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Heidelberger Beobachter: Kampfblatt der Nationalsozialisten für Odenwald und Bauland (1 (Januar-August)) — 1931

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Nr. 1 - Nr. 9 (3. Januar - 31. Januar)
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2

aus einer Philippika gegen das Derbot des
Schmutzfilmes Im Weſten nichts Neues”.

Man muß zugeben, die obigen Sätze ent-
halten nichts, was wir nicht unterſchreiben
könnten und wir müßten uns eigentlich
freuen daß die jüdiſche Journaille anfängt,
ihren Leſern den Bankrott ihres eigenen Sy-
ſtems vor Augen zu führen und zu zeigen, daß
es heute nur noch eine Idee in Deutſchland
gibt, an die das deutſche Volk glaubt — den
Nationalſoʒialismus.

Wir könnten uns auch freuen, wenn wir —
ſagen wir einmal vorſichtig — es mit einer
deutſchen Zeitung zu tun hätten, die ehrlich
genug wäre, die richtigen Konſe quenzen
aus ihrer Erkenntnis zu ziehen. Dies iſt aber
hier nicht der Sall, die Berliner Volkszeitung
kommt vielmehr nach blödſinnigen Aus-
fällen gegen den Natignalſozialismus zu der
Überzeugung, man müſſe für eine zweite
Republit tämpfen, da die erſte ihre Un-
fähigkeit erwieſen habe. \

Abha, ihr Bonzen, von der Seite weht
alſo der Wind? Die ſchönſte und freieſte Re-
publik der Welt ſoll plötzlich nichts mehr wert
ſein, ihr wollt auf einmal nichts mehr mit ihr
zu tun haben? So iſt der Jude! Seit 12 Jahren
hat er das deutſche volt vergiftet, hat mit allen
Mitteln für die verſklavung und Der-
dummung der arbeitenden Deutſchen und
gegen die nationale flufklärung und
Befreiung gehetzt (gekämpft kann man dieſe
ſchmutzige Tätigkeit ja nicht nennen). Jetzt,
wo das Elend ſo offenbar geworden iſt daß
auch den letzten Deutſchen die Augen auf-
gehen, und der Schrei nach Dergeltung
durch das Dolk ſtürmt, jetzt wo die national-
ſozialiſtiſche Bewegung in breitem Anfturm
ein hindernis nach dem anderen nimmt, jetzt


die kingſtparolen: Werden Köpfe rollen?) und
möchte ſich gerne als unſchuldig hinſtellen.
Erſt begraben ſie die demokratiſche Partei,
dann klauen ſie unſere Parolen, jetzt wollen
ſie auch von der Republik nichts mehr wiſſen,
überhaupt, was hatten ſie denn bisher mit der
Republik zu tun? Dieſes „Syftem”, das nur
Elend und Berzweiflung über ſein Volk
gebracht hat, war nicht etwa ihr Werk, nein,
die verkalkten Geheimräte” — jedenfalls
die aus der vortriegszeit, von denen kaum
mehr Deldhe im Amt ſind — ſind an allem
ſchuld. Die haben die Revolution gemacht,
haben den Doichſtoß ausgeheckt, haben Repa-
rationen, tlrbeitsloſigkeit, hunger ge-
bracht, aber die biederen Juden * ihre
Schutztruppen, Marxiſten und Demokraten,
ſind unſchuldig wie neugeborene Kinder. —
So iſt der Jude! Solange er in Sicherheit
iſt, benimmt er ſich großmäulig und frech,
in dem Augenblick aber, in dem es ihm an den
Kragen geht, kriegt er es mit der Judenangſt
zu tun, will es nicht geweſen ſein, tobt in ſeiner
Ungſt wie ein Berzweifelter und tritt das
ſchoͤne Porzellan in ſeinem eigenen Laden
kaputt. Die kingſt bringt ihn ſelber um, wir
brauchen nur zuzuſchauen und dafür zu ſorgen,
daß ihm die Angit nicht vergeht.

