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Deutsche Gesellschaft für Christliche Kunst [Editor]
Die christliche Kunst: Monatsschrift für alle Gebiete der christlichen Kunst u. der Kunstwissenschaft sowie für das gesamte Kunstleben — 21.1924/​1925

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Bücherschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.53139#0393

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BÜCHERSCHAU

7i

erste Band behandelt die vor dem Jahre 1450 ge-
schaffenen plastischen Gebilde. Die einzelnen Ob-
jekte sind zunächst wissenschaftlich exakt be-
schrieben. Eine sehr dankenswerte Neuerung liegt
in der sorgfältigen wissenschaftlichen Bestimmung
des Materials, wobei die Professoren Dr. Max
Weber, Josef Grossmann und Dr. Wilhelm Loe
mittätig gewesen sind. Sodann haben die beiden
Verfasser nach Möglichkeit die Provenienz und
die Geschichte der einzelnen Objekte gegeben und
soweit als möglich immer wieder auf das frühere
Verzeichnis verwiesen. Ferner ist auf die Ikono-
graphie und Hagiographie viel besser, als es bis-
her geschehen, eingegangen worden. Einen ganz
besonders wissenschaftlichen Wert stellt aber
auch die jeweilige lückenlose Literaturbeigabe
dar. Von der Illustration ist in ausgiebigstem
Maße Gebrauch gemacht. Was dem Forscher
irgendwie wertvoll sein kann, findet er auf 148
Seiten abgebildet. Die Technik der Bilder wird
den modernsten und selbst den verwöhntesten
Ansprüchen gerecht. Von vielen Objekten er-
leichtern mehrere Detailaufnahmen oder Aufnahmen
von verschiedenem Standpunkt aus, die wissen-
schaftliche Verwertung.
Wir sind durch die bisherigen deutschen Bild-
Werkkataloge von Berlin, Erfurt, Köln, Münster,
Nürnberg, Stuttgart usw. etwas verwöhnt, aber
das hier Gebotene erreicht nicht bloß die bis-
herigen Leistungen, sondern kann auch allen
kommenden als Muster und Vorlage dienen. Die
Disposition ist in Rücksicht auf die Geschichte
und erste Aufgabe des Nationalmuseums in Mün-
chen getroffen, es soll zunächst eine Sammlung
und ein Lehrinstitut bayerischer Kunst sein, da-
rum sind in erster Linie die altbayerischen, dann
die schwäbischen, dann die fränkischen und dann
die übrigen süddeutschen Werke und Plastiken
der fremden Länder aufgeführt. Mit der Entwick-
lung der einheimischen Kunst in der zweiten
Hälfte des 14. und im 15. Jahrhundert wird dann
auch die Disposition detaillierter: Der Salzburger
und der Regensburger Kunstkreis sind eigens
herausgehoben und ebenso das Lechschwaben.
Eine eigene Erwähnung verdient noch das sehr
praktisch gehaltene und übersichtliche Personen-,
Orts- und Sachverzeichnis. Michael Hartig
F’ranz Dülberg. Deutsche Malerei,
Berlin, Volksverband der Bücherfreunde, 1924,
III, Auflage.
Der Verfasser nennt bescheiden sein Buch über
die deutsche Malerei, mit dem der rührige Volks-
verband der Bücherfreunde seine Mitglieder be-
schenkt, eine Probenschau. Und allerdings ist
keine Entwicklungsgeschichte der deutschen Ma-
lerei beabsichtigt, ein Wagnis, das bei der man-
gelnden Bearbeitung ganzer Perioden der deut-
schen Kunst heute noch ein allzu kühnes Wagnis
wäre, zumal in dem vorgeschriebenen engen
Rahmen. So gibt Dülberg nach einer eilenden
Übersicht des Werdegangs der deutschen .Mal-
kunst eine Auswahl von 30 biographienartigen
Essays über die bedeutendsten deutschen Maler
von Konrad Witz bis Max Slevogt, geordnet in
5 Kapiteln. Jedem dieser Künstler ist eine der
vortrefflichen Abbildungen gewidmet.
In »Aufstieg und Vorblüte« erleben wir das
Aufblühen der deutschen Malerei im ersten Drittel
des 15. Jahrhunderts aus böhmisch-italienischen,
aus burgundischen und kölnischen Wurzeln.
Raumbezwingung und Aktion werden als die

