DENKMALPFLEGE
das gekommen? Zu einem Gutteil durch unsere
Denkmalpflege.
Es ist fraglos, daß diese, ein Kind der neuesten
Zeit, ungemein fördernd auf die christliche Gegen-
wartskunst einwirkt. Sie nimmt in den Fragen
des künstlerischen Schaffens der Gegenwart und
in seinen Lösungen eine fördernde belebende Stel-
lung ein. Gerade aus der steten Beschäftigung
mit der vergangenen Kunst und aus der sich hier-
aus ergebenden Wertschätzung, aus der Obsorge
für ihre Erhaltung nicht bloß an und für sich,
sondern auch im Zusammenhang mit den Neu-
schöpfungen quillt unberechenbarer Segen für die
Gegenwartskunst. Die Forderung der Denkmal-
pflege, die gute alte Kunst durch Zutaten neuer
Kunst nicht zu schädigen und zu beeinträchtigen,
ruft wie von selbst das Verlangen nach gediegener
und darum frei und selbständig sich entfaltender
neuer Kunst hervor. Der Denkmalpflege, für die
in unseren Tagen die weitesten Kreise das denkbar
größte Interesse hegen, haben wir es heutigenTages
zu danken, daß man aus den Fehlern der Romantik,
besonders auf dem Gebiete kirchlicher Innenaus-
stattung, herausgekommen ist und sich bekehrt
hat. So wird jetzt eine wahre Sehnsucht darnach
geweckt, künstlerisch Gutes zu schaffen. Man gibt
sich nicht mehr mit seichter süßlicher Kunst ohne
Kraft und Ursprünglichkeit zufrieden, die sich
neben den noch so bescheidenen Werken vergan-
gener Kunst nicht behaupten kann, vielmehr kläg-
lich daneben absticht. Es hat lange genug ge-
braucht, daß wir uns endlich einmal von dem Ein-
fluß der Romantik, der mehr oder minder drückend
und hemmend auf neuer Kunstentfaltung lastete,
frei gemacht haben. Trotzdem dürfen wir uns
nicht verhehlen, daß auch heute noch viele das
Starke und Kraftvolle in Werken christlicher Ge-
genwartskunst kaum zu ertragen imstande sind,
eben deswegen, weil sie, vielleicht sich selbst un-
bewußt, immer noch an der Nachwirkung senti-
mentaler Gefühlskunst der Nachromantikkranken.
Da nun der Segen der Denkmalpflege für die
christliche Gegenwartskunst offenbar bedeutend
ist, so dürfte es gerade im Interesse einer frei
und selbständig sich entfaltenden Kunst unserer
Zeit im hohen Maße begrüßenswert sein, wenn
wir in den einzelnen Nummern unserer Zeitschrift
besonders lehrreiche Beispiele kirchlicher Denk-
malpflege namentlich auch in Verbindung mit dem
Schaffen der Gegenwartskunst zur allgemeinen
Kenntnis bringen.
Die ehemalige Augustinerchorherrnstifts-
kir ch e, jetzigePfarrkirche St.Petrus und Johannes
zu Berchtesgaden, erhielt in jüngster Zeit eine
umfangreiche Innenrestauration unter der künst-
lerischen Leitung des Landesamtes für Denk-
malpflege (Prof. Schmuderer). Die Restau-
rierungsarbeiten lagen in den Händen der Firma
Vitzthum und Sch 1 ee-Altötting mit Beiziehung
einheimischer Kräfte unter Malermeister Renot
in Berchtesgaden. Diese Restaurierung ließ die ein-
drucksvolle Schönheit des Raumbildes der Kirche
wieder neu erscheinen. Auf die Zeit all der Ver-
nachlässigung hin kann jetzt erst die aristokra-
tische Schönheit der Innenarchitektur wieder voll
und ganz gewürdigt werden. Die Kirche besteht
aus einer kraftvoll romanischen Westturmanlage,
einer daran sich schließenden dreischiffigen spät-
gotischen Halle um Mitte des 15. Jahrhunderts
und aus dem machtvollen frühgotischen Chorbau
vom Ende des 13. Jahrhunderts. Die Sprache der
wunderbaren Bausymbolik dieses merkwürdigen
Grundrisses ist durch die jüngste Innenrestaura-
tion besonders beredt geworden. Vordem wirkte
die in frostigen Tönen gehaltene und dazu durch
Zersetzungen und Flecken sehr schadhaft gewor-
dene Ausmalung aus dem 19. Jahrhundert höchst
unschön. Die Restauration des Innern mußte
wegen des im Langhause ausschließlich bestehenden
kalten Nordlichtes ihr Hauptziel daraufhin ver-
legen, daß eine möglichst helle und freundliche
Stimmung in den Raum getragen wird. Darum
sind alle Wände in ihren glatten Flächen und
Gewölben in reines Kalkweiß getaucht, während
die architektonischen Glieder, als da sind die
Dienste, Kapitäle, die Rippen und Schlußsteine
der frühgotischen Periode, ferner die lebhaften
Rippenfigurationen der Netzgewölbe und das Maß-
werk aus der spätgotischen Zeit beim Freilegen
im allgemeinen eine leichte Tönung erhalten haben.
