was noch im laufenden Jahre der Fall sein dürfte, werden also beide Museen
einander chronologisch ergänzen und vervollständigen.
Inzwischen sind noch dem „Museum moderner westlicher Kunst“
verschiedene Einzelwerke zugeflossen, hauptsächlich aus dem sogenannten
Museumfonds, der seinerzeit aus den nationalisierten und requirierten Kunst-
sammlungen gebildet wurde, zum Teil aber auch aus anderen Museen und
durch Ankäufe. Zu erwähnen wären da vor allem zwei große charakteristische
Gemälde von Zuloaga, eine miniaturenhafte Komposition ,,Nacht“ von Gustave
Moreau, zwei effektvolle Studien Van Dongens, ein sehr feiner Le Fauconnier,
ein vortrefflicher Pissaro sowie einige interessante Zeichnungen. Einzig das
Ostrouchoff-Museum, das auch jetzt von seinem ehemaligen Besitzer, dem
Maler und Kunstschriftsteller Ilja Ssemjonowitsch O., geleitet wird, ist un-
berührt geblieben und bewahrt wie vordem seinen Besitz an modernen Fran-
zosen. Es ist erfreulich, daß der intime Eindruck dieser Sammlung nicht der
Strenge des musealen Programms geopfert wurde.
Max Osborn hat an dieser Stelle schon darauf hingewiesen, daß die ehe-
maligen Schtschukinsche und Morosoffsche Galerie, trotz ihres analogen
Charakters und obwohl einzelne erstklassige Künstler bald hier, bald dort
glücklicher vertreten sind, in ihrem Gesamteindruck doch verschieden wirken.
In der Tat fällt der Vergleich stets zugunsten der Sammlung Schtschukin aus.
Eine strengere Auswahl, größere Beschränkung auf einzelne Namen und ein
deutlicheres Programm fallen hier sofort ins Auge und verleihen der ganzen
Sammlung ihr eigenes cachet. Bei Morosoff, der übrigens auch russische
Malerei sammelte, ist der Eindruck weniger einheitlich und manches Bild aus
diesen Sälen dürfte sicher früher oder später ins Depot wandern. Bezeichnend
ist schließlich, daß, während hier ein großer Festraum durch den Eklektiker
Maurice Denis mit schwerfälligen Wandmalereien — dem Zyklus „Amor und
Psyche“ — ausgeschmückt wurde, die mit dem Hauptinhalt der Galerie wenig
Gemeinsames haben, der Eintretende bei Schtschukin schon im Treppenhause
den Matisseschen, seinerzeit im „Blauen Reiter“ reproduzierten Panneaux
gegenübersteht und bereits im voraus gewissermaßen auf den entsprechenden
Ton vorbereitet wird.
Es wäre jedoch übertrieben, zu behaupten, Ss. J. Schtschukin hätte schon bei
Beginn seiner Sammlertätigkeit, der ins Ende der neunziger Jahre des vorigen
Jahrhunderts fällt, ein bestimmtes künstlerisches Programm verfolgt. Ganz im
Gegenteil kaufte er in der ersten Zeit, was auf dem Pariser und auch anderen
Kunstmärkten Tagesruhm genoß und auf den ersten Sezessionsausstellungen
Trumpf war. Ein aufmerksamer Besucher der Sammlung bemerkt leicht, daß
der einstige Besitzer die Whistler- und Schottenbegeisterung — James Pater-
son und M. Stevenson — mitgemacht hat, daß er den Führern des Champ de
Mars-Salons in der Person Carrieres, der Trias Cottet—Lucien Simon—
Menard, sowie Gaston Latouches gehuldigt und sich für Brangwyn, Thaulow
— ich erinnere mich noch, daß letzterer zwischen den Monets hing — und
Zuloaga eingesetzt hat. Er hatte schließlich auch zwei Liebermannsche
Pastelle und sogar den von der Morris Company gewirkten Teppich nach der
„Anbetung der Könige“ von Burne-Jones erworben. Eine besondere Vorliebe
besaß Schtschukin in jener Zeit für den wenig bekannten, sympathischen
Maurice Lobre, der sich die Wiedergabe der Räume des Versailler Schlosses
zur Spezialität erkoren, von welchem die Sammlung drei sehr ansprechende
Interieurs besaß, zu denen sich neuerdings noch ein viertes aus anderer Quelle
gesellte. Bleibend als Wert erscheint mir unter diesen frühen Ankäufen beson-
ders der Entwurf zum „Armen Fischer“ von Puvis de Chavannes (Abb.), der
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einander chronologisch ergänzen und vervollständigen.
