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Heidelberger Beobachter: Kampfblatt der Nationalsozialisten für Odenwald und Bauland (1 (Januar-August)) — 1931

DOI Kapitel:
Nr. 15 - Nr. 22 (4. März - 28. März)
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Seite 3

1. Jahrg. / Yr. 15

Etadt Heidelberg.

Unglaublich,aberwahr

„Neu-Heidelberg,“ dieſe von edelſten
jozial- und demokrakiſchen Gefühlen ge-
ieitete Baugenoſſenſchaft hat in Berbin-
dung mit dem Mieteinigungsamt wieder-
um ein Glanzſtück von ſozialer Geſin-
nung vollbracht. Die Bewohner vom
Pfaffengrund/ faſt ausſchließlich Arbei-
ter und Angeſtellte mit einem Wochen.
lohn von 30 bis 40 RM, bezahlen ſeit
Jahren ungefähr 30—40 RM. an Miete,
aljo ein Biertel ihres härglichen Ein-
kommens. Da nur ein Teil dieſer Be-
wohner das brukale und verfragswidrige
Borgehen der Arbeiterführer und Ge-
noffen Stock, Maier, Bartmann, Men-
ges, Kuhn und anderer im letzten Jahr
nicht mitmachte, beantragten dieſe edlen
Kämpfer für die „Minderbemittelten
im April letzten Jahres beim Mieteini-
gungsamt, daß die Miete für die um ihre
Erijtenz ſchwer ringenden Menſchen von
bisher 30—40 RM. auf 60—90 RM.
monatlich hinaufgeſetzt werde.

Beſſer kann die Arbeiterfreundlich-
keik und die Sorge um das Wohl der
werktätigen Maſſe nicht bewieſen wer-
den. Grenzenlofe Arbeitsloſigkeit, Hun-
get und Elend überall, täglich weitexer
dohnabbau — und dafür als Erſat eine
Mietfteigerung von — 100 Prozent —.
Und als Beruhigungsmittel werden die
armen Teufel einen mehrwöchenklichen
Erholungs-Aufenthalt auf dem „Blu-
menjffrick“ in Dilsberg und dazu _ eime
von fozialem Zdealismus triefende Bon-
zenrede erhalten, in welcher dem Miet-
wucher und dem privgtkapitaliſtiſchen
Ausbeutungsfyftem ſchärfſter Kampf an-
geſagt wird.

Mie ſchrieb doch ſo ſchön die volks-
beglückende „Bolkszeitung“ im Jahre
1928, als die 13 000 Mark für das zehn-
jährige Stiftungsfeſt „verfejtef“ waren:

„Das Feſt iſt verrauſcht, nun 3zu
neuen Taten im zweiten Jahrzehnt.“

Hier ſind die Taten und weilere wer-
den folgen Arbeiter und Henoſſen, geh'n
Euch die Augen noch nicht auf?

2

Jusfiz!

Aus dem Urteil des Schnellgerichtes am
28. Januar 1931.
füh-

Vorgang: Polizeibeamte
ten einen während der Unruhen Feſf-
genommenen ‚in gewalttätiger Weiſe ab.
Der Angeklagie gab dex über dieſen
Borgang allgemein empfundenen Miß-
gilliäung durch einen „Pfui“-Ruf Aus-

ruch.

Richter: Amksgerichtsrat Dr. Alt-
ſchüler.

„Es ſtand lediglich feſt, daß der An-

geklagte „Pfui“ gerufen und dadurch
jeine Mißachtung den Polizeibeamten
um Ausdruck gebracht hat. was nach
en gefamten Begleitumſtänden nur in
der Abficht geſchehen ſein konnte, die
Polizei zu befchimpfen. Das genügt voll-
ommen zu ſeiner Verurkeilung wegen
Beleidigung.“

Der Angeklagte wurde zu 30.— RA.
Gelditrafe oder zu 5 Tagen Gefängnis
verurteilt.

Kommentar überflüſſig.

*

Steigender Befuch '
der Städt. Bibliotheken.