Die „Berliner Voltszeitung glaubte, mit
ihrer Attade, aus der die oben zitierten Sätze
entnommen ſind, den Nationalſozialiſten eins
auszuwiſchen und zum Kampf um eine zweite



Als am 14. September der Rationalſozialis-
mus gleich einer donnernden Springflut herein-
gebrochen war und das Tügengezeter der
Linkspreſſe entlarvt hatte, da ſtand man ſelbſt
in den Redaktionsſtuben der frechſten Gazetten
vor Entſetzen ſtarr. Doch nicht lange — und
die vielgeſchäftigen Schreiber orakelten in alle
Winde: Geduld — Geduld — die Waſſer fallen
— die Welle verläuft ſich. Man erklärte, das
Publikum (prich Börſenpublikum) habe die
Nerven wiedergefunden und überhaupt werde
die ganze hitlerbewegung nächſtens auffliegen,
denn ſie ſei innerlich ſchon morſch bis ins Mark.
Die Begie flappte; alle demo⸗marxiſtiſchen
heultuten erklangen aufs neu, lieblich unter-
ſtützt von der Zentrumspreſſe. Die vom Reichs-
tagswahlkampf noch ganz erſchöpften Rund-
funkonkels wurden zum Endſpurt vors Mikro-
phon gehetzt. — Dergeblidhe Mühe; denn es
folgten von Sonntag zu Sonntag: Baden,
Bremen, Danzig.

Nun mußte was geſchehen — es hieß die
Taktik ändern, denn ſelbſt die abgehärtetſten
„Genoſſen fingen allmählich an nervös zu
werden Der breiige Breitſcheid, auch Philipp
der Schöne ziehen längſt nicht mehr.

Man verſchrieb ſich alſo am 19. Dezember
einen gewiſſen Edo Simmen, General-
ſekretär der Internat. Transportarbeiterfödera-
tion Amiterdam, nach Mannheim. Er ſollte
über den „nationalſozialiſtiſchen Unſinn reden.
Da die geſamte Mannheimer Gffentlichkeit
gegen dieſen unverfrorenen Ausländer Stel-
lung nahm und die Einmiſchung des ſauberen
hHerrn Simmen in innerdeutſche Angelegen-
heiten wenig klnklang fand, änderten die Mar-
riſten in letzter Stunde das Thema: nur vom
Saſchismus im allgemeinen ſollte die Rede ſein.
Der Nibelungenſaal war gemietet worden;
man hatte es ſich was koſten laſſen/ die Schlep-
per traten in liktion. Sämtliche Karten wurden
verſchenkt, trotz des aufgedruckten Preiſes von
50 Pf. — weil man wohl mit Recht fürchtete,
halbleere Räume vorzufinden. Mit einem
Unkoſtenkonto von mindeſtens M. 500. hatte
man den Saal halbwegs füllen können herr
Simmen legte los:


Ländern anfragte, ob anderswo der Saſchismus
um ſich greife, antworteten alle Dertreter in
Europa, es beſtehe nicht die geringſte Gefahr

einer faſchiſtiſchen Diktatur. Die deutſche SPD.
bemertte im Süden gäbe es wohl eine kleine
Organiſation Orgeſch, aber dieſe ſei unbe-
deutend, mit der würden ſie ſchon fertig. Und
heute? heute wüte die Diktatur in Italien,
Spanien, Polen uſw. und in Deutſchland hätten
es die Nationalſozialiſten fertig bekommen, ſich
zur zweitſtärkſten Partei aufzuſchwingen. Die
Gefaͤhr in Deutſchland ſei beſonders groß, weil
die NSDAP. eine ſtarke und feſte Partei ſei,
welche gerade im Lager der Arbeiter großen
Anklang finde. Wenn er, Simmen, ſich auch
mit Italien mehr beſchäftige, weil dort ja alle
Urbeiterorganiſationen verboten ſeien, ſo ſei
Deutſchland doch wichtiger. Mit Deutſchland
ſteht und fällt der Internationale Gewerk-
ſchaͤfts⸗-Bund. Gelingt e& den National-
ſozialiſten in Deutſchland die Macht zu er-
greifen, dann iſt die Amſterdamer Inter-
nativnale in ſchwerſter Gefahr, denn Deutſch-
land iſt der wichtigſte Faktor des JOGS., weil
die Beitraͤge der deutſchen Organijationen
das finanzielle Rückgrat des Gaͤnzen bilden.

Dann kam Simmen auf die Frage zu ſpre-
chen, warum 1914 die deutſchen Sozialdemo-
kraten nicht von Anfang an energiſch gegen den
Krieg proteſtiert hätten. Er erklärte, 1914
hätten die deutſchen Sozialiſten noch zu wenig
internationalen Geiſt gehabt(!), ſie wären
noch zu national geweſen. Um klhnliches zu
verhindern, müßten alle ſozialiſtiſchen Organi-
ſationen die Internationale in den Dorder-
grund ſtellen, ſich über die Grenzpfähle hinweg
zuſammenfinden, um den ſozialiſtiſchen Ge-
danken ſiegreich vorwärts zu tragen.

