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* — —— x
Aus Nah
Es regt ſich was
; in Neicholzheim.
Im ſchönen Reicholzheim ſind unſere natkio-
nalſozialiſtiſchen Ideen völlig Gemeingut der
männlichen Bevölkerung geworden, beſonders
die Jungmannſchaft bekennk ſich geſchloſſen zu
Adolf Hikler. Das würdige Zentrum ſah ſich
am Abend des Wahltages auf die Stimmen
der Damenwelt beſchränkk — wie allerorken im
katholiſchen Hinkerland.
Inzwiſchen hat man das Knieziktern leidlich
überwunden und verſucht, mit Hilfe unerlaubker
Mittel, die Verheerungen wieder guk zu machen,
welche durch die Wahlbombe vom 14. Septem-
ber angerichtet worden waren. Man hält alſo
Verſammlungen ab. — Keine polikiſchen Ber-
ſammlungen — Gott bewahre! Ian machk's
ſchlauer, arrangiert prima prima unpolitiſch-
chriſtkatholiſche Zuſammenkünfte und bearbeitet
den Gläubigen unter Mihbrach der ſeelſorger-
lichen Autorität.
Am 30. November hiell der Orksgeiſtliche
eine jener bekannken „unpolitiſchen? Reden, in
denen die Zentrumsprieſter es ſo krefflich ver-
ſtehen, unker Benutzung des geiſtlichen Hirken-
ſtabes ihre Schäflein in den Zenkrumspferch
hineinzukreiben. Nach bekannken Muſtern malte
er ſeiner Hörerſchaft in glühenden Farben die
Unvereinbarkeit des Nationalſozialismus mit
dem Katholizismus aus, und behauptete mit
düſter frommem Augenaufſchlag, kakholiſche Na-
tionalſozialiſten könnken zu den hl. Sakramen-
ten nichk zugelaſſen werden. Goltfried Feder,
det als Redner weſenklich zu unſerem großen
Wahlerfolg beigetragen hatte, wurde erbar-
mungsos als durch und durch unmoraliſcher und
religionsfeindlicher Menſch hingeſtellt. Auch
Dg- Pflaumer fand keine Gnade vor den Augen
des hohen Zenkrumsherrn. Da ihm ſachlich
nichts vorzuwerfen wat, gebrauchte der Herr
Pfarrer den bewährken Kniff, Pg. Pflaumer
verächklicherweiſe als „Taufſcheinkatholiken zu
bezeichnen und die Echtheit ſeiner katholiſchen
Geſinnung in höchſt unſchöner Weiſe zu ver-
dächtigen. Auch ſonſt ließ man an den böſen
Nazis kein gutes Haar. Es folgken die alten,
abgeſchabken Ladenhüker von wegen der unge-
heuren Gelder, die wir überall herbekommen und
daß unſete Redner nakürlich lauker verkommene
Leute ſeien, die ſich die Taſchen vollſchöben —
und was man ſonſt noch ſo ſagt, wenn einem
dauernd nichls einfällt.
Nach dieſen chriſt⸗katholiſch kernigen Aus
führungen erhob ſich der Herr Bürgermeiſter
und beſchwor die gerührte Zuhörerſchaft, doch um
Himmelswillen den alten bierehrlichen Bauern-
fängern vom Zentrum treu zu bleiben: „Haltet
die Treue der alten Fahne,“ rief er mit weh-
mulsvoller Stimme — „Haltef die Treue der
alten radition ...“ Cr ſelber iſt aber nur
in der Theorie für Tradition. In der Praxis
läßt er ſich duchaus von den Grundſätzen eines
geſunden Forkſchriktes leiten, indem er ſich ſelbſt
inſofern „gefund“ machte, als er ſein Gehalt,
das vor dem Kriege 300 Mark jährlich befrug,
auf 1200 Mark hinaufſetzen ließ.
Soviel für heuke, nächſtens mehr. ——
Militärkonzert in Wieblingen.
Auch Wieblingen hatte nunmehr ſein ſo lange
etwartetes Militärkonzert. — War es doch die
lehten Wochen ein ſtetes Fragen, wann kommt
die Kapelle? Ein jeder wollte frühzeifig den
Termin kennen, um Bekannte und Freunde
einladen zu können. —
Der Erfolg am 11. Januar war auch troh
aller Not und Sorgen der Vevölkerung ein vor-
züglicher. — Der geräumige Saal des „Badi-
ſchen Hofes? war dicht beſetzt. Alt und Zung,
die beuke leider ſo ſeltenen alten deutſchen Wei-
ſen wieder einmal zu hören. — Reicher Beifall
lohnte unſere braven Muſiker. —
Eine Freude war es, zu beobachten, mit welch
Zeiten ſo vertrauten Muſik folgten. — Wie ge-
feſelt ſaßen die „Jungen“ und lauſchken den
Märſchen, unker denen ihre Väter eine glück-
möge.