Aus dem ſoeben abgeſchloſſenen Zahresbericht
der Städtiſchen Bibliotheken für 1930:
Beſtände Beſucher

Volksleſehalle - 2899 16386
Volksbibliothek 21493 45888
Theater · u. Mufikbibliothek 2526 133
Stadtbibliothek 10595 151
Kolonialbibliothek 165

Ausſtellungen 447
Vorträge 772

zujammen 37678 63727

Gegenüber dem Vorjahre weiſen beide Zif-
4 8 Steigerung auf. 1929 waren nur
6652 Bände vorhanden und die Bibliotheken

wurden von 63447 Befuchern aus allen Ein-
wohnerſchichten beſucht.

— — — —

Tragt euer Abzeichen!



Für den ſehr ehrenwerten Herrn
Miniſter Or. med. h. c. Adam Remmele
* heuer ſchwarze Zeiten. Die SPD.
befindet ſich zwar ſtändig „im Bor-
maͤrſch“; fie {ucht im „heiligen Kampfe“
den „zweiten Mann“ zu fangen, aber
dies Unternehmen iſt ſo mühſam, daß es
tägliche Opfer an erſten Männern koftet,
dieweil die Zweiken ausbleiben ſſiehe
Braunſchweig! — Die Studentenſchaft
tut nicht ſo, wie der Oberdalailama für
Kulkur und Unterricht will. — Schließlich
hat es zum Ueberfluß auch noch die badi-
ſche Zuſtizbehörde gewagt, anderer als
parkeiſoziaͤliſtiſcher Auffaſſung zu fein. —

„Saure Gurkenzeit“ mitten im Win-
fer! Der „Prozeß gegen ein deukſches
Volkslied hat alſo in d. Berufungsinſtanz
ſeinen humorvollen Berlauf genommen.
Im erſten Akt hatte die Staatsanwalt-
ſchaft unſere 31 ſangesluſtigen Parteige-
nöffen (mit und ohnẽ Stimme) mit dem
Minus. Honorar von ca. 4000 RM. be-
lohnt. — Im zweiten Akt hat man ſchein
bar eingedenk der Mahnungen Brünings
zur Sparjamkeit, 17 Parkeigenoſſen we-

en mangelnder Stimme „unbejoldet“ ge-
affen, die übrigen 14 auf insgeſamk 280
RM. dotiert. —

Wie man ſieht, iſt
meiner Wirtſchaftsnot die Kalkulakion
ſchwierig. —

Der Herr Remmele ſtieg ins Volk
binab, abet er legte, troͤtz anfänglicher
gegenteiliger Anhündigung keinen Vert
auf die Anweſenheit „feines Volkes”,
denn die Einberufer der Verſammlung
fpertten für die Mehrzahl derer die „gol-
dene Woͤrte“ von den Lippen des gro-

in Zeiten allge-

ßen Or. h. c. vernehmen wollten, den
3uiritt. —
Um nicht ſchimpfen zu müſſen, (von

wegen Republikfchukgejek) ſangen einige
Begeiſterte das WMüllerlied. — Herr
Remmele dereinſt Müllerburſche, fühlke

ſich in ſeiner Ehre gekränkt und klagte
wegen Beleidigung. Das Gericht hat in
der Berufungs Inſtanz für Recht erkannt,
daß das Abſingen eines Bolksliedes
keine Beleidigung iſt. Auch nicht des
44 Hern 7* —
wäre ja auch prächlig: Hieße i
Winter, ſo könnte ich mich beleidigt
fühlen beim Abſingen des Liedes: Win-
ter ade, ſcheiden tut weh“, oder Lenz,
beim Geſang von: „Der Lenz iſt gekom-
men“, oder zar Meiſter, wie die ver-
ehrliche Magnifizenz der Heidelberger
Univerfität bei den Worten: Herr Mei-
ſter und Frau Meiſterin, laßt mich in
Frieden weiterziehn!“

Das Urkeil zeigt jedenfalls richtig, daß
der Herr Remmele keine höhere Ehre
hat, als jeder andere Volksgenoſſe, wie
man es in einer Demokrafie der Gleich-
heit und Freiheik von vornherein hätte
erwarten müſſen.

erner aber hak das Gericht mit
Recht auf die überempfindliche Eitelkeit
unſeres werken Landesbaters keine Rück-
ſicht genommen. — „Scherz, Satyre Iro-
nie und tiefere Bedeutung“ ſind alſo im
politiſchen Kampfe erlaubt, auch wenn
eg den derzeitigen „Größen“ nicht paßt.