Zum Schluß ermahnte Simmen nochmals
die Genoſſen/ alle Kräfte für den Kampf gegen
die hitlerbewegung einzuſetzen In flmſterdam
verfolge man mit ernſter Sorge die politiſche
Entwicklung in Deutſchland/ denn dort falle die
Entſcheidung über das Schickſal der geſamten
Internationale.

Saſt die hälfte der Beſucher beſtand aus
Nichtmarxiſten. Bei den eingefleiſchten Sozial-
demokraten herrſchte — man merkte es —
gedrückte Stimmung. Der geiſtige und fak-
tiſche Bankrott des Marxismus ſpiegelte ſich

verratenen ſozialdemokratiſchen klrbeiterſchaft,
deren beſte Kämpfer in Kürze bei uns ſtehen
werden! Severus.

Republik mit Erfolg aufzurufen. Rufen
tönnt ihr lange, aber es folgt keiner!

Das deutſche Dolk iſt 46 geworden,
es hat euren Schwindel erkannt und ver-
bittet es ſich, unter einer neuen Sirma ſich
weiterhin für eure Betrügereien einſpannen
zu laſſen. Eure Sprüche werden nur das Er-
gebnis haben, daß auch die, die bis jetzt noch
nicht zu uns gehören, ſehen, was mit ihnen
geſpielt wurde. Wir werden euch in eurer

Aufklärung über die Minderwertigkeit
des Syſtems hilfreich zur Seite ſtehen, und
ihr werdet über den Erfolg euer blaues
Wunder erleben!

Wir ſind uns über das Ergebnis klar, der
Sieg wird unſer ſein, denn Ihr hetzt, um eure
Angſt zu überſchreien und die verantwortung
von euch abzulenken, wir kämpfen für eine
Idee, für die Hunderttauſende ihr Leben ein-
zuſetzen bereit ſind. Einem ſolchen Einſatz

der Perſönlichkeit für eine ſittliche Idee
war immer der Sieg beſchieden, weil der
Kampf nicht gehemmt wird durch Rückſichten
auf Stellung, Geldbeutel und geſicherten
Dividendenbezug, ſondern vorwärtsgetragen
wird mit dem eiſernen Willen zum Sieg.

Das iſt der Unterſchied zwiſchen eurer
verlogenen, undeutſchen Welt und unſerem
Kampf. Der preußziſche Kultusminiſter, der
Sozialdemotrat Grimme, ſagte vor kurzem
in einer Derſammlung der Zozialiſtiſchen
Studentenſchaft der Univerſität Berlin: „Schon
die Tatſache, daß kein Student heute eine
wirtſchaftlich geſicherte zukunft hat, muß ihn
auf die Seite des kämpfenden Proletariats
(er meint Sozialdemokratie und ſagt Prole-
tariath treiben!”

So ſeid ihr, das deutſche Dolt kann kre-
pieren, wann es will, wenn ihr nur eure
Futterkrippe gerettet habt. Und ihr wollt
um euren Staat kämpfen? Ihr wollt euch
zum Sprecher der deutſchen Frontſoldaten
aufwerfen, ihr wollt deren Erleben im Silm
zeigen, das Erleben derjenigen Männer, die
nicht für Gehaltserhöhungen Taͤntiemen, und
Sutterkrippe ihren feldgrauen Rock trugen,
ſondern mit dem Deutſchlandlied auf den
Lippen für die Größe und die Ehre ihres

Vaterlandes ſtolz in den Tod gingen?