Unſere ſtolze SA. fehlte nakürlich nicht. —
Sie krug durch ihr diſzipliniertes Verhalten zum
Gelingen des Abends bei. — Heil-Rufe und
ſtürmiſches Händeklalſchen beim Einmarſch der
SA. zeigten, wie beliebt dieſe iſt. —
Pg Dr. Abendroth ſchilderte in kernigen
Worten die Ziele der Bewegung und forderte
die noch abſeits ſtehenden Volksgenoſſen auf,
ſich einzuteihen in die Front der Freiheifs-
kämpfer. } :
und Fern.
Pg. Cerf appellierte insbeſondere an die
Jugend, als die Trägerin der Zukunft, ſich un-
ſerer Bewegung anzuſchließen und mitzuhelfen
an der Neugeſtaltung des deutſchen Reiches.
Acht Neuaufnahmen und viele neue Freunde
für unſere Bewegung waren der Erfolg des
Abends. —
Unaufhaltſam eill unſere Bewegung vor-
wärks mit friſchem Mut und neuer Kraft. —
Wir haben ja ſooo viel Geld ...
In Mosbach nämlich, beim Fürſorgeverband.
Wie wir hören, ſind beim Bezirksamt (Be-
zirksfürſorgeverband Mosbach) ſeit einigen Mo-
chen zwei Damen als Fürſorgerinnen hauptamt-
lich angeftellt.
Man hört, jede der Damen beziehe ein
monatliches Gehall von 350 RM. Außerdem
wurde ihnen ſofork (bei der haupkamklichen An-
ſtellung) ein neues Auto zur Verfügung für
ihre Dienſtfahrken geſtellt.
Nur immer feſte drauf! Wir haben’s ja!
Wir haben ja ſooo. viel Geld!
Wir ſind durchaus nicht der Meinung, daß
die Damen „umfonft“ arbeiten ſollen. Beileibe
nicht! Jede Arbeit ſoll ihren Lohn finden. Ob
es aber angebracht iſt, in unſerer kroſtloſen Zeit.
wo täglich zahlloſe Exiſtenzen vernichtet werden,
wo hunderktauſende unſerer Volksgenoſſen hun-
gern — die Fürſorge wird das doch hoffentlich
wiſſen? — einer einzelnen Perſon im Fürforge-
dienſt 300—350 RM. Gehalt zu zahlen und
außerdem mit großer Geſte gleich ein Auto zu
liefern, muß unbedingt verneint werden.
Jedenfalls werden die Damen bei ihren Be-
ſuchern nicht gerade begeiſtertes Verſtändnis
für ihr ſchönes, neues Auto finden.
Zum Reichsgründungstag:
Weidmannsheil?
Wertheim a. M. Der Wertheimer Felljude
Brunn gäſſer ſchoß kürzlich bei einer Treib-
jagd in der hieſigen Gegend 2 Treiber an. Die
heiden Männer ſind, wie wir vernehmen, nicht
ungefährlich verletzt. Einem gewöhnlichen Sterb-
lichen wäre daraufhin der Jagdpaß entzogen
jedoch im Falle „Brunngäſſer! noch nichks ver-
nommen. Man darf geſpannt ſein, was die
zuſtändige Behötde in dieſer Sache unker-
nimmf£. Da —
Neckarelz. Anläßlich der Mosbacher Stra-
ßenverſammlung glaubte der hieſige Oberbonze
Bauunternehmer Kober, einen Ge-
lung abzuhalten indem er ſich drohend folgen-
dermaßen äußerte: „Wenn du nun auch zu
dieſem Lumpenpack gehſt, werde ich dafür ſor-
gen, daß dir kein Arbeiter mehr etwas abkauft.“
Wir fragen dieſen Novemberhelden, von wem
von den Bürgern oder den Marxiſten? Ferner
fragen wir, ob die hieſigen VBürger gewillt ſind,
einem ſolchen fanatiſchen Quertreiber auch wei-
terhin Unkerſtützung durch Bauaufträge zukom-
men zu laſſen.
Friedemann wird Zenkrumsmann.
Mosbach. Die immer ſo vertufene Juden-
ſtadt krägt ab 1. Januar 1931 ihren Aebentitel
Judenſtadt zu unrecht. Im IJahre 1930 hat das
auserwählte Volk 5 Prozenk abgenommen. Wo-
ran liegt das? Es ſind doch nicht ſo viele ge-
ſtorben oder gar nach Paläſtina ausgewandert?
