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DAS MUSEUM PETRIANUM IN ROM
schöne Plan wurde zwar im ersten Übereifer zu
weit überschritten, indem man nicht nur wichtige
Fragmente, die seit alters her zu der Unterkirche
gehörten, aus der geweihten Stätte entfernte, son-
dern sogar das herrliche Grabmonument Sixtus IV.
aus der Sakramentskapelle trug, um es dem Mu-
seum einzuverleiben. Durch Ernennung Nogar as ,
des Leiters der Vatikanischen Museen, zum Direk-
tor des neuen Museums, wußte Pius XI. weiteren
Übergriffen Einhalt zu gebieten. Denn auch ohne
jene Monumente, deren Überführung uns als eine
Entweihung berührt, vermochte das neue Museum
Schätze zu sammeln, die durchaus in kunsthisto-
rischer Beziehung als einzigartig bezeichnet wer-
den können.
Für die weiteren Kreise dürfte das bereits er-
wähnte Grabmonument Sixtus IV. von der größten
Anziehungskraft sein, das die meisten noch heute
vergeblich an seiner alten Stelle in der Peters-
basilika suchen. Es ist nicht das erstemal, daß
dies herrliche, an griechische Linienschönheit er-
innernde Werk Pollaiuolos — es wurde von dem
großen Meister im Auftrage Julius II. 1493 an-
gefertigt — von einem Platz zum anderen über-
führt wurde. Ursprünglich schmückte es die Chor-
kapelle der alten Basilika, wo die Gebeine Sixtus IV.
(ebenso diejenigen Julius II.) beigesetzt waren.
Nach Abbruch dieser Kapelle kam es in die Ro-
tunde des heiligen Andreas (Sakristei), um als-
dann in die gegenwärtige Chorkapelle zurückzu-
kehren, von wo aus es dann in die Sakraments-
kapelle gelangte. Freilich beengte es hier durch
seinen Umfang erheblich die heiligen Zeremonien,
und das war ein wesentlicher Grund für seine
Überführung in das Petersmuseum. Trotzdem sind
die Besucher von S. Pietro derart gewöhnt, das
Denkmal an seiner früheren Stelle zu finden, daß
doch die Absicht besteht, es gelegentlich dorthin
zu rückzu bringen.
Anders verhält es sich mit dem Grabdenkmal
des 1471 verstorbenen Papstes Paul II. Seine Frag-
mente waren an den verschiedensten Stellen der
vatikanischen Grotten zerstreut und konnten nun
zunächst einmal an einem Punkt gesammelt wer-
den. Es handelt sich aber vorwiegend um den
plastischen Schmuck des Denkmals. Die archi-
tektonischen Teile sind fast ganz verloren gegangen.
Von der ursprünglichen Anlage des Denkmals gibt
eine Abbildung im Kodex von Girolamo Ferrari
des Berliner Kupferstichkabinettes einen annähern-
den Begriff. Man hofft aber, noch eine genauere
Zeichnung aufzufinden, nachdem die endgültige
Aufstellung des Monumentes vorgenommen werden
kann. Aber auch in seinen einzelnen Teilen ist es
von wunderbarer Schönheit. Seine Schöpfer sind
Mino da Fiesoie und Giovanni Dal m ata mit
ihren Schülern. Die von Mino geschaffenen Stücke,
darunter das Jüngste Gericht, machen sich durch
eine besondere Feinheit der Empfindung kenntlich.
Das Ganze ist in seiner Komposition überaus groß-
artig und enthält einen tiefen religiös-moralischen
Symbolismus vom Sündenfalle und Tode bis zur
Auferstehung und Glorie.
