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Heidelberger Anzeiger: unparteiische Tageszeitung für jedermann: Heidelberger Anzeiger: unparteiische Tageszeitung für jedermann — 1886

DOI issue:
Nr. 1 - Nr. 10 (2. Januar - 13. Januar)
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https://doi.org/10.11588/diglit.42545#0017

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nn











Erſcheint taglich, Sonntags ausge⸗

Kommen, Preis monatlich 20 Pfßz..

mit dem Illuſtrierten Unterhaltungs⸗

Blatt 32 Mfg, — Wird in ber gangen

RE beriellt und au ben Straßens
ecken angeſchlagen.









in: Buckskins, Winter-




Naturhist. med. Verein,
Freitag, den 8. Januar :
0. Bütschli:
Abteilung der Glocken - Tierchen (Vor-
_licellinen) aus einfacheren Infusorien.

Gi. M.

Samstag abend 8 Uhr
— Skiſtungs- Feſt.

Allgem. Deulſcher Jagdſchuh⸗
UELI
Sektion Heidelberg.
in Freitag abend 9 Nor BVBerjfammlung
„Weißen Schwan“.
ageSordnung: Belohnungen.
Feſtzug





— —

Bürgerlidhe Sterbe:,

früher Feuer - Piquels- Kafle.
Gegründet 1827.
m Sonntag, den 10. Januar 1886, nach⸗
mittags paeis, holb 2, ũht, findet die
Ne dentlihe Plenar· Verſammlung
m 1 Softbauß Zum qoldenen Engel“ dahier
1 Tages-Ordnung:
Rechen ſchaftsbericht vom zw:iten Halb-
Jahr 1885,
rgänzungswahl des Verwaltungsrates
und Aufnahme neuer Mitglieder.
Hierzu ladet die verehrlichen Mitglieder

ergebenſt ein
— Der Vorſtand.

Central-Kraukenkaffe der Manter,
Steinhauer, Gypfer, Stukkateure
(Cüncher.)

9 Sonntag, den 10. Januar, nadmittags
n U5r Beitrag: Erhebung im Lokal (Hor-
uthei. Der Orts-Vorſtand.

Deulfder Gewerk-Verein,

Son ntag, den 10. d. M., nachmittags
B halb 2 Uhr in der Karlsburg
eitrag⸗Erhebung. Aufnahme
neuer Mitglieder.
Der Vorstand.

W aſſermannſchaft.

Wontag abend 8 Uhr bei Eiſinger.

f Zwei {Harte Einlegihweine zu verlau-
{n, Rangierbahnhof 5.
— — —







Das Fräulein von Birkenweiller.

Roman von A. Lütetsburg.

(31. Fortſetzung.)
Nachdem nun einmal von zwei Seiten beſchloſſen
nn Helene zu beobachten und zu bewachen, {0
one e8 nicht ausbleiben, daß man fie [hon am
Olgenden Abend um Ddiejelbe Stunde das Schloß
krlaſſen ſah. Arthur ftand oben am Fenfter und
5 argot hinter einem Pfeiler des Portales. Die
ebtere hatte ſogar noch den Verſuch gemacht, ihr
folgen, aber fie war fo furdtjamer Natur, daß
N ihren Vorſatz aufgab, als fie Helene den Weg
1 den Wald nehmen fah.
di Nun war aber ihr Entfchluß gefaßt, fie wollte
u Deuchlerin in Gegenwart von Zeugen Kompro-
lttieren und ſie zwingen, ihre nächtlichen Ausflüge
inzugeſtehen. Zu dieſem Zweck begab ſie ſich noch
zu den Varoneſſen von Legdorf, die in einigen
Sagen Schloß Birfenweiler verlaffen wollten, um
nn mit dieſen Rückſprache zu nehmen; ſie wußte
win daß fie bei denjelben ein wiliges Ohr finden
ME wenn es ſich darum handelte, der „koketten“
irtſchaftsmamſell einen Streich zu ſpielen.
bei «Margot fand die beiden Damen noch eifrig
A der Arbeit; ſie waren beſchäftigt, ihrer Jungfer
Nlweijungen zur Veränderung einer Toilette zu
© en und fanden jo mandherlei zu befehlen und zu
ein, daß das arme junge Mäddhen nur mit
Ne die Thränen unterdrücte und froh war, als
de 801 ihre Peinigerinnen bat, die Iungfer für
teil Abend zu entlaffen, da fie ihnen wichtige Mit:
Ungen zu machen Habe.
Diet Dann wurde viel heimlich geſprochen und
üb gefichert. Unter den Damen herrſchte eine
erbte tige Laune und endlich, als fie fich trennten,
ielt die Jungfer ben. Auftrag, fihH nicht zu Bett
weg Se, Jondern die Damen um Halb vier Uhr zu
— en, indem die ältere Baroneſſe es nötig hielt,
nic ine Drohung hinzuzuſügen, falls ihre Wünſche
Ot pünktlid ausgeführt weıden würden,