Ach — nein —, das Zentrum hat von dieſer
edlen Sorte Zuwachs bekommen. Or. Walter
Friedemann, der ſich jetzt einfach Heinrich
Walter Friedemann nennt, hat ſich und ſeine
Heidelberg.
Wir gratulieren dem Heidelberger „Pfälzet
Boten“ für ſeinen friſch gebackenen jüdiſchen
Redakteur
Während die Truppen aller anderen
deutſchen Stämme nach Franbkreich hin-
einmarſchierten und die Zauberwoͤrte
Wötth, Metz, Sedan, Coulomiers ganz
Deutſchland mit Ehrfurcht und Begeiſte
rung erfüllten, lagen die badiſchen Re-
gimenter in den ſchlammgefüllten Lauf-
gräben vor Straßburg und anderen ober-
elſäſſiſchen Feſtungen. Sie lernten den
Krieg in ſeiner ſchlimmſten Form ken-
nen: Strapazen, Hunger, Strapazen —
meuchleriſche Ueberfaͤlle von Franbktki-
reurs; aber keine großen erhebenden Er-
lebniſſe. 7 ganz zum Schluß kamen
wir zum vollen Einſatz in den Kämpfen
um Belfork, als Bourbachi mit vierfacher
Uebermacht in viertägiger mörderiſcher
Durchbruchsſchlacht den Eingang nach
Deukſchland erzwingen wollte.
Doch die badiſchen Regimenter wank-
ten nicht, ſondern entwickelten geradezu
unglaubliche Marſchleiſtungen und eine
Gefechlsdiſziplin, die ſelbſt die gewiegken
preußiſchen Offiziere zu höchftem Lob
hinriß. Am 18. Januar reifte die Kriſis
der Enkſcheidungsſchlacht heran. Und
während im Spiegelſaal zu Verſailles
Friedrich von Baden das erſte Hoch auf
Deukſchlands endliche Einigung aus-
hrachte, ſchleuderten die Batterien Bour-
bakis den todbringenden Salut gegen
die heldenmütigen Verkeidiger an der
Liſanne.
ſ* des Feindes.
jubelte: Einheit — Sieg — Friede. Die
Badener waren in aller Munde als die
kragenden Geſtalten im
ſpiels. Auch wir wollen ihrer gedenken.
So bringen wir drei Briefe voͤn Ange-
Mannheimern beftand,
Weltkrieg hier in Garniſon lag. ryz.
*
M. 2. Bad. Gren.-Rat. 110 Komp.
| Dijon, 20. Dez. 1870.
... Bei der 11. Kompagnie ange-
kommen, hakte ich Gelegenheik, die Kalt-
blütigkeit unſeres Majors zu bewundern.
Immer aufrecht ſtehend, während wir
des 2 verdeckt lagen, erteilfe er
mik Au
ausgeſetzt. Ich werde den Helden ewig
ſehen, wie er Vizefeldwebel Denzel zů
ſich rief: „Gehen Sie da hinüber zu
Herrn Oberſt und ſagen Sie, daß ich am
aͤußerſten linken Slügel vor Agencourt
ſtehe; er ſoll mir Verſtärkung auf den
linken Flügel ſchichen. Ich werde mich
bis zur leßten Patrone halten. Oder
halt, ich will es Ihnen liebet aufſchreiben.
Und nun riß der Major ein Blakt aus
dem Notizbüch und ſchrieb. Während
er die ganze Zeit ruhig an einem Fleck
ſtand, bot er den Franzoſen ein gukes
Ziel. Ein Regen von Kugeln peikſchke
herüber; eine riß ihm die Schärpe ent-
zwei. Doch blieb er unverſehrt.
Anderthalb Stunden lagen wir ſo
und ſchoſſen uns mit dem Feind herum,
bis endlich der rechte Flügel den Eiſen-
bahndamm mit Hurra ſtürmke. Faſt
—— erreichten auch wir die Eijen-
ahn und konnten den fliehenden Feind
mit Erfolg beſchießen. Dann ſetzken wır
ihm nach drangen in den Bahnhof und
in die Stadt ein und machken eine Menge
Gefangene. Eine große franzöſiſche Ko-
ſchritt auf die Skadk zueilte, machte auf
unſere erſten Schüſſe kehrt und ver-
Kanonen und Bagage fuhren im
litten!
*
(110), 6. Komp.
Dijon, 20. Dez. 1870.