Als Studienobjekte von allergrößtem Werte je-
doch erscheinen die im Museum gesammelten Ori-
ginalmodelle zum neuen Petersbau, darunter in
erster Linie das Modell der Kuppel Michel-
angelos. Es ist unter den Augen des großen
Künstlers in seinem eigenen Atelier ausgeführt
worden und zeigt die Kuppel noch in ihrer inne-
ren und äußeren Umgrenzung halbkreisförmig,
denn erst Della Porta und Fontana verliehen
ihr unter Sixtus V. nach oben hin die schlankere
Wölbung. Wir sehen hier die Kuppel in reiner
Ursprünglichkeit vor uns stehen und erquicken
uns an der von Michelangelo selbst konzipierten
Formenschönheit, bevor der leichtere Geschmack
des Barock sie verfälschte. Das interessante Mo-
dell wurde bisher in einem der oberen Säle der
Peterskirche, über der Cappella Clementina, auf-
bewahrt und ist jetzt zum erstenmal der Öffent-
lichkeit zugänglich gemacht. Ebenso das Modell
der Basilika von Antonio da Sangallo (dem
jüngeren), der von 1537—1546 den Petersbau leitete.
Der Grundriß — ursprünglich als griechisches
Kreuz mit vier Apsiden gedacht — wurde durch
die Anfügung eines vorderen Teiles in ein latei-
nisches Kreuz verwandelt, was dem Plane die
scharfe Kritik Michelangelos eintrug. Auch das
Modell war von einem Saal des Belvedere in den
Raum über der Cappella Clementina gebracht
worden. Gleichfalls in einem Saale der oberen
Basilika fand man unter Staub und Gerümpel die
sieben (eine fehlt), offenbar von Michelangelos
eigener Hand modellierten Terrakotten der Pro-
pheten, die für die Peterskuppel bestimmt waren.
Als Originale des großen Meisters kennzeichnet
sie vor allem ihre anatomische Vollendung. Auch
sie hat der Bau des neuen Museums, wo sie in
Vitrinen neben dem Modell der Kuppel Platz ge-
funden haben, aus einer unwürdigen Lage befreit.
Außer den genannten Kunstdenkmälern bewun-
dern wir hier eine ganze Reihe anderer, ebenfalls
interessanter und wertvoller Gegenstände. Unter
ihnen sind noch besonders hervorzuheben jene be-
rühmten Mosaiken aus dem 8. Jahrhundert, die
einst die Kapelle des Papstes Johannes VII. in
der alten Basilika schmückten, ferner die Relief-
fragmente der Kapelle Bonifazius VIII. Von den
heidnischen Denkmälern, die bei den Bauten an
der alten und neuen Basilika gefunden wurden,
konnte ein Zippus des Kybelekultus in das Museum
geschafft werden. Er stammt wahrscheinlich aus
dem Heiligtum der phrygischen Göttin, das sich
in der Nähe von S. Pietro befand. Man sieht dar-
auf die Embleme des Kultus der Göttin : die Pinie,
die Syringe, das Schaf und den Hirtenstab. Lange
Zeit stand der Zippus in der Kirche St. Michele
e Magno, wo er als Weihwasserbecken diente. Von
nicht geringerer kunsthistorischer Bedeutung ist
der Sarkophag des Probus, jenes römischen Prä-
tors und Prokonsuls, dem nicht nur in heidnischen,
sondern auch von christlichen Schriften Lob ge-
spendet wurde und der zu dem heiligen Ambrosius
in naher Beziehung stand, aus dem Ende des 4. Jahr-
hunderts. Das Relief der Vorderseite des Sarko-
phages stellt den jugendlichen Christus im Typus
des Apollo mit den Aposteln dar. Erwähnt sei
schließlich noch eine Kopie der in der Peters-
basilika befindlichen Navicella von Giotto aus dem
Jahre 1628. Sie wurde unmittelbar nach dem da-
mals bereits stark beschädigten Original ange-
fertigt und von Urban VIII. den Kapuzinern ge-
schenkt, aus deren Kirche sie jetzt in das Peters-
museum gelangte.
Noch viele andere wertvolle Stücke ließen sich
aus der wertvollen Sammlung herausgreifen. Aber
auch aus den bereits angeführten geht genügsam
hervor, daß es sich in dem Museum Petrianum
um eine Schöpfung erster Ordnung handelt, an
deren Tür der kunstbeflissene Rombesucher künftig
nicht mehr vorüberkönnen wird.
