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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 34.1923

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D., I.: Die edle Kochkunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.10459#0078

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INNEN-DEKORATION

professor heinrich straumer—berlin

blick ins speisezimmer. haus de vr1ess

DIE EDLE KOCHKUNST

Ein — stilistisch und inhaltlich — höchst ergötzliches
Loblied auf die »Gastrosophie« lesen wir in einem
älteren Büchlein »Das Menü« von Oberhofmarschall a. D.
Geh. Rat Dr. v. Malortie. Hier einige wenige Kost-
proben: »Die Kochkunst ist die älteste der Künste!
Sie ist dadurch auch diejenige Kunst, die dem bürger-
lichen Leben den größten Dienst leistet« . . »Alles geht
bekanntlich vom Magen aus. Ein zufriedener Magen schafft
ein zufriedenes Herz . . Woher entspringt alles Böse in
der Welt? Aus schlechter Verdauung! . . Und woher
kommt die schlechte Verdauung? Von mangelhafter Koch-
kunst .. O, Du edelste der Künste! Du Ernährerin des
höchsten Sinnes! Du weißt Hoch und Niedrig, Klug und
Einfältig an einer Tafel zu vereinen . . Du versammelst
Dichter und Staatsmänner bei Leuten, zu welchen ohne dich
niemand käme . . Du gewährst den schönsten Ruhm, wenn
nicht den edelsten, so doch den am weitesten hin duften-
den, den ein Mann sich erwerben kann: daß man von
ihm sagt, »er gibt gut zu essen« .. Darum seid stolz, Ihr
Könige und Königinnen des Kochtopfes. Der Kochlöffel,
den Ihr schwingt, ist ein mächtiges, herrliches Zepter!«. .

Die Mahlzeit selbst ist eine Ruhezeit von den Müh-
seligkeiten des Lebens, also ein sicherer, angenehmer, ja
festlicher Punkt im Leben, und die Labung, die dem
Körper durch Speise und Trank widerfährt, bringt auch

wohl von selbst eine, zur Mitteilung in Wechselgespräch
geneigte Stimmung hervor.. Dennoch wird der Eß-Künst-
ler stets das Essen selbst als eine Haupt-, das Reden als
Neben-Sache betrachten, — und sich dabei sehr ungern
durch eifrige Unterhaltung seines Nachbars stören lassen.

Der Hunger ist nach der Ansicht eines berühmten
Arztes: das lebhafte Verlangen, welches uns wünschen
läßt, irgend etwas zu genießen, um das Gefühl der inneren
Leere zu beseitigen . . Der Appetit ist hingegen ein
komplizierteres Gefühl; er ist entschieden das Gefühl
eines Vergnügens, welches die Befriedigung der Not-
wendigkeit begleitet. Bedürfnis ist beides, — der Hunger
ist nur vorwiegender. . . Für ihn ist die Redensart be-
zeichnend: »In der Not frißt der Elefant Mücken«. . . .

Der Gourmand ist begierig auf alles, was gut schmeckt,
ohne Rücksicht auf die Gesundheit, auf das Maß und die
Gesetze der Grazien. . Der Gourmet ist bloß lüstern.
Der »Gastrosoph« wählt aus dem Guten das Beste, in
schönster Form.. Die Frauen sind fast immer Gourmets. .
Der Gourmand verdirbt sich oft den Magen, wird meist
ein Opfer der Gicht und des Podagra; der Gourmet tut
dies vielleicht langsamer, — aber gründlicher und wird
im Alter leicht zum Hypochonder, . der Gastrosoph im
Gegenteil wird selbst eine geschwächte Gesundheit
durch kluges Verhalten wiederherzustellen wissen« .. i. d.
 
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