Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 34.1923
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https://doi.org/10.11588/diglit.10459#0296
DOI article:
Baur, Albert: Das Bleibende im Wandel: zu den Arbeiten von Becher & Tamm
DOI article:Weiheit des Konfutse
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INNEN-DEKORATION
275
architekten bercher & tamm—basel
haus m. r. —basel mit garten-anlage
DAS BLEIBENDE IM WANDEL
zu den arbeiten von bercher & tamm
Auch dem bürgerlichen Wohnraum kommen die Lehren,
L die aus der Erkenntnis ostasiatischer Kunst sich ge-
winnen lassen, zugute. Nicht in unselbständigem Nach-
Lernen oder Nach-Tun, sondern als eine vertiefte Ein-
sicht: als Erlebnis der Kunst in ihrer grundlegenden
Klarheit und Einfachheit und ihrem Reichtum der Einzel-
formen, als Abkehr von allem verlogen sich blähenden
Prunk; als Empfänglichkeit für sorgfältig durchgearbeitete
Form im Wohnraum, — die ihre Werte erst nach und
nach kundgibt, für wenige Zierpunkte, die dauernd
anregen, weil sie voll lebendigen Lebens sind; als Ge-
fühl für den reinen Akkord der Farbe, die stärker
noch bindet als die Form und jene Vielheit der Ge-
staltung zuläßt, die uns vor Starrheit schützen kann. . .
Es ist nicht Zufall, daß die Basler Architekten
Bercher & Tamm diesen Stil der Freiheit in Häusern
und in Räumen pflegen. In dieser Stadt der Überliefe-
rung ist man den schönen alten Dingen zugetan. Aber
noch stärker ist der Sinn für das Echte. Wer in künst-
lerischen Dingen feinfühlig ist, weiß, daß nichts schlechter
zu guten alten Möbeln, zu alten Gläsern, zu feinem alten
Tafelgeschirr paßt als das »Falsifikat«, als das nachge-
machte Einrichtungs-Stück, das immer fremd, unheimlich,
unpersönlich neben dem Echten steht. Solche Ware ist
nicht Kunst, ist der feingepflegten Art des Alten fremd,
weil sie kalt und von genau gegensätzlichem Wesen ist.
Alles Echte aber klingt zusammen, steht »gleich-
wertig« in geselligem Neben-Einander-Sein, schafft jene
Behaglichkeit, die den Wohnraum in jeder Stimmung als
angenehmes Gefäß für vielgestaltiges menschliches Sein
erscheinen läßt . . Hausrat, wie ihn echtes Künstlertum
schafft, ist unter alten Formen kein Fremdling. Es be-
steht das Problem, das neue Möbel, die neuen, großen
und kleinen Einrichtungsstücke so zu schaffen, daß sie
die Nachbarschaft der guten alten Stücke gut und gerne
vertragen. Das gelingt aber nur in strenger künstlerischer
Zucht. Sie muß dazu führen, das nur Halbwertige aus
dem Heim zu verbannen, — nur das Empfundene, das
Echte, das Lebendige zu suchen. Ein anderer Weg zum
Zeitlosen, zum Bleibenden, in allen Wandlungen der
Form Bleibenden, ist nicht denkbar . . dr. albert baur.
WEISHEIT DES KONFUTSE
Tsze-Lu fragte nach dem Wesen des Edlen. Kon-
f u t s e sprach:» Er trachtet nach seiner Vervollkomm-
nung, indem er wohl auf sich selber Acht hat.« »Und
daran«, erwiderte jener, »wäre es schon genug?« Darauf
er: »Er trachtet nach seiner Vervollkommnung, um
anderen Frieden zu geben«.. »Und daran wäre es genug?«.
Konfutse erwiderte: »Er trachtet nach seiner eigenen
Vervollkommnung, um allem Volk Frieden zu geben.« k.
1933. ix. 4.
275
architekten bercher & tamm—basel
haus m. r. —basel mit garten-anlage
DAS BLEIBENDE IM WANDEL
zu den arbeiten von bercher & tamm
Auch dem bürgerlichen Wohnraum kommen die Lehren,
L die aus der Erkenntnis ostasiatischer Kunst sich ge-
winnen lassen, zugute. Nicht in unselbständigem Nach-
Lernen oder Nach-Tun, sondern als eine vertiefte Ein-
sicht: als Erlebnis der Kunst in ihrer grundlegenden
Klarheit und Einfachheit und ihrem Reichtum der Einzel-
formen, als Abkehr von allem verlogen sich blähenden
Prunk; als Empfänglichkeit für sorgfältig durchgearbeitete
Form im Wohnraum, — die ihre Werte erst nach und
nach kundgibt, für wenige Zierpunkte, die dauernd
anregen, weil sie voll lebendigen Lebens sind; als Ge-
fühl für den reinen Akkord der Farbe, die stärker
noch bindet als die Form und jene Vielheit der Ge-
staltung zuläßt, die uns vor Starrheit schützen kann. . .
Es ist nicht Zufall, daß die Basler Architekten
Bercher & Tamm diesen Stil der Freiheit in Häusern
und in Räumen pflegen. In dieser Stadt der Überliefe-
rung ist man den schönen alten Dingen zugetan. Aber
noch stärker ist der Sinn für das Echte. Wer in künst-
lerischen Dingen feinfühlig ist, weiß, daß nichts schlechter
zu guten alten Möbeln, zu alten Gläsern, zu feinem alten
Tafelgeschirr paßt als das »Falsifikat«, als das nachge-
machte Einrichtungs-Stück, das immer fremd, unheimlich,
unpersönlich neben dem Echten steht. Solche Ware ist
nicht Kunst, ist der feingepflegten Art des Alten fremd,
weil sie kalt und von genau gegensätzlichem Wesen ist.
Alles Echte aber klingt zusammen, steht »gleich-
wertig« in geselligem Neben-Einander-Sein, schafft jene
Behaglichkeit, die den Wohnraum in jeder Stimmung als
angenehmes Gefäß für vielgestaltiges menschliches Sein
erscheinen läßt . . Hausrat, wie ihn echtes Künstlertum
schafft, ist unter alten Formen kein Fremdling. Es be-
steht das Problem, das neue Möbel, die neuen, großen
und kleinen Einrichtungsstücke so zu schaffen, daß sie
die Nachbarschaft der guten alten Stücke gut und gerne
vertragen. Das gelingt aber nur in strenger künstlerischer
Zucht. Sie muß dazu führen, das nur Halbwertige aus
dem Heim zu verbannen, — nur das Empfundene, das
Echte, das Lebendige zu suchen. Ein anderer Weg zum
Zeitlosen, zum Bleibenden, in allen Wandlungen der
Form Bleibenden, ist nicht denkbar . . dr. albert baur.
WEISHEIT DES KONFUTSE
Tsze-Lu fragte nach dem Wesen des Edlen. Kon-
f u t s e sprach:» Er trachtet nach seiner Vervollkomm-
nung, indem er wohl auf sich selber Acht hat.« »Und
daran«, erwiderte jener, »wäre es schon genug?« Darauf
er: »Er trachtet nach seiner Vervollkommnung, um
anderen Frieden zu geben«.. »Und daran wäre es genug?«.
Konfutse erwiderte: »Er trachtet nach seiner eigenen
Vervollkommnung, um allem Volk Frieden zu geben.« k.
1933. ix. 4.