Stadtinnern von Nuits. Bei einer klei-
uns geſagk worden, vor uns ſtänden noch
nicht feuern, aber als wir endlich auf
bahndamm gekommen waren, ſahen wir
deutlich, daß es Franzoſen waren, die vor
uns ſtanden. Sie haffen hinter dem ſehr
tiefen Eiſenbahneinſchnitt ausgezeichnete
Deckung gefunden. Nun ging es plötz-
lich mit Hurra im Sturm vor, die
Trommler ſchlugen zur Aktacke, die Hor-
niſten blieſen, die Franzoſen entwickelten
ein Höllenfeuer mit Chaſſepots, die auf
den Höhen hinker Nuits aufgeſtellte Ar-
killerie, die verdammk gut ſchoß — kurz,
es war ein infernaliſches Getümmel, wie
es eben nur in einer Schlacht vorkom
men kann. Nie in meinem Leben wer-
de ich ſolche Augenblicke vergeſſen, wenn
über uns eine Granake plahte und die
Kameraden jammernd zuſammenbrachen.
Wir erſtürmen eine Anhöhe, etwa 30
Schritt davor fiel mein guker braver
Haupkmann Böttlin. Die Kugel war
ihm durch Hals und Kopf gegangen.
Ein trauriges Chriſtkindchen für ſeine
junge Frau. Sein Tod ging mir recht
nahe, denn er war ein humaner Ehren-
mann. Zier in der Nähe fiel auch Leut-
nant Lerch aus der Kompagnie mit
ſchwerer Kopfwunde. Später ſollte ich
mit einer Patkrouille hinausgehen, um die
Leiche von Haupkmann Böttin zu holen,
damit ſie vor Ausplünderung bewahrt
bliebe. Wir gingen zu acht Mann vor,
aber nur vier kamen bis zum Eiſenbahn-
damm, die anderen konnten nichk mehr
weiter. Ich ſelbſt ging mit den anderen
vor. In der Dunkelheit fielen noch ein
paar Schüſſe auf uns. Da lag auch
mein Hauptmann. — Forttragen konn-
ken wir ihn nicht mehr. Er war auch
ſchon ausgeplünderk. Nur ſeine Karte
fand ich noch.
Sterbensmüde kehrten wir gegen
9 Uhr zurück, um auf freiem Feld zu
bivakieren. Es war eine kalte Nacht
nach dem heißen Tag — ich komme mir
in der Kompagnie wie verwaiſt vor —
der Chef tot, meine zwei Leutnants ver-
wundet, und ich ſtand mit allen ſo gut.
*
T. E. Fr., 2. Bad. Gren. Agl. (110)
3. Komp.
Villers Ia Ville, 21. Jan. 1871.
..Was wir ſeit unſerem Abmarſch
von Dijon und in den Kämpfen von Bel-
fort für Strapazen durchgemacht haben,
könnt ihr euch denken. Aber was wir
in dieſen vier für uns ſo wichtigen Tagen
an Hunger und Kälke gelitten haben,
glaubt ihr gewiß nicht. Am 13. mar-
ſchierten wir in Richkung Monkbeliard
ab, wo wir Abends gegen vier Uhr in
heftiges Arkilleriefeuer kamen; nachdem
wir zwei Stunden darin ausgehalten hat-
fen, wobei eine Granate drei Schritte
vor der Fahne des 2. Bakaillons krepier-
ke und drei Mann geköket und verwundel
hakte, gingen wir eine halbe Stunde ſpä-
ter nach Charmont ins Quartiet, wo wir
enkblößt von allen Nahrungsmitteln uns
Kartoffeln abkochten. Den anderen
Morgen ging es erſt recht los. Nach
Genuß von einem halben Teller Kar-
koffelſuppe marſchierten wir ſechs Ahr
früh fork, um in einem Walde zwei Stun-
den lang auf den Knien im Schnee zu
liegen. Dann kamen wir in Reſerve-
ſtellung, und abends rückten wir auf
Vorpoſten, wo wir die ganze Nacht zu-
brachten, um morgens wieder ein an-
deres Biwak zu beziehen. Und dies
alles, ohne etwas Warmes oder üÜber-
haupf etwas genoſſen zu haben. Nach-
dem wir ſo auch den folgenden Tag ver-
brachk halten, kamen wir abends totmüde
etwas weiter zurück in Reſerveſtellung
ins Quartier legen, denn unſere armen
Leute fielen vor Ermaktung einfach mit-
ken in den Schnee und gaben 3. T. kein
Lebenszeichen mehr von ſich.
Achtung Ortsgreppen!
Werbepakete des „Heidelberger
Beobachters“ mit den letzten Num-
mern ſind fofort beim Verlag:
Heidelberg, Marktplatz 3, Tel. 86
zu beſtellen. Lieferung nur gegen
Voreinſendung des Betrages von
1.50 Rmk. für Porto und Ver-
packung auf unſer Poſtſcheckkonto
Karlsruhe Nr. 21834.