Wie vorauszusehen war, hat es sich hier beim
Vorfinden alter Tönungen nur um untergeordnete
Farbreste gehandelt, die nicht störend empfunden
werden. Von um so größerer Wichtigkeit ist es
gewesen, daß derartige Reste nicht in der gleichen
Farbe zusammengeführt oder vielleicht gar ver-
stärkt werden. Lediglich ein violettgrauer, neu-
traler Ton, der je nach Notwendigkeit heller oder
dunkler aufgetragen worden ist, hat sich als ge-
eignet gezeigt, sämtliche Farbspuren zu verbinden.
Auf solche Weise und besonders auch durch ge-
schickte Handhabung beim Aufdecken bezw. Bloß-
legen ist jene einheitlich geschlossene Wirkung
erreicht worden, die heute im gesamten Innen-
raum so sehr entzückt. Und als ein Drittes haben
die reizvollen Oratorien des frühen und entwickel-
ten Rokoko in ihren mannigfaltigen Stuckdeko-
rationen die ursprüngliche Erscheinung wieder
erhalten. In all dieser wiedergewonnenen origi-
nalen Schönheit der Architektur repräsentiert sich
nun die Marmorpracht der machtvollen Altarauf-
bauten der Spätrenaissance sowie der warme Ton
des Eichenholzes im gotischen Chorgestühl, dann
wieder die verschiedenartige Farbenstimmung in
den Steinepitaphien vom Mittelalter beginnend
all die Stilperioden der darauffolgenden Jahrhun-
derte hindurch ganz besonders eindrucksvoll. Die
jüngste Innenrestaurierung hat uns alle diese
Schönheiten wiedergegeben. Sie hat uns die
zarte Formensprache der frühen Gotik in der
wunderbaren Anmut der Knospenkapitäle und
Laubwerkschlußsteine neu geschenkt, sie führt
uns den spielenden Reichtum in den Netzgewölben
der späten Gotik sowie die satte Farbenpracht
der spätgotischen Portale aufs neue vor Augen.
Jetzt erst wird uns das imposante Pathos in den
Altaranlagen klar, wie sie in ihrer wuchtigen
Architektur und in ihrer tiefen und satten Farben-
gebung von den im Licht getauchten Wandflächen
kontrastieren.
Ein interessantes Beispiel kirchlicher Denkmal-
pflege in Verbindung mit dem tüchtigen Schaffen
der Gegenwartskunst bietet die alte Martins-
k a p e 11 e, die durch die jüngste Restaurierung der
Stiftskirche zu Berchtesgaden in pietätvollster
Weise zu einer Kr i eg er ge d äc h t n i 'sk ap e 11 e
umgewandelt worden ist. Diese Kapelle im Erd-
geschoß des Ostflügels des wundersamen romani-
schen Kreuzganges angeordnet war früher Kapi-
telsaal. _ Ihre Architektur ist nicht mehr die ur-
sprüngliche. Zu Anfang des 14. Jahrhunderts wurde
der Raum verändert. Eine zweite Umgestaltung
fand in der Spätrenaissance statt. Die neue Weihe
geschah am 23. Juli 1679. Der Gedanke, diesen
das gekommen? Zu einem Gutteil durch unsere
Denkmalpflege.