DAS MUSEUM PETRIANUM IN ROM
schöne Plan wurde zwar im ersten Übereifer zu
weit überschritten, indem man nicht nur wichtige
Fragmente, die seit alters her zu der Unterkirche
gehörten, aus der geweihten Stätte entfernte, son-
dern sogar das herrliche Grabmonument Sixtus IV.
aus der Sakramentskapelle trug, um es dem Mu-
seum einzuverleiben. Durch Ernennung Nogar as ,
des Leiters der Vatikanischen Museen, zum Direk-
tor des neuen Museums, wußte Pius XI. weiteren
Übergriffen Einhalt zu gebieten. Denn auch ohne
jene Monumente, deren Überführung uns als eine
Entweihung berührt, vermochte das neue Museum
Schätze zu sammeln, die durchaus in kunsthisto-
rischer Beziehung als einzigartig bezeichnet wer-
den können.
Für die weiteren Kreise dürfte das bereits er-
wähnte Grabmonument Sixtus IV. von der größten
Anziehungskraft sein, das die meisten noch heute
vergeblich an seiner alten Stelle in der Peters-
basilika suchen. Es ist nicht das erstemal, daß
dies herrliche, an griechische Linienschönheit er-
innernde Werk Pollaiuolos — es wurde von dem
großen Meister im Auftrage Julius II. 1493 an-
gefertigt — von einem Platz zum anderen über-
führt wurde. Ursprünglich schmückte es die Chor-
kapelle der alten Basilika, wo die Gebeine Sixtus IV.
(ebenso diejenigen Julius II.) beigesetzt waren.
Nach Abbruch dieser Kapelle kam es in die Ro-
tunde des heiligen Andreas (Sakristei), um als-
dann in die gegenwärtige Chorkapelle zurückzu-
kehren, von wo aus es dann in die Sakraments-
kapelle gelangte. Freilich beengte es hier durch
seinen Umfang erheblich die heiligen Zeremonien,
und das war ein wesentlicher Grund für seine
Überführung in das Petersmuseum. Trotzdem sind
die Besucher von S. Pietro derart gewöhnt, das
Denkmal an seiner früheren Stelle zu finden, daß
doch die Absicht besteht, es gelegentlich dorthin
zu rückzu bringen.
Anders verhält es sich mit dem Grabdenkmal
des 1471 verstorbenen Papstes Paul II. Seine Frag-
mente waren an den verschiedensten Stellen der
vatikanischen Grotten zerstreut und konnten nun
zunächst einmal an einem Punkt gesammelt wer-
den. Es handelt sich aber vorwiegend um den
plastischen Schmuck des Denkmals. Die archi-
tektonischen Teile sind fast ganz verloren gegangen.
Von der ursprünglichen Anlage des Denkmals gibt
eine Abbildung im Kodex von Girolamo Ferrari
des Berliner Kupferstichkabinettes einen annähern-
den Begriff. Man hofft aber, noch eine genauere
Zeichnung aufzufinden, nachdem die endgültige
Aufstellung des Monumentes vorgenommen werden
kann. Aber auch in seinen einzelnen Teilen ist es
von wunderbarer Schönheit. Seine Schöpfer sind
Mino da Fiesoie und Giovanni Dal m ata mit
ihren Schülern. Die von Mino geschaffenen Stücke,
darunter das Jüngste Gericht, machen sich durch
eine besondere Feinheit der Empfindung kenntlich.
Das Ganze ist in seiner Komposition überaus groß-
artig und enthält einen tiefen religiös-moralischen
Symbolismus vom Sündenfalle und Tode bis zur
Auferstehung und Glorie.
