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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 34.1923

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Okakura, Kakuzō: "Tee-ismus und Tao": östliche Lebenskunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.10459#0147

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INNEN-DEKORATION

PROFESSOR EMIL F AHRENK AMP — DÜSSELDORF

HAUS SCHWICKERING. UMBAU DES KASTELLS

»TEE-ISMUS UNDTAO«

OSTLICHE LEBENSKUNST

Der »Tee-ismus« — plaudert Kakuzo Okakura in
seinem geistreichen »Buch vom Tee«, — ist die
Kunst, Schönheit zu verbergen, auf daß man sie entdecke,
und »anzudeuten«, was man nicht zu enthüllen wünscht.
Er ist das Geheimnis: über sich selbst still und tief zu
lachen — und somit der »Humor« selbst, — das Lächeln
des Philosophen; alle echten Humoristen können als
»Philosophen des Tees« bezeichnet werden . . Er ist ein
Kult, gegründet auf die Verehrung des Schönen, mitten
im Alltags - Grau der Dinge, wie sie sind . . Sein Sinn
geht auf Reinheit und Harmonie, auf das Mysterium
gegenseitigen Erbarmens, auf die Romantik in der ge-
sellschaftlichen Ordnung. Er ist seinem Wesen nach eine
»Religion des Unvollkommenen«; ein zarter Versuch,
Mögliches zu vollenden in dem Unmöglichen, das wir
Leben nennen . . Vielleicht ist heutzutage unser sittsames
Meditieren über das Unvollkommene das beste Mittel,
daß sich West und Ost in gegenseitiger Tröstung finden?.

Tee-ismus ist Tao-ismus in der Verkleidung . . Wer
sich zum Beherrscher der Lebenskunst machen
konnte, war der rechte Mann der Taoisten . . Sakyamuni,
Konfuzius und Laotse, so erzählt man, standen einst-
mals vor einem Krug Essig, — dem Symbol des Lebens,
und jeder tauchte seinen Finger in die Flüssigkeit, um

sie zu kosten. Der real gesinnte Konfuzius fand sie sauer.
Der Buddha nannte sie bitter. Und Laotse erklärte sie für
süß . . Der Taoismus ist, wie der Zennismus: Kult der
»Relativität«: Nichts ist wirklich, — mit Ausnahme des
Inhalts unseren Gedanken. Das Unendliche, lehrt Lao-
Tse, ist das Enteilende, das Enteilende ist das Entschwin-
dende, das Entschwindende ist die Wiederkehr. Tao ist
der Geist des kosmischen Wandels, das ewige Wachstum,
das in sich wiederkehrt, um neue Formen zu gebären.
Der Taoist zögert wie einer, der seine Umgebung fürchtet,
ist leer wie ein Tal, formlos wie erregte Wasser . . Lao-
Tse lehrt: die Realität eines Zimmers ruhe im »leeren
Raum«, der von Dach und Wänden umschlossen sei, —
nicht in dem Dach und den Wänden selbst. Im leeren
Raum allein wird Bewegung möglich; der leere Raum
sei allmächtig, — weil er allumfassend sei. Wer aus sich
selbst einen »leeren Raum« schüfe, in den andere »frei
hineingehen« könnten, wäre Herr aller Situationen;
denn das Ganze vermöge stets die Teile zu beherrschen!
Ju-Jitsu, die Kunst der »Selbst-Verteidigung«, verdankt
seinen Namen einer Stelle in »Tao-Teh-King«. Das Ju-
Jitsu sucht den Feind zu entkräften und zu erschöpfen durch
ein Nicht-Widerstehen, also ein Vakuum . . Man spart
die eigene Kraft auf, — bis zum Sieg im Endkampf«. K.o.
 
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