Horizont durch blaudüstere
Wolken verrammelt wird, liegt eine Bauernfrau,
die ihre Hände in den Boden schlägt. Ein großes
Weh schaut aus dem Bilde, ein trauriger Vorgang
wird durch zähe melancholische Farben zum Klin-
gen gebracht. Dr. K.

RELIGIÖSE THEMEN IN DER JUBI-
LÄUMSAUSSTELLUNG DES STEIER-
MÄRKISCHEN KUNSTVEREINES
IN GRAZ
TA iese ob ihrer guten Werke aus der steirischen
Bildniskunst des 19. Jahrhunderts bedeutsame
Ausstellung bringt auch einige beachtenswerte
Arbeiten aus der religiösen Kunst. Hier steht
die „Kreuztragung“ von Franz Köck an erster
Stelle. Wenn auch die Komposition auf ältere
Darstellungen zurückgeht, so ist die malerische
Durchführung immerhin originell und eigenwer-
tig. Der rote Scherge am linken Bildrand un-
terstreicht die starke Wirkung dieser Arbeit. Da-
gegen ist Köcks „Auferstehung“ der Isenheimer-
darstellung doch viel zu nahe, um als eigene
Leistung empfunden werden zu können. Das ge-
änderte Format und kompositionelle Einzelhei-
ten allein schaffen noch kein neues Werk. Eine
ganz seltene Leistung sind aber die Holzschnitte
P. Switbert Lobissers aus dem Bene-
 
Annotationen