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Deutsche Gesellschaft für Christliche Kunst [Hrsg.]
Die christliche Kunst: Monatsschrift für alle Gebiete der christlichen Kunst u. der Kunstwissenschaft sowie für das gesamte Kunstleben — 21.1924/​1925

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Doering, Oskar: Die internationale Kunstausstellung zu Venedig
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https://doi.org/10.11588/diglit.53139#0334

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VERMISCHTE NACHRICHTEN

und Vortrag wenig erquickliche, insbesondere in
religiöser Beziehung unfruchtbare »Auferstehung«
zeigt in der Zusammenstellung der Heilandsgestalt
mit typisch und allgemein menschlich aufzufassen-
den tirolischen Volksfiguren das Streben nach
Volksmäßigkeit im gehobenen Sinne, vermag dieses
Ziel aber nicht zu erreichen, weil diese Art von
innerlich im höchsten Grade komplizierter Auf-
fassung der Einfachheit des Volksempfindens nun
und nimmer begreiflich werden kann. — Die ita-
lienische Ausstellung erwirbt sich auch diesmal
wieder das kunstwissenschaft-
liche Verdienst, das Wirken
einer größeren Anzahl bedeu-
tender Maler und Bildhauer
in Sondergruppen vor Augen
zu stellen und in dem vortreff-
lich gearbeiteten Kataloge
durch sachkundige und ver-
ständnisfeine Einleitungen zu
analysieren — ein Verfahren,
das als vorbildlich gelten darf
und immer wieder zur Nach-
ahmung empfohlen werden
muß. Solche Künstler sind u. a.
der mit einer gewissen Weich-
heit arbeitende Porträtist und
Historienmaler Armando Spa-
dini (geb. 1883); seine in har-
ten, kalten Formen vorzugs-
weise zeichnerisch gestalten-
den Fachgenossen Felice Ca-
sorati und Ubaldo Oppi (geb.
1889); die zartfühlenden Land-
schafter Bartolommeo Bezzi
(f 1923), Ferruccio Scattola
(geb 1874). Pietro Fragiacomo
(j- 1922); von Vertretern älte-
rer Generation der in der Mitte
des vorigen Jahrhunderts auch
bei deutschen Sammlern be-
liebte Landschafts- und Fi-
gurenmaler Antonino Leto
(+ 1913); der tüchtige Histo-
rienmaler Domenico Induno
(f 1878). Von Bildhauern sei
genannt der großzügige An-
tonio Maraini (geb. 1886), der
entscheidenden Wert auf die
dek rativen Eigenschaften sei-
ner Werke legt. — Ausgezeich-
netes bietet die Ausstellung
Frankreichs. Sie würde es
in viel geringerem Grade tun,
wenn nicht, wie schon oben
bemerkt, das Luxembourg-
Museum und andere Samm-
lungen wertvollste Beiträge geliefert hätten. Man
sieht Zeichnungen von Besnard, Fantin - Latour,
Friant, Puvis de Chavannes, Renoir, Rodin, Signac,
Toulouse-Lautrec; Gemälde von Simon, Raffaelli,
Muenier, Laurent, Denis, Bonnard, Aman-Jean und
andern Berühmtheiten. Eine kleine Sondergruppe
von Zeichnungen des Edgar Degas, eine große von
wundervollen, ergreifend-poetischen Malschöp-
fungen des Charles Cottet schließen sich an. Mit
solchen Dingen ist es freilich leicht, eine sehr her-
vorragende Ausstellung zusammenzubringen. Sie
wirken so stark, daß eine Anzahl weniger befriedi-
gender moderner Leistungen den Gesamteindruck
nicht zu schädigen vermag. Nicht vergessen sei
auch eine Anerkennung für die ausgestellte Buch-

graphik, sowie für einige der Plastiken. — Endlich
die deutsche Abteilung. Sie gibt keinen allgemei-
nen Überblick über die gegenwärtige deutsche Kunst,
sondern zeigt nur münchnerische, und zwar fast
ausschließlich solche der Secession. Wie bei der
französischen Ausstellung, so sind auch hier — aller-
dings in weit gesingerer Menge — Museumsstücke
. herangezogen worden. Zu diesen gehört der »Som-
merabend« von Uhde, die »Ziege« von Herterich,
der »Sommerabend« von Landenberger, der »Herbst
im Isartal« von Kaiser, das »Knabenbildnis« von
F. Erler, der »Herbstabend«
von F. Baer, der »Geiger« von
Winternitz. Was die Leitung
der deutschen Gruppe diesen
Werken angereiht hat, steht
im allgemeinen auf gleicher
Wertstufe. Es sind Werke u. a.
von Baierl (Pieta), H. v. Zügel
(Die Furt), Sieck (Tivoli),
Urban (Bayerische Land-
schaft). Becker (Günzburg),
Stuck (Parisurteil), Samber-
ger (drei Bildnisse : Popp,
Hackl, Becker-Gundahl), Hen-
geler (Geburt Christi), Müller-
Wischin (Altes Kastell), Bür-
gers (Schneelandschaft), O.
Dill (Löwenkampf), Hayeck
(Kieler Hafen) und anderes,
auch einige Plastiken, insge-
samt 83 Nummern. Das Aus-
land erhält vortreffliche Ein-
drücke; die deutsche Künstler-
schaft dürfte Anlaß haben, mit
der getroffenen Auswahl weni-
ger einverstanden zu sein.
Doering
VERMISCHTE
NACHRICHTEN
Karl-H aider-Gedächt-
nisausstellung in
Mannheim. (Vom 29. Sep-
tember bis 16. November 1924.)
— Wenn vor etwas mehr als
einem Jahrzehnt die Mannhei-
mer Kunsthalle ihre Räume
dem inzwischen verstorbenen
Schweizer Maler Ferdinand
Hodler öffnete, so mochte das
fast weniger auffallend er-
scheinen, als wenn sie jetzt
dieselben Räume dem 1912
heimgegangenen Karl Haider
für eine Gedächtnis-Ausstellung zur Verfügung
stellt. Hier liegt nicht so sehr eine Wandlung
der Mode und des Geschmacks als der Kunstwer-
tung und -auffassung vor. Das Verständnis und
die Wertschätzung des wieder zu Ehren kommen-
den Caspar David Friedrich, Philipp Otto Runge,
der Kunst der Nazarener und der Neu-Romantiker
scheint im Wachsen begriffen zu sein. Ankäufe
von Bildern durch große Galerien und örtliche
Ausstellungen von Werken romantischer Maler
wie die der letzten Jahre im Kurpfälzischen Mu-
seum in Heidelberg und der Schwarzwaldmaler
in Freiburg i. B. anläßlich der Achthundertjahrfeier
dieser Stadt bestätigen diese Beobachtung. So
mußte auch für einen Karl Haider die Zeit kommen,

JULIUS SEIDLER HAUSZEICHEN
Text Hauptbl. S. 25
 
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