Gebrüder









für die reichen Blumenſpenden








Konzert und



Anfang 7’ Uhr







151





HaushalktungSbücher, jebr proktijd eins
gerichtet,
B. Küſtner's Nachfolger. Bopierhaudblung,

























farbigen Hemden-Stoffen, J

Ehrmann








und für die troftreiche Grab:

Vorstellung


Entrée frei.

Hauptſtraße 151.




“Bu verkaufen em GlaS-BVerflag, ge
für teilung eines Zimmer3 oder Ladens.
erfrogen Heumarkt 8.

que
Zu










Alle Zuſendungen werden (rau. 9
erbeten.

Für die Auſnahme von Anzeigen

an beſtinimt vorgeſchriebenen Tagen

wird keine Verantmortlichkelt ũber⸗
nommen.

1886,






Die

Vergnügungs-Kommission.


Gesellschaftsanzuge zu erscheinen.


ist der Eintritt




durch die Direktion Eintrittskarten.


Die Direktion.


Hierzu ladet die verehrl. Mitglieder



|
|
{
4
1
{



ein

Der Vorstand.

*
BB











ergebenſt einladet

8




Barchente,
Federköner,
Federleinen,








bis Sar8tag morgen
offen, wozu
Das Comite.











Rosshaate,
SeegTAS,
Feder,
Flaum.











I



Helene Hatte indejjen feine Ahnung von dem
Anſchlag, der gegen fie ausgeführt werden follte,
Sie war fo mandje Nacht vom Schlofje fern gewefen
und nur Lotta hatte von ihrer Abwefenheit gewußt
— wer fragte auch, wo fie blieb? Bon banger
Sorge gepeinigt, eilte fie den wohlbekannten Weg
entlang der Klaufe zu und war Üüberglüclich, als fie
Tante Karoline außerhalb des Bettes fand. Diefelbe
jagte ihr, daß ihr Befinden befjer fei und fie einen
Boten nach der Stadt zu einem Notar gefandt Habe,
um ihren legten Willen aufzufeben.

Helene feufzte tief auf, ihr Herz war von banger
Sorge erfüllt. Wenn das alte Fräulein ftarb —
wer blieb ihr dann?

Tante Karoline mochte wohl diefe oder Ähnliche
Gedanken in ihrer bekümmerten Miene leſen und
ein ſanftes Lächeln umſpielte ihren Mund.

„Ich fühle mich beſſer, Helene, aber die letzte
Krankheit hat mid doch aufmerkſam gemacht, daß
ich nichts mehr auſfſchieben, ſondern lieber das
thun ſoll, was ich längſt hätte thun müſſen. Ich
wollte ſo lange warten, Helene, bis Du das Alter
erreicht haſt, das Dich frei macht. Iſt es Stolz,
iſt es unverſöhnlicher Haß gegen die von Birken—
weiler, oder was es ſonſt iſt, ich vermag mir ſelbſt
darüber keine Rechenſchaft zu geben, aber ich weiß,
daß ich es ſeither als eine Unmöglichkeit betrachtet
habe, inich Deinetwegen mit den Schloßbewohnern
in Verbindung zu ſetzen. Dieſe Gefühle habe ich
überwunden — es muß ſein. Ich will nicht, daß
Du in dieſen drückenden Verhältniſſen bleibſt. Wie
Du an Reichtum des Wiſſens Margot ohne Zweifel
überlegen biſt, ſo wirſt Du es auch mit irdiſchen



Schätzen ſein und ich hoffe, daß Du alsdann

ſein wirft?”

