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Deutsche Gesellschaft für Christliche Kunst [Hrsg.]
Die christliche Kunst: Monatsschrift für alle Gebiete der christlichen Kunst u. der Kunstwissenschaft sowie für das gesamte Kunstleben — 21.1924/​1925

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AUSSTELLUNGEN

AUSSTELLUNG
CHRISTLICHE KUNST INNSBRUCK
14.—25. AUGUST
Die Ausstellung, die der Verband der Vereine
katholischer Akademiker zur Pflege
katholischer Weltanschauung gelegentlich
seiner Tagung in Innsbruck (14.—21. August) ver-
anstaltete, dürfte nicht als ein für sich bestehen-
des Unternehmen, das eine geschlossene Über-
sicht über das religiöse Kunstschaffen der Gegen-
wart bieten wollte, sondern bloß als eine Begleit-
erscheinung der Tagung, als eine rasch gezeich-
nete Illustration des Tagungsprogrammes ange-
sehen werden. Der Eindruck des etwas zufällig
und im letzten Augenblicke zusammengetragenen
Bestandes und das Fehlen vieler Künstler, die
unbedingt im Rahmen einer religiösen Kunstaus-
stellung hätten vertreten sein müssen, konnte nur
unter dieser Voraussetzung dem Gebotenen keinen
Eintrag tun. Aber es zeigte andererseits gerade
dieser zufällig geführte Querschnitt durch das
Kunstschaffen der Gegenwart, wieviele junge Kräfte
sich der religiösen Kunst zuwenden und wieviele
frische lebensfähige Keimzellen für eine neue reli-
giöse Kunst im Organismus des modernen Kultur-
lebens stecken.
Eine Abkehr vom platten Naturalismus, der
sich auch der religiösen Kunst der letzten Dezen-
nien mit einer unheimlichen Gemütlichkeit ange-
biedert und mit sentimentaler Freundlichkeit ein-
gebürgert hatte, war die gemeinsame Note aller,
die sich hier im Dienste der religiösen Ideen zu-
sammengefunden hatten. Das Problem, einen über-
irdischen Gedanken im Bilde zum Ausdruck zu
bringen, ist überall nach der Richtung hin zu
lösen versucht, daß die äquivalente Ausdrucksweise
dafür eine über den Naturalismus hinausgehende
Form sein muß. Die einen suchen sie im Zurück-
greifen auf Vorbilder früherer Zeiten, die anderen
in mehr selbstständigen Abstraktionen von der
optischen Erscheinungswelt, wieder anderen kommt
sie aus einem visionären Schauen der Dinge. Alle
treten mit heiliger Scheu oder ernster Würde, mit
fast kindlichen Gebärden oder im Ringen um die
Erkenntnisse der höheren Welt, an das Heilige
heran. Das innere Erleben, die innere Vorstellung
wird für das Gestalten maßgebend. Und wenn
auch diese Expression für den Beschauer vielfach
noch infolge einer allzu individuellen Einstellung
des Schaffenden oft Widerspruch erwecken wird,
im Prinzipe ist eine Entmaterialisierung der For-
men zugunsten der Vergeistigung der Darstellung
gerade in der religiösen Kunst ein durchaus ent-
sprechendes. Mittel zum Zwecke.
Aus dem Gebiete der Malerei waren auf der
Ausstellung hauptsächlich Entwürfe und Skizzen
zu sehen, von J. Faistauer (Salzburg) Entwürfe
für die Ausmalung der Kirche in Morzg bei
Salzburg, rasche interessante Einblicke in sein
Schaffen, die aber nur eine Ahnung von dem vor
Jahren ausgeführten herrlichen Werke diesesKünst-
lers geben, der in einem koloristisch ungewöhnlich
feingewebten Kleide sein zartes minnehaftes Emp-
finden hüllt. Die Skizzen von A. Wach (Braun-
au), sicher in der Zeichnung, von abgeklärter
Mäßigung in der Form, wecken den Wunsch, daß
diesem Maler recht bald eine Kirche zum Schmucke
übergeben werden möge: er wird die Klippe, das
gesunde Empfinden der Gemeinde zu befriedigen,
ohne den künstlerischen Forderungen einen Ein-