„Heidelberger Beobachter“
Vertriebzabteilung
Heidelberg, Marktplatz 3.
— —
für Seuilleton und Beilage: Arnim Bledow,
für linzeigen: Karl Cerff.
Druckerei Winter, heidelberg.
* — —— x
Aus Nah
Es regt ſich was
; in Neicholzheim.
Im ſchönen Reicholzheim ſind unſere natkio-
nalſozialiſtiſchen Ideen völlig Gemeingut der
männlichen Bevölkerung geworden, beſonders
die Jungmannſchaft bekennk ſich geſchloſſen zu
Adolf Hikler. Das würdige Zentrum ſah ſich
am Abend des Wahltages auf die Stimmen
der Damenwelt beſchränkk — wie allerorken im
katholiſchen Hinkerland.
Inzwiſchen hat man das Knieziktern leidlich
überwunden und verſucht, mit Hilfe unerlaubker
Mittel, die Verheerungen wieder guk zu machen,
welche durch die Wahlbombe vom 14. Septem-
ber angerichtet worden waren. Man hält alſo
Verſammlungen ab. — Keine polikiſchen Ber-
ſammlungen — Gott bewahre! Ian machk's
ſchlauer, arrangiert prima prima unpolitiſch-
chriſtkatholiſche Zuſammenkünfte und bearbeitet
den Gläubigen unter Mihbrach der ſeelſorger-
lichen Autorität.
Am 30. November hiell der Orksgeiſtliche
eine jener bekannken „unpolitiſchen? Reden, in
denen die Zentrumsprieſter es ſo krefflich ver-
ſtehen, unker Benutzung des geiſtlichen Hirken-
ſtabes ihre Schäflein in den Zenkrumspferch
hineinzukreiben. Nach bekannken Muſtern malte
er ſeiner Hörerſchaft in glühenden Farben die
Unvereinbarkeit des Nationalſozialismus mit
dem Katholizismus aus, und behauptete mit
düſter frommem Augenaufſchlag, kakholiſche Na-
tionalſozialiſten könnken zu den hl. Sakramen-
ten nichk zugelaſſen werden. Goltfried Feder,
det als Redner weſenklich zu unſerem großen
Wahlerfolg beigetragen hatte, wurde erbar-
mungsos als durch und durch unmoraliſcher und
religionsfeindlicher Menſch hingeſtellt. Auch
Dg- Pflaumer fand keine Gnade vor den Augen
des hohen Zenkrumsherrn. Da ihm ſachlich
nichts vorzuwerfen wat, gebrauchte der Herr
Pfarrer den bewährken Kniff, Pg. Pflaumer
verächklicherweiſe als „Taufſcheinkatholiken zu
bezeichnen und die Echtheit ſeiner katholiſchen
Geſinnung in höchſt unſchöner Weiſe zu ver-
dächtigen. Auch ſonſt ließ man an den böſen
Nazis kein gutes Haar. Es folgken die alten,
abgeſchabken Ladenhüker von wegen der unge-
heuren Gelder, die wir überall herbekommen und
daß unſete Redner nakürlich lauker verkommene
Leute ſeien, die ſich die Taſchen vollſchöben —
und was man ſonſt noch ſo ſagt, wenn einem
dauernd nichls einfällt.
Nach dieſen chriſt⸗katholiſch kernigen Aus
führungen erhob ſich der Herr Bürgermeiſter
und beſchwor die gerührte Zuhörerſchaft, doch um
Himmelswillen den alten bierehrlichen Bauern-
fängern vom Zentrum treu zu bleiben: „Haltet
die Treue der alten Fahne,“ rief er mit weh-
mulsvoller Stimme — „Haltef die Treue der
alten radition ...“ Cr ſelber iſt aber nur
in der Theorie für Tradition. In der Praxis
läßt er ſich duchaus von den Grundſätzen eines
geſunden Forkſchriktes leiten, indem er ſich ſelbſt
inſofern „gefund“ machte, als er ſein Gehalt,
das vor dem Kriege 300 Mark jährlich befrug,
auf 1200 Mark hinaufſetzen ließ.
Soviel für heuke, nächſtens mehr. ——
Militärkonzert in Wieblingen.