Herr Adam Remmele war mit dieſem
Urteil nicht zufrieden. Er will ſeiner bis-
herigen Blamage eine neue beifügen und
legte Reviſion ein. —

Gott, hat dieſer Staat große Sorgen
und ſcheinbar unmäßig viel Geld. — Be-
neidenswert.!

Verſteht ſich von ſelbſt, daß auch die
„wegen aroben Unfugs“ Verurteilten
Reviſion einlegten. —

Auf ein Neues.

Redaktionelle Bemerkung: Wir verweiſen
im übrigen auf die demnächſt in unſerem
Verlage erſcheinende Broſchüte über den

Prozeß.


Am Nachmittag des Volkskrauer-
tages brachte der Bachverein mit dem
Städtijhen Orcheſter und Aenate Noll
an der Orgel unter der Leitung von Prof.
Hermann Meinhard Poppen im gro-
ßen Saal der Stadthalle Mozarts Re-
quiem zur Aufführung.

Das Merk entſtand im Auftrage des
Srafen Malsegg. Die Hauptarbeit daran
fällt in die leßien Monate des Jahres
1791, die lekten not- und krankheiks-
fchweren Lebensmonate Mozarts. Er
ſeibſt hat das Werk nicht mehr vollenden
können, {eine Handſchrift bricht mit dem
achten Takt des Lacrimoſa ab, vom
„Domine Zeſu und „Hoftias“ pat er
noch. die Singſtimme und den General-
baß niedergeſchrieben, die fehlenden
Saͤtze und die Inſtrumentation wurden
von ſeinem Schüler Sühmayer nach

Heidelberg, den 2. März 1031.

Shizzen des Meiſters ergänzt. Mozart
fah voraus, daß er zugleich an ſeimer ei-
genen Totenméſſe ſchrieb und haf in ihr
eines ſeiner ſchoͤnſten Vermächiniſſe hin-
terlaffen. Die Anlage des Merkes _ift
die der Tolenmeſſe übliche. Der In-
troitus beginnt mit dem Gebet um ewige
Rubhe für die Verſtorbenen. Kyrie und
Chriſte eleiſon folgen Das Offextoxium
bringt im „Domine Jefu“ und „Hoſtias“
zwei Gebeie für die Seelen der Abge-
ſchiedenen. Sanctus und Benedielus
büden die folgenden Sätze, das Agnus
Dei führt am Schluß in die Muſik des
Introitus zurück. Für Mozarts Reguien
iſt weſenklich die ernſte kirchliche Haltung,
welche zum Ausdruck kommt, im Meiden
— geſchloſſener Soloſtüche, in
Zurückhaltung bei dramgtiſchen Schilde-
rungen, wie jelbft im „Dies irae“ zu fe-

Presse.

Nationalsozialismus füllen.












Wir fordern Eure Hilfe. Jetzt gilt es,

hen. Das Merk zeigt eine {ttaéfe Zu-
}ammenfufiung der einzelnen Abſchnitte.
o folgen 3. B. das Khrie und Chrifte
eleijon einer Doppelfuge perbunden
unmittelbar nach den Introitus. An
Bach- und Zaͤndelftudien gereift, gibt
Mozart im Requiem, wie ſchon vorher
in der Zauberfloͤte dem Kontrapunkti-
ſchen wieder beſondere Bedeutung für
den Ausdruck des Religiöſen.

