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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 34.1923

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Morris, William: Veredlung der Arbeit im Kunsthandwerk: das Sprossen der neuen Saat
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https://doi.org/10.11588/diglit.10459#0023

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XXXIV. JAHRGANG. DARMSTADT. JANUAR 1923.

VEREDLUNG DER ARBEIT IM KUNSTHANDWERK

das sprossen der neuen saat

Alles von Menschenhand Geschaffene hat eine
i \ Form, die entweder schön oder häßlich ist:
schön, wenn sie mit der Natur übereinstimmt und
sie unterstützt; häßlich, wenn sie nicht mit der
Natur übereinstimmt und ihr entgegen ist. . Wie
alles Wachstum war das Kunsthandwerk eine Zeit-
lang gut und trug Früchte; wie alles Wachstum
ging es eine Zeit unter. Wie alles organische
Wesen, das einst fruchtbar war, wird es wieder
zu etwas Neuem werden! . Ich bin überzeugt,
daß die Menschen nach einer Weile erwachen,
um sich blicken, — die Ode unerträglich rinden
werden und noch einmal mit schöpferischem
Gestalten und Schaffen beginnen werden . .
Dieser Glaube tröstet mich. Mitten in der Dun-
kelheit wird die neue Saat sprossen! . . Den
Menschen die Freude an den Dingen des Ge-
brauchs zu geben, die sie benötigen, ist die
eine Aufgabe des Kunsthandwerks. Ihnen die
Freude an der Arbeit selbst zu geben, — das
ist seine andere Aufgabe! . Ohne die Kunst ist
unsere Ruhe inhaltlos, unsere Arbeit eine Plage.
Lassen wir die Künste aber unsere Arbeit ver-
edeln, dann hat niemand mehr eine Entschuldig-
ung, sich dem Segen der Arbeit zu entziehen.

Es wird viel nur auf den »Schein« berechnete
Arbeit in der Welt hervorgebracht. Ein wie guter
Grund würde aber gelegt, wenn wir Handwerker
uns entschlössen, nur ausgezeichnete Arbeiten
zu liefern, — statt, wie nur zu oft geschieht, die
Mittelmäßigkeit zur Norm zu machen . . Wann
werden wir so weit sein, daß wir, zur Verschöne-
rung des Lebens, mit Freude Hausgerät kaufen,
verkaufen und herstellen, auf das wir seiner
edlen Arbeit wegen stolz sein können? . .
Wenn eine Anzahl Männer zu irgend einer Zeit
ihr Herz ernsthaft an ein Werdendes hängen,
das nicht der Natur zuwider ist, — so kommt es
einmal gewißlich zustande . . Die im Kunsthand-
werk Arbeitenden müssen wahrhafte Künstler sein,
sie müssen leiten: die Mode wird sich dann wil-
lig fügen. Der Handwerker muß Seite an Seite
mit ihnen arbeiten. Die Künstler müssen mit ihrer
Kunst alle, die mitarbeiten, anfeuern, sodaß auch
sie zu Künstlern werden, ein jeder in seiner Art
und Arbeit. . Denn was ist ein Künstler anderes
als ein Handwerker, der entschlossen ist, seine
Arbeit vortrefflich zu gestalten? Was ist denn
Kunsthandwerk anderes als Freude am ge-
lungenen Werk der Hände? . . william Morris.

1923.l l
 
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