Auch Wieblingen hatte nunmehr ſein ſo lange
etwartetes Militärkonzert. — War es doch die
lehten Wochen ein ſtetes Fragen, wann kommt
die Kapelle? Ein jeder wollte frühzeifig den
Termin kennen, um Bekannte und Freunde
einladen zu können. —
Der Erfolg am 11. Januar war auch troh
aller Not und Sorgen der Vevölkerung ein vor-
züglicher. — Der geräumige Saal des „Badi-
ſchen Hofes? war dicht beſetzt. Alt und Zung,
die beuke leider ſo ſeltenen alten deutſchen Wei-
ſen wieder einmal zu hören. — Reicher Beifall
lohnte unſere braven Muſiker. —
Eine Freude war es, zu beobachten, mit welch
Zeiten ſo vertrauten Muſik folgten. — Wie ge-
feſelt ſaßen die „Jungen“ und lauſchken den
Märſchen, unker denen ihre Väter eine glück-
möge.
Unſere ſtolze SA. fehlte nakürlich nicht. —
Sie krug durch ihr diſzipliniertes Verhalten zum
Gelingen des Abends bei. — Heil-Rufe und
ſtürmiſches Händeklalſchen beim Einmarſch der
SA. zeigten, wie beliebt dieſe iſt. —
Pg Dr. Abendroth ſchilderte in kernigen
Worten die Ziele der Bewegung und forderte
die noch abſeits ſtehenden Volksgenoſſen auf,
ſich einzuteihen in die Front der Freiheifs-
kämpfer. } :
und Fern.
Pg. Cerf appellierte insbeſondere an die
Jugend, als die Trägerin der Zukunft, ſich un-
ſerer Bewegung anzuſchließen und mitzuhelfen
an der Neugeſtaltung des deutſchen Reiches.
Acht Neuaufnahmen und viele neue Freunde
für unſere Bewegung waren der Erfolg des
Abends. —
Unaufhaltſam eill unſere Bewegung vor-
wärks mit friſchem Mut und neuer Kraft. —
Wir haben ja ſooo viel Geld ...
In Mosbach nämlich, beim Fürſorgeverband.
Wie wir hören, ſind beim Bezirksamt (Be-
zirksfürſorgeverband Mosbach) ſeit einigen Mo-
chen zwei Damen als Fürſorgerinnen hauptamt-
lich angeftellt.
Man hört, jede der Damen beziehe ein
monatliches Gehall von 350 RM. Außerdem
wurde ihnen ſofork (bei der haupkamklichen An-
ſtellung) ein neues Auto zur Verfügung für
ihre Dienſtfahrken geſtellt.
Nur immer feſte drauf! Wir haben’s ja!
Wir haben ja ſooo. viel Geld!
Wir ſind durchaus nicht der Meinung, daß
die Damen „umfonft“ arbeiten ſollen. Beileibe
nicht! Jede Arbeit ſoll ihren Lohn finden. Ob
es aber angebracht iſt, in unſerer kroſtloſen Zeit.
wo täglich zahlloſe Exiſtenzen vernichtet werden,
wo hunderktauſende unſerer Volksgenoſſen hun-
gern — die Fürſorge wird das doch hoffentlich
wiſſen? — einer einzelnen Perſon im Fürforge-
dienſt 300—350 RM. Gehalt zu zahlen und
außerdem mit großer Geſte gleich ein Auto zu
liefern, muß unbedingt verneint werden.
Jedenfalls werden die Damen bei ihren Be-
ſuchern nicht gerade begeiſtertes Verſtändnis
für ihr ſchönes, neues Auto finden.
Zum Reichsgründungstag:
Weidmannsheil?
Wertheim a. M. Der Wertheimer Felljude
Brunn gäſſer ſchoß kürzlich bei einer Treib-
jagd in der hieſigen Gegend 2 Treiber an. Die
heiden Männer ſind, wie wir vernehmen, nicht
ungefährlich verletzt. Einem gewöhnlichen Sterb-
lichen wäre daraufhin der Jagdpaß entzogen
jedoch im Falle „Brunngäſſer! noch nichks ver-
nommen. Man darf geſpannt ſein, was die
zuſtändige Behötde in dieſer Sache unker-
nimmf£. Da —
Neckarelz. Anläßlich der Mosbacher Stra-
ßenverſammlung glaubte der hieſige Oberbonze
Bauunternehmer Kober, einen Ge-
lung abzuhalten indem er ſich drohend folgen-
dermaßen äußerte: „Wenn du nun auch zu
dieſem Lumpenpack gehſt, werde ich dafür ſor-
gen, daß dir kein Arbeiter mehr etwas abkauft.“
Wir fragen dieſen Novemberhelden, von wem
von den Bürgern oder den Marxiſten? Ferner
fragen wir, ob die hieſigen VBürger gewillt ſind,
einem ſolchen fanatiſchen Quertreiber auch wei-
terhin Unkerſtützung durch Bauaufträge zukom-
men zu laſſen.
Friedemann wird Zenkrumsmann.