Es ist fraglos, daß diese, ein Kind der neuesten
Zeit, ungemein fördernd auf die christliche Gegen-
wartskunst einwirkt. Sie nimmt in den Fragen
des künstlerischen Schaffens der Gegenwart und
in seinen Lösungen eine fördernde belebende Stel-
lung ein. Gerade aus der steten Beschäftigung
mit der vergangenen Kunst und aus der sich hier-
aus ergebenden Wertschätzung, aus der Obsorge
für ihre Erhaltung nicht bloß an und für sich,
sondern auch im Zusammenhang mit den Neu-
schöpfungen quillt unberechenbarer Segen für die
Gegenwartskunst. Die Forderung der Denkmal-
pflege, die gute alte Kunst durch Zutaten neuer
Kunst nicht zu schädigen und zu beeinträchtigen,
ruft wie von selbst das Verlangen nach gediegener
und darum frei und selbständig sich entfaltender
neuer Kunst hervor. Der Denkmalpflege, für die
in unseren Tagen die weitesten Kreise das denkbar
größte Interesse hegen, haben wir es heutigenTages
zu danken, daß man aus den Fehlern der Romantik,
besonders auf dem Gebiete kirchlicher Innenaus-
stattung, herausgekommen ist und sich bekehrt
hat. So wird jetzt eine wahre Sehnsucht darnach
geweckt, künstlerisch Gutes zu schaffen. Man gibt
sich nicht mehr mit seichter süßlicher Kunst ohne
Kraft und Ursprünglichkeit zufrieden, die sich
neben den noch so bescheidenen Werken vergan-
gener Kunst nicht behaupten kann, vielmehr kläg-
lich daneben absticht. Es hat lange genug ge-
braucht, daß wir uns endlich einmal von dem Ein-
fluß der Romantik, der mehr oder minder drückend
und hemmend auf neuer Kunstentfaltung lastete,
frei gemacht haben. Trotzdem dürfen wir uns
nicht verhehlen, daß auch heute noch viele das
Starke und Kraftvolle in Werken christlicher Ge-
genwartskunst kaum zu ertragen imstande sind,
eben deswegen, weil sie, vielleicht sich selbst un-
bewußt, immer noch an der Nachwirkung senti-
mentaler Gefühlskunst der Nachromantikkranken.
Da nun der Segen der Denkmalpflege für die
christliche Gegenwartskunst offenbar bedeutend
ist, so dürfte es gerade im Interesse einer frei
und selbständig sich entfaltenden Kunst unserer
Zeit im hohen Maße begrüßenswert sein, wenn
wir in den einzelnen Nummern unserer Zeitschrift
besonders lehrreiche Beispiele kirchlicher Denk-
malpflege namentlich auch in Verbindung mit dem
Schaffen der Gegenwartskunst zur allgemeinen
Kenntnis bringen.
Die ehemalige Augustinerchorherrnstifts-
kir ch e, jetzigePfarrkirche St.Petrus und Johannes
zu Berchtesgaden, erhielt in jüngster Zeit eine
umfangreiche Innenrestauration unter der künst-
lerischen Leitung des Landesamtes für Denk-
malpflege (Prof. Schmuderer). Die Restau-
rierungsarbeiten lagen in den Händen der Firma
Vitzthum und Sch 1 ee-Altötting mit Beiziehung
einheimischer Kräfte unter Malermeister Renot
in Berchtesgaden. Diese Restaurierung ließ die ein-
drucksvolle Schönheit des Raumbildes der Kirche
wieder neu erscheinen. Auf die Zeit all der Ver-
nachlässigung hin kann jetzt erst die aristokra-
tische Schönheit der Innenarchitektur wieder voll
und ganz gewürdigt werden. Die Kirche besteht
aus einer kraftvoll romanischen Westturmanlage,
einer daran sich schließenden dreischiffigen spät-
gotischen Halle um Mitte des 15. Jahrhunderts
und aus dem machtvollen frühgotischen Chorbau
vom Ende des 13. Jahrhunderts. Die Sprache der
wunderbaren Bausymbolik dieses merkwürdigen
Grundrisses ist durch die jüngste Innenrestaura-
tion besonders beredt geworden. Vordem wirkte
die in frostigen Tönen gehaltene und dazu durch
Zersetzungen und Flecken sehr schadhaft gewor-
dene Ausmalung aus dem 19. Jahrhundert höchst
unschön. Die Restauration des Innern mußte
wegen des im Langhause ausschließlich bestehenden
kalten Nordlichtes ihr Hauptziel daraufhin ver-
legen, daß eine möglichst helle und freundliche
Stimmung in den Raum getragen wird. Darum
sind alle Wände in ihren glatten Flächen und
Gewölben in reines Kalkweiß getaucht, während
die architektonischen Glieder, als da sind die
Dienste, Kapitäle, die Rippen und Schlußsteine
der frühgotischen Periode, ferner die lebhaften
Rippenfigurationen der Netzgewölbe und das Maß-
werk aus der spätgotischen Zeit beim Freilegen
im allgemeinen eine leichte Tönung erhalten haben.