beiden eigentlichsten Aufgaben dieser neuen Kunst
charakterisiert, die viel den niederländischen Vor-
bildern verdankte. Neben dem Bodenseemeister
Witz erscheint der in Ulm tätige Hans Multscher,
der Tiroler Pacher, der sich, ähnlich wie später
Dürer, mit der italienischen Renaissancekunst
auseinanderzusetzen suchte, der Kölner Meister
des Bartholomäusaltars und schließlich Hans Hol-
bein d. Ae. Eine Reihe heiliger Gestalten in vor-
nehmer Ruhe des Auftretens wandeln in den Bil-
dern dieser Meister vor unsern Augen vorbei.
In der Hochblüte erreicht Matthias Grünewald,
den die neueste Forschung mit dem Maler Got-
hardt-Nithardt identifiziert, den Höhepunkt selb-
ständigen deutschen Malstils, ohne sich, wie Dürer,
mit der italienischen Malerei einzulassen, zugleich
ein Künder allerletzter Kühnheiten des Empfin-
dungsausdrucks. Aber der Name des größten
deutschen Künstlers verbleibt doch Dürer, dem
Unerschöpflichen, neben dem der behagliche Lukas
Cranach, Altdorfer, der erste Landschafter, Bal-
dung-Grien, »ein überschäumendes und dabei
dauerhaftes Temperament«, stehen. Mit Recht
weist Dülberg darauf hin, daß das Schaffen des
schon ganz in der italienischen Formenwelt wur-
zelnden jungen Holbein, so viel Bewunderung es
verdient, doch den Abstieg schon beinahe in sich
schließt.
»Steuerlos im Sturm der Zeiten« ist die Über-
schrift des 3. Kapitels, das sich der Kunst der
sogenannten Verfallzeit im späten 16. und 17. Jahr-
hundert zuwendet. Als allgemein anerkannte
Größe ragt nur der römische Künstler deutscher
Nation, Adam Elsheimer aus Frankfurt, hervor.
Inwieweit hier die zu erwartende Aufhellung
der noch dunklen Perioden durch die Forschung
eine andere Wertung und veränderte Einstellung
herbeiführen wird, bleibt noch abzuwarten. Phi-
lipp Uffenbachs, des noch an Dürer und Grüne-
wald anknüpfenden Frankfurter Lehrers Els-
heimers, Bild »Maria mit Frauen und Jüngern
während der Kreuzigung« ist solch ein eigen-
williges, in seiner Ausdruckskraft echt deutsches
Werk, das Dülberg sehr zu recht hervorholt.
Neben dem größeren Elsheimer, dessen Wirkung
weit in die Ferne reichte, repräsentiert der Münch-
ner Hans Rottenhammer den von der italienischen
Kunst ganz gefangenen Deutschen. Zwischen
Italien und Holland pendelt nun der Zeiger der
deutschen Kunst. Die bedeutendsten Talente des
17. Jahrhunderts gehören fremden Schulen an,
wie der in seiner Heimat vergessene geniale Hol-
steiner Johann Liss, der der venezianischen Schule
zugerechnet wird. Das nach Westen orientierte
18. Jahrhundert ist vielleicht etwas dürftig durch
Chodowiecki, Januarius Zick und Angelika Kauff-
mann vertreten. Mit dem neuen Werden und
Blühen, das zu Beginn des 19. Jahrhunderts überall
in Deutschland, namentlich aber im äußersten
Norden, einsetzt, gewinnt auch der Autor wieder
festen Boden. Haben wir doch alle zu Roman-
tikern, wie Runge, Rohr, Friedrich und Schwind,
deren Wiederentdeckung wir selbst miterlebten,
oder zu den Deutschrömern Feuerbach, Böcklin,
Marees, deren Anerkennung erst nach schweren
Kämpfen gelang, ein persönliches Verhältnis. Das
gilt noch mehr von den »Meistern unserer Tage«,
bei denen es schwer fällt, die nötige historische
Distanz zu halten. Hier werden Leibi, Lieber-
mann, Slevogt und der oft zu Unrecht übergan-
gene Ludwig von Hofmann gewürdigt.
Was Dülberg bietet, ist Kunstgeschichte, ge-
 
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