Mosbach. Die immer ſo vertufene Juden-
ſtadt krägt ab 1. Januar 1931 ihren Aebentitel
Judenſtadt zu unrecht. Im IJahre 1930 hat das
auserwählte Volk 5 Prozenk abgenommen. Wo-
ran liegt das? Es ſind doch nicht ſo viele ge-
ſtorben oder gar nach Paläſtina ausgewandert?
Ach — nein —, das Zentrum hat von dieſer
edlen Sorte Zuwachs bekommen. Or. Walter
Friedemann, der ſich jetzt einfach Heinrich
Walter Friedemann nennt, hat ſich und ſeine
Heidelberg.
Wir gratulieren dem Heidelberger „Pfälzet
Boten“ für ſeinen friſch gebackenen jüdiſchen
Redakteur
Während die Truppen aller anderen
deutſchen Stämme nach Franbkreich hin-
einmarſchierten und die Zauberwoͤrte
Wötth, Metz, Sedan, Coulomiers ganz
Deutſchland mit Ehrfurcht und Begeiſte
rung erfüllten, lagen die badiſchen Re-
gimenter in den ſchlammgefüllten Lauf-
gräben vor Straßburg und anderen ober-
elſäſſiſchen Feſtungen. Sie lernten den
Krieg in ſeiner ſchlimmſten Form ken-
nen: Strapazen, Hunger, Strapazen —
meuchleriſche Ueberfaͤlle von Franbktki-
reurs; aber keine großen erhebenden Er-
lebniſſe. 7 ganz zum Schluß kamen
wir zum vollen Einſatz in den Kämpfen
um Belfork, als Bourbachi mit vierfacher
Uebermacht in viertägiger mörderiſcher
Durchbruchsſchlacht den Eingang nach
Deukſchland erzwingen wollte.
Doch die badiſchen Regimenter wank-
ten nicht, ſondern entwickelten geradezu
unglaubliche Marſchleiſtungen und eine
Gefechlsdiſziplin, die ſelbſt die gewiegken
preußiſchen Offiziere zu höchftem Lob
hinriß. Am 18. Januar reifte die Kriſis
der Enkſcheidungsſchlacht heran. Und
während im Spiegelſaal zu Verſailles
Friedrich von Baden das erſte Hoch auf
Deukſchlands endliche Einigung aus-
hrachte, ſchleuderten die Batterien Bour-
bakis den todbringenden Salut gegen
die heldenmütigen Verkeidiger an der
Liſanne.
ſ* des Feindes.
jubelte: Einheit — Sieg — Friede. Die
Badener waren in aller Munde als die
kragenden Geſtalten im
ſpiels. Auch wir wollen ihrer gedenken.
So bringen wir drei Briefe voͤn Ange-
Mannheimern beftand,
Weltkrieg hier in Garniſon lag. ryz.
*
M. 2. Bad. Gren.-Rat. 110 Komp.
| Dijon, 20. Dez. 1870.
... Bei der 11. Kompagnie ange-
kommen, hakte ich Gelegenheik, die Kalt-
blütigkeit unſeres Majors zu bewundern.
Immer aufrecht ſtehend, während wir
des 2 verdeckt lagen, erteilfe er
mik Au
ausgeſetzt. Ich werde den Helden ewig
ſehen, wie er Vizefeldwebel Denzel zů
ſich rief: „Gehen Sie da hinüber zu
Herrn Oberſt und ſagen Sie, daß ich am
aͤußerſten linken Slügel vor Agencourt
ſtehe; er ſoll mir Verſtärkung auf den
linken Flügel ſchichen. Ich werde mich
bis zur leßten Patrone halten. Oder
halt, ich will es Ihnen liebet aufſchreiben.
Und nun riß der Major ein Blakt aus
dem Notizbüch und ſchrieb. Während
er die ganze Zeit ruhig an einem Fleck
ſtand, bot er den Franzoſen ein gukes
Ziel. Ein Regen von Kugeln peikſchke
herüber; eine riß ihm die Schärpe ent-
zwei. Doch blieb er unverſehrt.
Anderthalb Stunden lagen wir ſo
und ſchoſſen uns mit dem Feind herum,
bis endlich der rechte Flügel den Eiſen-
bahndamm mit Hurra ſtürmke. Faſt
—— erreichten auch wir die Eijen-
ahn und konnten den fliehenden Feind
mit Erfolg beſchießen. Dann ſetzken wır
ihm nach drangen in den Bahnhof und
in die Stadt ein und machken eine Menge
Gefangene. Eine große franzöſiſche Ko-
ſchritt auf die Skadk zueilte, machte auf
unſere erſten Schüſſe kehrt und ver-
Kanonen und Bagage fuhren im
litten!