Helene war erſchreckt, keine Spur von Freude
oder Genugthuung drückte ſich bei dieſen Worten
der alten Dame in ihrem Antlitze aus. Vor ihr
{tand ein anderes Bild. Was würde die Freiherrin, !
was würde Margot von ihr jagen, wenn Zante



Karoline ihren Borjag zur Ausführung brachte?



und mit vollem Recht? Das alte Fräulein war eine
leibliche Tante des jungen Freiherın, ohne Zweifel
war er der Erbe ihres Vermögens und fie jollte
denſelben berauben?

„Tante Karoline, Du ſiehſt, Deine Worte er—
ſchrecken mich und gewiß nicht grundlos,“ ſagte ſie
nach einet Paufe traäurig. „So ſehr ich auch dieſen
großen Beweis Deiner Liebe und Zuneigung zu
ſchätzen weiß, ſo würde es mich doch tief betruͤben,
wollteſt Ou Deinen Vorſatz zur Ausführung bringen
und ich würde mich gezwungen ſehen, Dein groß—
mütiges Geſchenk zurückzuweiſen. Niemals kann
ich den Vorwürf auf mich laden, einen wenig löb—
lichen Weg gegangen zu ſein, um mich in den Beſitz
eines Vermögens zu ſetzen, das nicht mir zukommt.“

Mit allen Zeichen der größten Verwunderung war
die alte Dame den Worten ihres Schützlings gefolgt.

„Helene — Du könnteſt thöricht genug ſein,
den Reichtum auszuſchlagen, mit dem ich Deine
Treue und Anhänglichkeit nur teilweiſe belohnen
möchte? Haſt Du bedacht, welcher Zukunft Du
entgegengehſt, wenn Du nicht die Mittel beſitzen
wirſt, Dich Verhältniſſen zu entreißen, die ſo drückend
auf Dir laſten? Niemand wird wagen, Dich mit
einem Verdacht zu beſchmutzen, der ſo jeden Grundes
entbehrt. Und das Eine wenigſtens laſſe Dir
geſagt ſein: Kein Glied der Familie dieſes Frei-
herrn von Birkenweiler wird jemals einen Heller
ineines Vermögens erben: eher — ja weit eher
würde ich meine Schätze dort unten im Fluſſe ver⸗
ſenken und ſich den roten Strom darüber hinweg—
wälzen laſſen.“

Tante Karoline hatte ſeltſam erregt geſprochen
und in ihren Augen leuchtete es einen Moment

ſo ruhig und freundlich wie immer und ohne das
leiſeſte Beben ihrer Stimme fuhr ſie fort, indem fie
Helenens weiches Haar glättete:

„Du biſt ein thörichtes kleines Ding und haſt
mich durch Deinen Unverftand in eine unnüge Aufs
regung ‚verfeßt, Mein Wille ift unerſchütterlich



und wenn Du e8 denn eines Tages mit Deinem
Gewiſſen vereinbaren kannſt, ein Erbe auszuſchlagen,
das Dir eine Frau zugewendet, die Dir nach beſten
Kräften die Mutter erſetzt hat und der Du eine
Tochter geweſen biſt, ſo kann ich nur dagegen ein—
wenden, daß Du ein großes Unrecht begehen würdeſt.
Doch nun wollen wir die ganze Angelegenheit ruhen
laſſen. Ich habe Dir meine unumwundene Meinung
geſagt und hoffe, Du biſt verſtändig genug, Deine
eigene Thorheit einzuſehen.“

Helene hätte noch Manches entgegnen mögen,
aber ſie fügte ſich ſchweren Herzens dem Wunſche
des Fräuleins und ſaß dann einige Augenblicke in
tie fes Sinnen verloren. Ein drohendes Ungewitter
zog ſich über ihrem Haupte zuſammen und ſo ſehr
fürchtete ſie die niedere Geſinnuͤng der Freiherrin, daß
der Gedanke an. den Moment, wo man auf Birken:
weiler die Entdedung machen würde, daß fie im
Zufammenhang mit der Klaufe geftanden, fie mit
Ängſt und Entjegen erfülte, die fie nur mit Mühe
den Augen des Fräuleins verbergen Konnte.