Wie vorauszusehen war, hat es sich hier beim
Vorfinden alter Tönungen nur um untergeordnete
Farbreste gehandelt, die nicht störend empfunden
werden. Von um so größerer Wichtigkeit ist es
gewesen, daß derartige Reste nicht in der gleichen
Farbe zusammengeführt oder vielleicht gar ver-
stärkt werden. Lediglich ein violettgrauer, neu-
traler Ton, der je nach Notwendigkeit heller oder
dunkler aufgetragen worden ist, hat sich als ge-
eignet gezeigt, sämtliche Farbspuren zu verbinden.
Auf solche Weise und besonders auch durch ge-
schickte Handhabung beim Aufdecken bezw. Bloß-
legen ist jene einheitlich geschlossene Wirkung
erreicht worden, die heute im gesamten Innen-
raum so sehr entzückt. Und als ein Drittes haben
die reizvollen Oratorien des frühen und entwickel-
ten Rokoko in ihren mannigfaltigen Stuckdeko-
rationen die ursprüngliche Erscheinung wieder
erhalten. In all dieser wiedergewonnenen origi-
nalen Schönheit der Architektur repräsentiert sich
nun die Marmorpracht der machtvollen Altarauf-
bauten der Spätrenaissance sowie der warme Ton
des Eichenholzes im gotischen Chorgestühl, dann
wieder die verschiedenartige Farbenstimmung in
den Steinepitaphien vom Mittelalter beginnend
all die Stilperioden der darauffolgenden Jahrhun-
derte hindurch ganz besonders eindrucksvoll. Die
jüngste Innenrestaurierung hat uns alle diese
Schönheiten wiedergegeben. Sie hat uns die
zarte Formensprache der frühen Gotik in der
wunderbaren Anmut der Knospenkapitäle und
Laubwerkschlußsteine neu geschenkt, sie führt
uns den spielenden Reichtum in den Netzgewölben
der späten Gotik sowie die satte Farbenpracht
der spätgotischen Portale aufs neue vor Augen.
Jetzt erst wird uns das imposante Pathos in den
Altaranlagen klar, wie sie in ihrer wuchtigen
Architektur und in ihrer tiefen und satten Farben-
gebung von den im Licht getauchten Wandflächen
kontrastieren.
Ein interessantes Beispiel kirchlicher Denkmal-
pflege in Verbindung mit dem tüchtigen Schaffen
der Gegenwartskunst bietet die alte Martins-
k a p e 11 e, die durch die jüngste Restaurierung der
Stiftskirche zu Berchtesgaden in pietätvollster
Weise zu einer Kr i eg er ge d äc h t n i 'sk ap e 11 e
umgewandelt worden ist. Diese Kapelle im Erd-
geschoß des Ostflügels des wundersamen romani-
schen Kreuzganges angeordnet war früher Kapi-
telsaal. _ Ihre Architektur ist nicht mehr die ur-
sprüngliche. Zu Anfang des 14. Jahrhunderts wurde
der Raum verändert. Eine zweite Umgestaltung
fand in der Spätrenaissance statt. Die neue Weihe
geschah am 23. Juli 1679. Der Gedanke, diesen