*
(110), 6. Komp.
Dijon, 20. Dez. 1870.
Stadtinnern von Nuits. Bei einer klei-
uns geſagk worden, vor uns ſtänden noch
nicht feuern, aber als wir endlich auf
bahndamm gekommen waren, ſahen wir
deutlich, daß es Franzoſen waren, die vor
uns ſtanden. Sie haffen hinter dem ſehr
tiefen Eiſenbahneinſchnitt ausgezeichnete
Deckung gefunden. Nun ging es plötz-
lich mit Hurra im Sturm vor, die
Trommler ſchlugen zur Aktacke, die Hor-
niſten blieſen, die Franzoſen entwickelten
ein Höllenfeuer mit Chaſſepots, die auf
den Höhen hinker Nuits aufgeſtellte Ar-
killerie, die verdammk gut ſchoß — kurz,
es war ein infernaliſches Getümmel, wie
es eben nur in einer Schlacht vorkom
men kann. Nie in meinem Leben wer-
de ich ſolche Augenblicke vergeſſen, wenn
über uns eine Granake plahte und die
Kameraden jammernd zuſammenbrachen.
Wir erſtürmen eine Anhöhe, etwa 30
Schritt davor fiel mein guker braver
Haupkmann Böttlin. Die Kugel war
ihm durch Hals und Kopf gegangen.
Ein trauriges Chriſtkindchen für ſeine
junge Frau. Sein Tod ging mir recht
nahe, denn er war ein humaner Ehren-
mann. Zier in der Nähe fiel auch Leut-
nant Lerch aus der Kompagnie mit
ſchwerer Kopfwunde. Später ſollte ich
mit einer Patkrouille hinausgehen, um die
Leiche von Haupkmann Böttin zu holen,
damit ſie vor Ausplünderung bewahrt
bliebe. Wir gingen zu acht Mann vor,
aber nur vier kamen bis zum Eiſenbahn-
damm, die anderen konnten nichk mehr
weiter. Ich ſelbſt ging mit den anderen
vor. In der Dunkelheit fielen noch ein
paar Schüſſe auf uns. Da lag auch
mein Hauptmann. — Forttragen konn-
ken wir ihn nicht mehr. Er war auch
ſchon ausgeplünderk. Nur ſeine Karte
fand ich noch.
Sterbensmüde kehrten wir gegen
9 Uhr zurück, um auf freiem Feld zu
bivakieren. Es war eine kalte Nacht
nach dem heißen Tag — ich komme mir
in der Kompagnie wie verwaiſt vor —
der Chef tot, meine zwei Leutnants ver-
wundet, und ich ſtand mit allen ſo gut.
*
T. E. Fr., 2. Bad. Gren. Agl. (110)
3. Komp.
Villers Ia Ville, 21. Jan. 1871.
..Was wir ſeit unſerem Abmarſch
von Dijon und in den Kämpfen von Bel-
fort für Strapazen durchgemacht haben,
könnt ihr euch denken. Aber was wir
in dieſen vier für uns ſo wichtigen Tagen
an Hunger und Kälke gelitten haben,
glaubt ihr gewiß nicht. Am 13. mar-
ſchierten wir in Richkung Monkbeliard
ab, wo wir Abends gegen vier Uhr in
heftiges Arkilleriefeuer kamen; nachdem
wir zwei Stunden darin ausgehalten hat-
fen, wobei eine Granate drei Schritte
vor der Fahne des 2. Bakaillons krepier-
ke und drei Mann geköket und verwundel
hakte, gingen wir eine halbe Stunde ſpä-
ter nach Charmont ins Quartiet, wo wir
enkblößt von allen Nahrungsmitteln uns
Kartoffeln abkochten. Den anderen
Morgen ging es erſt recht los. Nach
Genuß von einem halben Teller Kar-
koffelſuppe marſchierten wir ſechs Ahr
früh fork, um in einem Walde zwei Stun-
den lang auf den Knien im Schnee zu
liegen. Dann kamen wir in Reſerve-
ſtellung, und abends rückten wir auf
Vorpoſten, wo wir die ganze Nacht zu-
brachten, um morgens wieder ein an-
deres Biwak zu beziehen. Und dies
alles, ohne etwas Warmes oder üÜber-
haupf etwas genoſſen zu haben. Nach-
dem wir ſo auch den folgenden Tag ver-
brachk halten, kamen wir abends totmüde
etwas weiter zurück in Reſerveſtellung
ins Quartier legen, denn unſere armen
Leute fielen vor Ermaktung einfach mit-
ken in den Schnee und gaben 3. T. kein
Lebenszeichen mehr von ſich.
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