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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 34.1923

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Wulffen-Mahndorf, ... von: Baukünstler und Bauherr, [2]
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INNEN-DEKORATION

153

PAUL WORZLER-KLOPSCH-LEIPZIG BÜCHEREI IN EINEM EMPFANGS-ZIMMER

BAUKUNSTLER UND BAUHERR.

FORTSETZUNG VON S. 140 UND SCHLUSS

Wachsen die Zahlen lawinenartig an, dann setzt sich
der Mann im Sessel gegen die Kosten-Anschläge
zur Wehr und streicht natürlich gerade das Ungeeignetste.
Und die Herren Unternehmer sagen ihm immer und immer
wieder: »Sehen Sie, das kommt von dem Künstler; ich
hätte Ihnen Ihre Villa, und noch dazu hochfein und pik-
modern, für feste Preise schlüsselfertig abgegeben!« . .
Das ist der springende Punkt, wo zum Schluß so oft beide
Teile wie zerbissen grollende Schäferhunde auseinander-
flüchten, beide mit der Welt zerfallen: der Architekt,
der sich in seinen künstlerischen Aspirationen betrogen
sieht, — der Bauherr, der trübselig auf turmhohen Haufen

von unbezahlten Rechnungen sitzt............

Der Grundfehler liegt darin, daß der Architekt, der
wohl weiß, was alles kostet und was alles dazu gehört,
den Klienten oft betrachtet, wie ein Schäflein, das er
scheeren kann. Er will womöglich bei diesem Bau mit
der Faust auf den Tisch schlagen, er will etwas »zeigen«,
demonstrieren; und der Bau des berühmten Mannes bildet
dann zwar ein ragendes Wahrzeichen, einen »Merkstein«,
— aber Adam Ignaz Krause und Madame wohnen darin

und kommen sich höchst unglücklich vor........

Der »Vertrauens-Architekt« muß, — entgegengesetzt
zu den Unternehmerfirmen und Architekten, — dem
Klienten und seiner Frau begreiflich machen, wie fabel-
haft teuer Bauen ist; — ich rede gar nicht von den heutigen
Preisen, sondern von der alten Zeit . . Er muß ihm seine

Wünsche und Bedürfnisse »zusammendrängen«, —
nicht das Bedürfnis »anregen«; er muß dem Lebens-
Zuschnitt und der Lebens-Auffassung dieser Leute ent-
sprechend klare Begriffe schaffen: Was können wir gut
und gern einmalig ausgeben; was können wir die nächsten
zehn Jahre noch jedes Jahr dazugeben? Dann muß er
seinen Auftraggeber dahin bringen, so vorsichtig zu bauen,
daß keine Nachtrags-Kredite sich ergeben, sondern immer
noch etwas übrig bleibt. Ein taktvoller Künstler muß
einer Biene den Stachel ausziehen können, ohne sich und
der Biene wehe zu tun!.. Hat der Auftraggeber, auch der
»künstlerisch Halbgebildete«, das felsenfeste Vertrauen,
daß der Architekt ihn nicht in unerfüllbare Geldausgaben
reißt, so wird er ihn auch vertrauensvoll gewähren
lassen. Dazu gehört aber, daß der Architekt von Anfang
an wissen muß, welchen Akkord, welchen Grund ton er
anschlagen muß, um alles im richtigen, harmonischen Takt
zu Ende zu führen! Darin aber fehlt er meistens. Hoch-
trabend beginnen beide mit Viererzug aus dem Hofe zu
fahren und eine Droschke zweiter Güte bringt die elenden
Knochenreste heim . . Vom Küchen-Eimer bis zum Be-
leuchtungs-Körper, vom Möbel bis zum Außenbau muß
alles im selben Taktton schwingen, und dieser Grundton
darf nur klingen mit dem erreichbaren Golde; —sonst
gibt es am Ende immer unvermeidliche Mißklänge!
Ein Fall, wie er auch wohl recht häufig ist: Der Mann
wohnt in einer Miet-Wohnung »fertig möbliert«. Nun

1923. V. 3*.
 
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