Helene hatte niemals geklagt, nie auch nur von
den mancherlei Demütigungen geſprochen, womit
man fie im Schlofje überhäuft. Sie würde fich
ſelbſt für eine Undankbare gehalten Haben, wenn fie
mehr verlangt hätte, als man ihr gab, wenn ſie
auch manches Mal in der Bitterkeit ihres Herzens
ſich ſagte, daß ſolche Wohlthaten eigentlich keine
ſeien. Heute konnte ſie aber doch nicht unterlaſſen,
dem alten Fräulein zu ſagen, daß die Freiherrin
von ihrer geiſtigen Ausbildung erfahren habe. Tante
Karoline ſchien ſehr erſchreckt.

„Es war ſehr unvoͤrſichtig, Helene, Dich beim
Leſen eines franzöſiſchen Buches ertappen zu laſſen,“
ſagte ſie mit leiſem Vorwurf.

Helene erzählte ihr die näheren Umſtände. Es
ſei ſo viel zu thun geweſen und der längere Auf—
enthalt auf der Bleiche in der friſchen Luft habe ſie
müde gemacht. Dennoch Hätte fie gern eine Halbe
Stunde geiftige Erholung Juden wollen und jet {0
über ihrem Buche einge[Alafen, wo Margot fie
gefunden und e$ ihr dann entrifjen habe,



„Und was fjagte die Freiherrin ?“

„Frau von Birkenweiler war zuerft furchtbar
aufgebracht und fchalt mid eine Schlange, die fie
groß gezogen. Ich mache mir oft ſelbſt Vorwürfe,
Tante Karoline, ob ich recht handelte, indem ich
dem Willen der Freiherrin entgegen eine Bildung
ſuchte, die ſich nicht mit einer niederen Stellung
vereinigt.“

„Harum ſorge Dich nicht, Helene,“ ſagte die
alte Dame und ihre Stimme hatte einen harten
Klang. „Ich kenne die Freiherrin und — doch nein,
laſſen wir das. Alſo nur zuerſt war ſie furchtbar
aufgebracht — ſpäter nicht mehr?“

Nein — ſie ſchien ſich in das Unvermeidliche
zu fügen.“

Tante Karoline lachte ſpöttiſch. Sie ſchien
immer von einer ſeltſamen, nervöſen Unruhe ergriffen,
wenn das Geſpräch auf dieſe Frau kam.

„Und Du kannſt nun glauben, daß dies in
der That der Fall iſt? Kennſt Du ſie ſo wenig?
Gerade dieſes Fügen iſt mir ein Beweis, daß ſie
ſchwer getroffen iſt Du haſt ſie hintergangen, eine
Entſchuldigung hierfür giebt's in ihren Augen nicht,
fie wird nie daran denken, daß ſie Dich durch
ihre Härte gezwungen hat, ſelbſt einen Ausweg zu
fuͤchen. Nun ſei auf Deiner Hut, Helene, ich fürchte,
daß ſich ein drohendes Unwetter über Deinem Haupte
zuſamnienzieht. Aber Eins mußt Du mir verſprechen
wenn e8 {id entladet, {o wirft Du bei mir SHUb
und Beiftand ſuchen. Willſt Du?“

„O, Tante Karoline, wo könnte ich Schutz
und Beiſtand beſſer ſuchen als bei Dir?“

In Helene’8 Augen glänzten Thränen und
Tante Karoline ſchlang ihre Arme um den Naden
de8 jungen Mädchens und Füßte e$ innig auf Stirn
und Mund. #

In demſelben Augenblick beugte Helene ſich
nieder, etwas von dem Fußboden aufzunehmen Und
bei diefer Gelegenheit glitt ein Gegenſtand an einem
Bande aus ihrer Halstraufe hervor, ohne daß fie

es bemerkte.
(Fortſetung folgt.)

ch


 
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