Weggetreten, ihr Wichte, verkriecht euch
in eure „wirtſchaftlich geſicherten Poſitio-
nen!, raunt euch euer Angſtgeſtammel in die
Ohren und macht die Straße frei der Armee

der deutſchen Freiheitskämpfer! Dr. S.
Wachſender Widerſtand der
Bergarbeiter

Eſſen, 1. Januar.
Am Neujahrstag hielten die vier am
Tarifvertrag beteiligten Bergarbeiter-
gewerkſchaften des Ruhrgebietes große
Funktionärverſammlungen ab, in denen
die lohnpolitiſche Lage erörtert wurde.
In allen Verſammlungen wurde der
Aufruf der Gewerkſchaften, keine Ver-
träge zu gekürzten Löhnen abzu-
ſchließen, gutgeheißen. Einer etwaigen
Ausſperrung ſeitens der Zechenbeſitzer,
ſo heißt es, ſehen die Gewerkſchaften
mit Ruhe entgegen; andererſeits wenden
ſie ſich geſchloſſen gegen alle Streit-
parolen der Kommuniſten und oppoſi-
tionellen Gewerkſchaften.
*

Reichstagsabg. Gregor Straßer iſt
wegen „Beleidigung und „Vergehens
gegen das Republik⸗Schutzgeſetz neuer-
dings zu fünf Monaten und zwei Wo-
chen Gefängnis verurteilt worden. Die
Maßnahmen dieſes bemerkenswerten
Syſtems der republikaniſchen Freiheit
ſind ſomit bedeutend drakoniſcher als
die des alten reaktionären Kaiſerſtaates.


heidelberg, den 20 Dez. 1930.

Der durch Geſchichte und muſikaliſche Tra-
dition gleicherweiſe ehrwürdige Raum der
Peterskirche bildete am Sonntag, den 28. De-
zember, den ſtimmungsvollen Rahmen des
letzten Konzertes des Bachvereins im vergan-
genen Jahre. Mitwirkende: der a capella⸗Chor
des Bachvereins unter der Leitung von Prof.
Pr. hermann Meinhard Poppen und das
heidelberger Kammerorcheſter flußerdem
als Soliſten: Lena heſſe, Luiſe Michelis
(Dioline), Adolf Müller (Cello), Walburg
Emma Schick, Maria Stephan-Oeder,
Erich Auguft Müller, Pius haugg Golo-
ſtimmen in der Kantate von Georg Böhm),
Oskar Bartſch, Dieter (Crompete), Guſtav
Petermann Kontrabaß).

In allen Teilen war das ſelten gehörte
Programm, das vorwiegend Meiſter des 16.,
17. und 18. Jahrhunderts umfaßte, weihnacht-
lich abgeſtimmt. Schon die Wiedergabe der
Seſtmuſik von Kaſpar Serdinand Siſcher
durch das Rammerorcheſter bewies, daß es ge-
lungen war, die bisher gezeigte höhe weiterhin
zu erhalten. Auch die Suite von Johann
Pachelbel und das Concerto grosso von
Corelli waren Darbietungen voll geiſtiger
Durchdringung und hochſtehender Spielkultur.

zu einem Eindruck von nachhaltiger Wir-
kung geſtaltete der a-capella-Chor unter der
zwingenden Stabführung von Prof. Dr. Poppen


Michael Praetorius. Jeder der drei Sätze zu
„Dom himmel hoch da komm ich her“ in der
dreiſtimmigen Saſſung von Praetorius, der

vierſtimmigen von kldam Humpelzheimer,
der fünfſtimmigen von Georg Sorſter er-
ſchloſſen tief und ahnend den Reichtum der
Gefühlswelt deutſcher Srömmigkeit. Vom
gleichen Geiſt und hauch durchweht erklangen
die ewig ergreifenden Dolkslieder: Es flog
ein Täublein weiße (bearbeitet von Schumann),
Es iſtein Roß entſproſſen (bearbeitet von Prae-
torius) und, Der Morgenſtern iſt aufgedrungen
Gearbeitet von Thiel).

In der Cantate von Georg Böhm „Wie
lieblich ſind deine Wohnungen vereinigten
Chor, Orcheſter und Soliſten ſich zu einem
wirklich großartigen und vorbiloͤlichen klb-
ſchluß, für den man allen Mitwirkenden nur
zu aufrichtigem Dank verpflichtet ſein kann.
Schade, daß gerade hier ein Tenor (aus uns
unbekannten Gründen) empfindlich ſtörte!

Orcheſter und Chor gefielen gleichermaßen
durch die Husgeglichenheit ihres Spiels, bzw.
Geſangs, durch vornehme Verhaltenheit und
miterlebende Wärme. Wirkungsvoll unter-
ſtützt wurden ſie durch das durchweg beacht-
liche Können der Soliſten und Soliſtinnen, von
denen in klnbetracht der Schwierigkeiten ihrer
Solopartien beſonders die Trompeten hervor-
zuheben ſind. 2

*

Die Stadt Nürnberg plant für den Monat
Juli des kommenden Jahres eine grotze „Dritte
Nürnberger Sejtwoche”. Auf die llufforderung
geeigneter Kompoſitionen hin erhielt das zu-
ſtändige Komitee nicht weniger als 2900
Arbeiten! '

Pfitzner⸗Uraufführung:
„Das dunkle Reich“.

