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Deutsche Gesellschaft für Christliche Kunst [Editor]
Die christliche Kunst: Monatsschrift für alle Gebiete der christlichen Kunst u. der Kunstwissenschaft sowie für das gesamte Kunstleben — 21.1924/​1925

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Dussler, Luitpold: San Francesco in Assisi
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Hoffmann, Richard: Kirchenneubauten von Architekt Richard Steidle, München
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https://doi.org/10.11588/diglit.53139#0306

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268

SAN FRANCESCO IN ASSISI

stört); untere Reihe: der Bau der Arche,
die Arche Noah, Isaaks Opfer, die drei Engel
bei Abraham, Isaak segnet Jakob, Isaak
segnet Esau, Joseph in der Zisterne, die
Brüder Josephs. Die linke Wand: obere
Reihe: die Verkündigung, die Heimsuchung,
die Geburt Christi, die Anbetung der Könige,
die Darstellung im Tempel, die Flucht nach
Ägypten, Jesus im Tempel, die Taufe Christi;
darunter: die Hochzeit in Kana, die Auf-
erweckung des Lazarus, die Gefangennahme
Christi, die Geißelung, die Kreuztragung,
die Kreuzigung, die Beweinung, die Frauen
am Grabe. Es würde zu weit führen, an die-
ser Stelle eine kritische Scheidung der Hände
zu versuchen, die an diesem Zyklus betei-
ligt waren; es sei nur vermerkt, daß die
Fresken mit den alttestamentlichen Darstel-
lungen denen des Neuen Bundes voraus-
gegangen sein dürften, zu welcher Annahme
Szenen wie der Judaskuß und die Beweinung
Christi berechtigen. Die Schwierigkeit einer
sicheren Einordnung dieser Wandgemälde
ist in ihrem Stil begründet: ein Mischstil,
dessen Formelemente deutlich die Tradition
der römischen Mosaizistenschule aufweisen
und zugleich Ansätze neuer Ausdrucksmög-
lichkeiten verraten, ohne freilich mit letz-
teren an Giottos durchgreifende Stilände-
rung heranzukommen. Neben den römischen
Meistern Cavallini und Torriti hat die For-
schung auch Giottos Lehrer Cimabue in
unserem Zyklus als Mitarbeiter erblicken
wollen und in der Tat entbehren diese Fest-
stellungen nicht der Grundlage; wissen wir
doch, daß Cimabue sowohl in der Unter-
kirche tätig war, wie auch, daß auf seine
Ausführung die Fresken des Chors und der
beiden Querschiffarme zurückgehen. Leider
sind diese Wandgemälde so stark zerstört,
daß wir uns eine Würdigung hier versagen

müssen. Der Name Giottos wird immer wie-
der ins Feld geführt, wenn von dem Zyklus
der Franziskuslegende die Rede ist, der die
untern Felder der beiden Wände des Lang-
hauses und der Eingangsseite der Oberkirche
ziert. Hier werden in 28 Bildern Szenen
aus dem Leben und Wirken des großen
Ordensstifters nach Bonaventuras Leben des
hl. Franz (1261) erzählt; die Illustrationen
dieses an so sympathischen Zügen reichen
Lebens des Heiligen sind aus einer roman-
tischen Bewunderung heraus über Gebühr
geschätzt worden. Es sei damit keineswegs
der künstlerische Wert der Darstellungen
vermindert: Szenen wie die Mantelspende,
das Quellwunder, die Stigmatisation, üben
einen Bann auf den Beschauer aus; der Mei-
ster verfügt über eine reiche Skala deko-
rativer Formeln, die er geschickt zur Wir-
kung zu bringen vermag, aber für Giotto
können die Arbeiten auch nicht als Jugend-
werke in Anspruch genommen werden. Von
der bis ins Letzte klaren und geordneten
Bildrechnung des großen Florentiners fehlt
hier alles, und wenn man den Zyklus in
Vergleich mit den gesicherten Werken des
Meisters zieht, kann kein Zweifel walten,
daß der Maler der Franz-Legende wohl in
den äußeren Apparat von Giottos Kunst
sich einzuleben verstanden, aber das Geniale
seiner Erfindung nicht begriffen hat. Gewiß
ist dem Gedächtnis des hl. Franziskus mit
jener Freskenreihe ein ebenso sinniges wie
ehrendes Denkmal gesetzt, das um so nach-
haltiger wirkt, weil es eine der stattlichsten
und schönsten mittelalterlichen Kirchenhal-
len Italiens schmückt, aber die letzte und
würdigste Aussage über den seraphischen
Heiligen danken wir der Kunst Giottos, mit
seinem Zyklus in der größten Franziskaner-
kirche des Südens, S. Croce in Florenz.

KIRCHENNEUBAUTEN
VON ARCHITEKT RICHARD STEIDLE, MÜNCHEN
Von RICHARD HOFFMANN

TAas Bedürfnis nach neuen Kirchen in den
rasch angewachsenen großen Pfarreien
der früheren Vorstädte Münchens, die jetzt
mit dem Kern der Stadt schon seit langer
Zeit in engster Verbindung stehen, ist in
den letzten Jahren ein äußerst dringendes
geworden. Vor dem Kriege gab es eine
Periode, in der schnell nacheinander sich
zu den älteren Stadtkirchen des 19. Jahr-
hunderts eine Reihe kirchlicher Neubauten

gesellte. Damit war jedoch die Kirchennot
noch lange nicht behoben. Dann kam der
unselige Weltkrieg, der auf weite Zukunft
unserem engeren und weiteren Vaterland
tiefe blutende Wunden geschlagen. Gleich
nach Beendigung des Krieges glaubte man,
daß die kirchliche Kunst in bezug auf Mo-
numentalbauten auf Dezennien hinaus brach-
liegen müßte. Wider alles Erwarten ist
diese Befürchtung — Gott sei Lob und Dank
 
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