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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 34.1923

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Kratz, Heinrich: Volkstümliche Möbel und Raumkunst
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D., I.: Ausdruck des Wesens
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Ritter, Heinrich: Von der Einfachheit
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https://doi.org/10.11588/diglit.10459#0119

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INNEN-DEKORATION

GUSTAV ROSENDAHL — M.-OLADBACH WOHNSTUBE IN EINEM KLEINWOHNHAUS

stuben der Marschbauern. Die Farbe des Fliesenfuß-
bodens, der altersdunkle Holzton der Möbel und des Ge-
täfels, die kräftigen Farben der Stoffe und die lebhaften
Glanzlichter derGeschirre ergeben eine prächtige Wirkung.

Wollen wir wieder eine gute Handwerks - Kunst, so
müssen wir vor allem wieder eine echte Kultur haben.
Das Technische des Handwerks ist wohl erlernbar. Der
Kulturwert, der dem guten Handwerk innewohnt, ist
aber Gefühlswert, er muß aus der Seele herauskommen.
So sehen wir einen langen Weg vor uns, mit der wahr-
haft kulturellen Erziehung eines ganzen Volkes als End-
ziel. Dieses Endziel ist nicht durch rein schulmäßige Er-
ziehung erreichbar. Geistige und körperliche Tüchtig-
keit ist notwendig und ein innigeres Verwachsen mit der
Natur . . Gorch Fock's Mahnwort paßt auf unsere Zeit:
»Von den Singvögeln müssen wir lernen, — die auf
dem dürren Ast am lautesten singen!«. Heinrich kratz.

AUSDRUCK DES WESENS

Die Darstellungsgabe ist für den Künstler die
höchste und einzige Lebensform«, sagt Oskar Wilde.
»Wir leben, indem wir uns »offenbaren« . . Drüben, über
die Mauer stehen einige armselige, berußte Bäume, die
gerade jetzt Knospen treiben von einem fast grellen
Grün .. Ich weiß, was sich bei ihnen vollzieht: sie bringen
ihr Wesen zum Ausdruck«. — »Kann ich nicht Dom-
baumeister sein«, sagt R. Baumbach, »behau ich als Stein-
metz einen Stein; fehlt mir auch dazu Geschick und
Verstand, — trag ich Mörtel herbei und Sand!«. . i.D.

VON DER EINFACHHEIT

Der Weltlauf der Gegenwart scheint auf den ersten
Blick wenig dazu angetan, uns Einfachheit, innere
Gelassenheit und Verdichtung zu gestatten. Das Ver-
wirrende kreist um uns in tollem Wirbel, aufgewühlt sind
alle Dinge von Grund auf. Es kann geschehen, daß der
Mensch sich in diesen Wirbel immer weiter hineinziehen
läßt; es ist aber auch denkbar, daß die Flucht der Er-
scheinungen dem Menschen das innerlich Feste und
BeharrendezumBewußtsein bringt, daß der Mensch die
Kraft gewinnt, dem tollen Wirbel die inwendige Schlich-
tung und Verdichtung entgegenzusetzen. . . Einfach-
heit erhält dann für uns einen neuen Wert, eine neue
Wünschbarkeit. Wie auch der Beschluß der Geschicke
beschaffen sein mag: wir alle werden ihm ein um so
besseres Werkzeug sein, je mehr wir uns innerlich ge-
glättet, verkernt, verdichtet, vereinfacht haben. . . Ein
einfacher Mensch, ein einfaches Ding sind köstlich und
heute zeitwichtiger als je. Sie setzen der lauten, tobenden
Ohnmacht des maßlosen Wollens die nachdrückliche
Macht des Existenten entgegen. Einfache Menschen, ein-
fache Dinge sind ebensoviele Kräftigungen der Welt.
In ihnen ist die wahre Aufraffung zur Tat, die einzig
nötige Erstarkung. Sie sind Verfestigungen des Wahren.
Das Gute wohnt in ihnen und strahlt sich aus. Sie sind
die Beispiele und Vorbilder für das, was geschehen muß.
Wir sehen sie an und wissen auf einmal, daß der Trubel
nur scheinhafter Art ist, und daß der Mensch, wenn er
seiner eingeborenen Würdigkeit nachlebt, auf die Seite des
Festen, des Lebendigen, der Kraft gehört, h. Ritter.
 
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