Der Kritiker darf nicht glauben, er ſei der Herr-

gott in Perſon Er ſoll wiſſen, daß ſeiner Tugenden

Frößte die Ehrfurcht heißt. Wenn ein Großer zu

ihm ſpricht, ſoll er das Kritteln an Kleinigkeiten
laſſen und mit gebeugtem Knie lauſchen.

1924 wurde im Gewandhaus zu Leipzig unter
des Komponiſten Leitung Hans Pfitners Deut-
ſche Kantate“ uraufgeführt. Das völkiſche
Deutſchland hätte ſich betrogen gefühlt, wenn ſein
neues Werk in gleicher Zorm, Das dunkle
Reich! nicht ebenſo den Pfad in jenes Land
heroiſcher germaniſcher Myſtik gefunden Hätte. Es
wäre anmaßend und lächerlich/ ſich über formale
Dinge bei dieſem Werk Pfitzners zu äußern.

Doch eins ſteht feſt: Pfitzner haͤt mit ſeinem
neuen Werk den zerſetzenden Mächten in der
„deutſchen! Muſik des letzten Jahrzehnts einen
neuen Quaderſtein entgegengeftellt. Immer ſtärker
und leuchtender ſchält ſich das Völtiſche im Schaffen
dieſes Meiſters heraus, den wir mit Stolz zu den
Unſeren zaͤhlen. Und mit Recht behauptet das
ernſte Künſtiertum Deutſchlands daß Hans Pfitzner
unſer tiefſter, deutſcheſter und der Zeit entſprechend,
problemreichſter Komponiſt iſt.

Das konimende Deutſchland hofft auf *

Das Dreimäderlhaus.
Singſpiel nach Schuberts Mufit
von heinrich Berte.
Regie: Arnold Juhn
Sür Menſchen von Geſchmack bedeutet dies

Stück eine zumutung. Immerhin entſchuldigt
Schuberts Muſit vieles und nimmt ſelbſt in

dieſer vergewaltigung den Hörer durch ihre
*

wohllautende Anmut gefangen. Dielleicht mag
auch das Singſpiel — ſo hoffen wir wenigſtens
— für Manchen klnlaß zu eingehender, ver-
ſtändnisvoller Beſchäftigung mit Schuberts
Muſe bilden.

Copitz hatte ſeinem Orcheſter die nötige
„herzenbezwingende Tönung in Dur und Moll
abgerungen und brachte die Tempi mit treff-
ſicherer Einfühlung. Don den Bühnenbildern
konnte beſonders das erſte durch anheimelnde
Realiſtit gefallen.

die Aufführung war ſehr ordentlich. Sritz
Srank präſentierte ſich als Schubert in lebens-
getreuer Maske und ſtand auch ſtimmlich ſeinen
Mann. Arnold Juhn, der zugleich für die
Regie zeichnet, ſorgte für gedämpft-har-
moniſche Biedermeierſtimmung. Zuſammen
mit Ciariſſa Manhof vermochte er dem
Ehepaar Eſchöll lebensechte züge abzuge-
winnen Baron Schober (Srig Ploder) und
ſein hannerl (Helene Woborsfy) waren viel-
ieicht eine Nüance zu lebendig. Lu Brühl
verlieh der vor Eiferſucht überkochenden
Sängerin Griſi zündende Drolligkeit Als
Spürnafe Novotny erntete Richard Er dmann
wohlverdiente Lachſalven. Huch Margot
Saldern Geiderh, £ily Rizolly Gederh
und Thea zur Nieden Grau Brametzberger)
waren mit Eifer bei der Sache. Die Übrigen
blieben mehr im Schatten. !

Das Stück wird hier ſeinen Weg ſchon
machen. XYZ.

Der Münchener Dichterpreis 1930 wurde
an den 1885 in Barmen geborenen, ſeit 1903
in München lebenden Dichter und Schtiftſteller
hans Brandenburg verliehen. Die früheren
Preisträger waren Hans Caroſſa, Willi Seidel

und Joſef Magnus-Wehner. *
V
 
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