trag zu tun, leicht überwinden. P. H e c k e r (Köln),
der die Mechternkirche in Köln mit vorzüglichen
Gemälden ausgeschmückt hat, ist nur mit einem
Entwürfe für ein großes Gemälde »Christus und
die Welt« vertreten.
Die hl. Familie von E. Nepo (Innsbruck) zeich-
net eine feine an alte Gobelins erinnernde Farben-
stimmung aus, sein Hausaltärchen innige Poesie.
P. Troyers (Innsbruck) Kreuzigung zeigt, daß
die gute Beherrschung der Zeichnung kein Hin-
dernis bietet zum Aufstieg über die materielle
Erscheinungsform, sondern gerade die Grundbe-
dingung für ihre Bezwingung werden muß. Die
flüchtigen, karg erscheinenden Zeichnungen der
G. Baur-Nütten (Düsseldorf) lassen kaum ver-
muten, daß diese Künstlerin in einer Hauska-
pelle in Rom ungewöhnlich tüchtige Arbeiten aus-
geführt hat. Prof. Egger-Lienz ist durch eine
Darstellung der Parabel vom Sämann und Teufel
und eine Anbetung der Hirten vertreten, seine
gereifte Kunst wirkt unter den vielen erst Heran-
reifenden doppelt abgeklärt. H. Andre (Inns-
bruck) erweckt in seiner schmerzhaften Madonna
Erwartungen, wenn er den ihm angeborenen guten,
volkstümlichen Ton nicht in einer verkünstelten
Sprache verliert. In einem Zyklus von Entwürfen
für Glasgemälde, die einen »Tempel der Mensch-
heit« zieren sollen, wirkt H. Eibl (Wien) in
erster Linie durch den großzügigen, gedankentiefen
Bildinhalt. Hier spricht ein tief in und über die
Zeiten sehender Philosoph Bild für Bild Wahr-
heiten und Weisheiten aus, die von hoher Geistes-
warte verkünden, daß eine große Kunst immer
mehr suchen wird als nur raffinierte Luftstim-
mungen, Beleuchtungseffekte und rein koloristische
Probleme. Er setzt der l’art pour l’art mutig die
Kunst im Dienste einer Idee entgegen und geht
überzeugt den Weg zurück zu einer lang und
ungerecht mißachteten mittelalterlichen Auffas-
sung. Seine großartigen Gedankenkombinationen
sind aber auch in guter, leicht an die Beuroner
Schule anklingender Formgebung zum Vortrag
gebracht. Eine der stärksten Leistungen der Aus-
stellung ist der Karton für eine Deckenmalerei
»Apokalypse« von G. Ju ng (Salzburg),gleich groß-
artig in der Macht der Vision wie in der Sicher-
heit der Zeichnung. Die riesige Kohlenzeichnung,
die wohl hundert Gestalten im wilden Wirbel in
dunklen und hellen Massen um ein Zentrum (Ma-
ria,, die Gebärende) wie mächtige Nebelschwaden
durch die Lüfte schleudert, ist gedacht für eine
38 m lange Decke der Universität in Salzburg.
Der Gedanke würde traurig stimmen, wenn viel-
leicht die Ungunst der Zeit oder ein Mißverstehen
dem Entwürfe die Ausführung versagen würde. —
Die graphischen Künste waren gut vertreten durch
G. Baur-Nütten (Düsseldorf), Rademacher
(Köln), Rausch (München), T. Wendling
(Schaag), B. Schneider (Obermenzing) und
R. Schi es tl (Nürnberg). Den ornamentalen
Entwürfen für Teppiche und Mosaikwände von
Thor n-Pr ikker (Düsseldorf), auf die Museums-
direktor Dr. M. Creutz, Krefeld, bei seinen ge-
legentlich der Tagung abgehaltenen Aussprachen
besonders hingewiesen hat, kommen hohe deko-
rative und farbige Werte zu.
Die Bildhauerei war besonders stark beschickt
durch B. Müller (Charlottenburg) und seine Ge-
mahlin J. M ü 1 1 e r-W i e g m a n n. Beide sind form-
verwandt und greifen noch etwas zu auffallend
auf frühe Vorbilder zurück, doch zeigten die Ar-
beiten durchaus ein ehrliches Suchen nach ein-
 
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