Im Klanglichen vor allem zeigt ſich
der deutliche Hang zur Wyſtik der bei
Mozart beſonders in ſeinen letzten Jah-
ren immer ſtärker hervorkritt. Die Ver-
bindung von Hörnern, Fagotten und Po-
ſaunen gelegenklich auch von Trompeten
und Pauken neben den Streichern war
auch ſchon in der Zauberflöte Träger des
myſtiſch Erhabenen im Requiem erſcheint
die Farbe durch das Fehlen der übrigen
Holzbläſer und Hörner noch dunkler Im
Confutatis“ trikt der Gruppe der Män-
nerſtimmen die der Frauenſtimmen mit
der Bitte „voca me“ ſcharf konkraſtierend
gegenüber/ beide Gruppen verxeinigen ſich
zum „oro ſupplex et acclinis“, der har-
moniſch ſtufenweiſe herabſinkenden de-
mulsvoͤllen Bitte um Erlöſung, einer der
überwältigendſten Parlien des Merkes,
Auch im „Lacrimofa“ und „Hoſtias“,
Sätze voll ftiller Ergriffenheit, und an-
deren findet ſich Harmonik dieſes myſti-
ſchen Charahters. Der Chor ſang mit
Difziplin und Klangſchönheit, ihm ſtand
in Ria Ginſter 4 Agnes
Schlier (QAlt), Jojef Mitt Eenor)
und Kurt Wichmann (Baß) ein So-
loquartett gegenüber, das im Tuba mi-
rum“, im „Recordere“, ein Satz, der
Mozart ſeibſt ſehr am Herzen lag, und
beſonders im ſchönen „Benedickus ſeine
guten Stimmittel entfalten konnte. Der
Aufführung des Requiems wurden zwei
kleine Motetten Mozarts vorangeſtellt.
das Adoramus fe“, ein älteres Werk,
und das kleine „Ave verum corpus“ aus
dem Jahre 1791, an denen das Quartett
gleich das glückliche Zueinanderpaſſen.
die Verſchmelzungsfähigkeit ſeiner Stim-
men dattun konnte. — Es ſchien übri-
8 nicht jeder mit dex Verzoͤgerung der

ufführung um eine Viertelſtunde über
den angeſaͤgten Beginn hinaus
ſtanden geweſen zu ſein.
*

Anſchlagſäule.

Seklionsverſammlungen.
Thema: „Kommt die Enkſcheidung ?

Zandſchuhsheim, Zähringer Hof.

Dienstag, den 3. März 1931, abends 830
Uhr: Pa. Stadirat Dr. Abendrolh, Pg.
Stadtrat Wehel.

Weſtſtadt und Bergheim, Brauerei Ziegler.
Mittwoch, den 4. März 1931, abends
8.30 Uhr: Pg. Pleißer, Pg. Stadkrat Wehel.

Altſtadt, Fauler Pelz.

Donnerstag, den 5. März 19831,
8.30 Ubr: Pg. Stadirat Wetzel.

Rohrbach, Adler.

Sanistag, den 7. März 1931, abends
8.30 Uhr: Pg. Pleißzer, Pg. Stadtrat Wehel.

Reuenheim, Schwarzes Schiff.
Samstag, den 7. März 1981,
8.30 uht: Pg. Sadtrat Wehel.

Wieblingen, Adler.

Sonnkag, den 8. März 1931, mittags 3 Uhr:
Pg. Stadkrat Wetel.

Kirchheim, Roſe.

Sonnkag, den 8. März 1931, abends
8.30 Uhr: Pg. Stadtrat Wehel, Pg. Stadk-
rat Abendroth.

einver-

abends

abends

*
Betriebszellen.
Achlung Betriebszellenmitglieder.
Heule, Mittwoch abend, 8.30 Uhr in der Ge-
ſchäftsſtelle Forkſetzung unſeres Kurſes über das
Betriebsrätegefeß. Vollzähliges Erſcheinen un-
bedingk erforderlich. Der Betriebszellenleiter.

A * 7 77
Sumbel-VBolksbegehren
; Liſten abliefern!
Silberner Hirſch.
Geſchäfksſtelle der NSDADV.

—— 636

am Kornmarkt

ist Geßannt

als bester Möbellieferant
 
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