Als Studienobjekte von allergrößtem Werte je-
doch erscheinen die im Museum gesammelten Ori-
ginalmodelle zum neuen Petersbau, darunter in
erster Linie das Modell der Kuppel Michel-
angelos. Es ist unter den Augen des großen
Künstlers in seinem eigenen Atelier ausgeführt
worden und zeigt die Kuppel noch in ihrer inne-
ren und äußeren Umgrenzung halbkreisförmig,
denn erst Della Porta und Fontana verliehen
ihr unter Sixtus V. nach oben hin die schlankere
Wölbung. Wir sehen hier die Kuppel in reiner
Ursprünglichkeit vor uns stehen und erquicken
uns an der von Michelangelo selbst konzipierten
Formenschönheit, bevor der leichtere Geschmack
des Barock sie verfälschte. Das interessante Mo-
dell wurde bisher in einem der oberen Säle der
Peterskirche, über der Cappella Clementina, auf-
bewahrt und ist jetzt zum erstenmal der Öffent-
lichkeit zugänglich gemacht. Ebenso das Modell
der Basilika von Antonio da Sangallo (dem
jüngeren), der von 1537—1546 den Petersbau leitete.
Der Grundriß — ursprünglich als griechisches
Kreuz mit vier Apsiden gedacht — wurde durch
die Anfügung eines vorderen Teiles in ein latei-
nisches Kreuz verwandelt, was dem Plane die
scharfe Kritik Michelangelos eintrug. Auch das
Modell war von einem Saal des Belvedere in den
Raum über der Cappella Clementina gebracht
worden. Gleichfalls in einem Saale der oberen
Basilika fand man unter Staub und Gerümpel die
sieben (eine fehlt), offenbar von Michelangelos
eigener Hand modellierten Terrakotten der Pro-
pheten, die für die Peterskuppel bestimmt waren.
Als Originale des großen Meisters kennzeichnet
sie vor allem ihre anatomische Vollendung. Auch
sie hat der Bau des neuen Museums, wo sie in
Vitrinen neben dem Modell der Kuppel Platz ge-
funden haben, aus einer unwürdigen Lage befreit.
Außer den genannten Kunstdenkmälern bewun-
dern wir hier eine ganze Reihe anderer, ebenfalls
interessanter und wertvoller Gegenstände. Unter
ihnen sind noch besonders hervorzuheben jene be-
rühmten Mosaiken aus dem 8. Jahrhundert, die
einst die Kapelle des Papstes Johannes VII. in
der alten Basilika schmückten, ferner die Relief-
fragmente der Kapelle Bonifazius VIII. Von den
heidnischen Denkmälern, die bei den Bauten an
der alten und neuen Basilika gefunden wurden,
konnte ein Zippus des Kybelekultus in das Museum
geschafft werden. Er stammt wahrscheinlich aus
dem Heiligtum der phrygischen Göttin, das sich
in der Nähe von S. Pietro befand. Man sieht dar-
auf die Embleme des Kultus der Göttin : die Pinie,
die Syringe, das Schaf und den Hirtenstab. Lange
Zeit stand der Zippus in der Kirche St. Michele
e Magno, wo er als Weihwasserbecken diente. Von
nicht geringerer kunsthistorischer Bedeutung ist
der Sarkophag des Probus, jenes römischen Prä-
tors und Prokonsuls, dem nicht nur in heidnischen,
sondern auch von christlichen Schriften Lob ge-
spendet wurde und der zu dem heiligen Ambrosius
in naher Beziehung stand, aus dem Ende des 4. Jahr-
hunderts. Das Relief der Vorderseite des Sarko-
phages stellt den jugendlichen Christus im Typus
des Apollo mit den Aposteln dar. Erwähnt sei
schließlich noch eine Kopie der in der Peters-
basilika befindlichen Navicella von Giotto aus dem
Jahre 1628. Sie wurde unmittelbar nach dem da-
mals bereits stark beschädigten Original ange-
fertigt und von Urban VIII. den Kapuzinern ge-
schenkt, aus deren Kirche sie jetzt in das Peters-
museum gelangte.
Noch viele andere wertvolle Stücke ließen sich
aus der wertvollen Sammlung herausgreifen. Aber
auch aus den bereits angeführten geht genügsam
hervor, daß es sich in dem Museum Petrianum
um eine Schöpfung erster Ordnung handelt, an
deren Tür der kunstbeflissene Rombesucher künftig
nicht mehr vorüberkönnen wird.