Inzwischen sind noch dem „Museum moderner westlicher Kunst“
verschiedene Einzelwerke zugeflossen, hauptsächlich aus dem sogenannten
Museumfonds, der seinerzeit aus den nationalisierten und requirierten Kunst-
sammlungen gebildet wurde, zum Teil aber auch aus anderen Museen und
durch Ankäufe. Zu erwähnen wären da vor allem zwei große charakteristische
Gemälde von Zuloaga, eine miniaturenhafte Komposition ,,Nacht“ von Gustave
Moreau, zwei effektvolle Studien Van Dongens, ein sehr feiner Le Fauconnier,
ein vortrefflicher Pissaro sowie einige interessante Zeichnungen. Einzig das
Ostrouchoff-Museum, das auch jetzt von seinem ehemaligen Besitzer, dem
Maler und Kunstschriftsteller Ilja Ssemjonowitsch O., geleitet wird, ist un-
berührt geblieben und bewahrt wie vordem seinen Besitz an modernen Fran-
zosen. Es ist erfreulich, daß der intime Eindruck dieser Sammlung nicht der
Strenge des musealen Programms geopfert wurde.
Max Osborn hat an dieser Stelle schon darauf hingewiesen, daß die ehe-
maligen Schtschukinsche und Morosoffsche Galerie, trotz ihres analogen
Charakters und obwohl einzelne erstklassige Künstler bald hier, bald dort
glücklicher vertreten sind, in ihrem Gesamteindruck doch verschieden wirken.
In der Tat fällt der Vergleich stets zugunsten der Sammlung Schtschukin aus.
Eine strengere Auswahl, größere Beschränkung auf einzelne Namen und ein
deutlicheres Programm fallen hier sofort ins Auge und verleihen der ganzen
Sammlung ihr eigenes cachet. Bei Morosoff, der übrigens auch russische
Malerei sammelte, ist der Eindruck weniger einheitlich und manches Bild aus
diesen Sälen dürfte sicher früher oder später ins Depot wandern. Bezeichnend
ist schließlich, daß, während hier ein großer Festraum durch den Eklektiker
Maurice Denis mit schwerfälligen Wandmalereien — dem Zyklus „Amor und
Psyche“ — ausgeschmückt wurde, die mit dem Hauptinhalt der Galerie wenig
Gemeinsames haben, der Eintretende bei Schtschukin schon im Treppenhause
den Matisseschen, seinerzeit im „Blauen Reiter“ reproduzierten Panneaux
gegenübersteht und bereits im voraus gewissermaßen auf den entsprechenden
Ton vorbereitet wird.
Es wäre jedoch übertrieben, zu behaupten, Ss. J. Schtschukin hätte schon bei
Beginn seiner Sammlertätigkeit, der ins Ende der neunziger Jahre des vorigen
Jahrhunderts fällt, ein bestimmtes künstlerisches Programm verfolgt. Ganz im
Gegenteil kaufte er in der ersten Zeit, was auf dem Pariser und auch anderen
Kunstmärkten Tagesruhm genoß und auf den ersten Sezessionsausstellungen
Trumpf war. Ein aufmerksamer Besucher der Sammlung bemerkt leicht, daß
der einstige Besitzer die Whistler- und Schottenbegeisterung — James Pater-
son und M. Stevenson — mitgemacht hat, daß er den Führern des Champ de
Mars-Salons in der Person Carrieres, der Trias Cottet—Lucien Simon—
Menard, sowie Gaston Latouches gehuldigt und sich für Brangwyn, Thaulow
— ich erinnere mich noch, daß letzterer zwischen den Monets hing — und
Zuloaga eingesetzt hat. Er hatte schließlich auch zwei Liebermannsche
Pastelle und sogar den von der Morris Company gewirkten Teppich nach der
„Anbetung der Könige“ von Burne-Jones erworben. Eine besondere Vorliebe
besaß Schtschukin in jener Zeit für den wenig bekannten, sympathischen
Maurice Lobre, der sich die Wiedergabe der Räume des Versailler Schlosses
zur Spezialität erkoren, von welchem die Sammlung drei sehr ansprechende
Interieurs besaß, zu denen sich neuerdings noch ein viertes aus anderer Quelle
gesellte. Bleibend als Wert erscheint mir unter diesen frühen Ankäufen beson-
ders der Entwurf zum „Armen Fischer“ von Puvis de Chavannes (Abb.), der
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