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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 34.1923

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Upanishad: Von der lebenden Seele
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https://doi.org/10.11588/diglit.10459#0299

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278

INNEN-DEKORATION

architekten bercher & tamm-basel. treppenaufgang im hause m.r. seite 275

VON DER LEBENDEN SEELE

Wenn einer, mein Lieber«, — sprach Aruni zu seinem
Sohn Shvetaketu, — »diesen großen Baum an der
Wurzel anschlägt, so wird dieser, weiterlebend, seinen
Saft strömen lassen; wenn er ihn in der Mitte anschlägt,
so wird dieser, weiterlebend, seinen Saft strömen lassen;
wenn er ihn am Gipfel anschlägt, so wird dieser, weiter-
lebend, seinen Saft strömen lassen. Von der leben-
digen Seele durchdrungen, sproßt er fröhlich weiter. .
Wenn aber die Seele einen seiner Zweige verläßt, dann
verdorrt er; verläßt sie einen zweiten, so verdorrt er,
verläßt sie einen dritten, so verdorrt er; verläßt sie den
ganzen Baum, so verdorrt er ganz.« Ganz in derselben
Weise, wisse, mein Lieber, sprach er, »stirbt das, was

von der lebenden Seele ver-
lassen ist; nicht aber stirbt
die lebende Seele. Diese
feinste Substanz durchzieht
das All: das ist das Wahre,
das ist das »Selbst«, das
bist Du, Shvetaketu«.
»Lehre mich noch weiter«.
»Ja, mein Lieber«, sprach
er. . »Bringe mir von da
eine Nyagrodha-Frucht«.
»Hieristsie, Ehrwürdiger«.
» Spalte sie.«» Sie ist gespal-
ten, Ehrwürdiger«. »Was
siehst du da?«. »Ganz feine
Körner nur, Ehrwürdiger«.
»Spalte eines von diesen«.
»Es ist gespalten, Ehrwür-
diger«. »Was siehst du
da?«. »Nichts, Ehrwürdi-
ger«. Der sprach zu ihm:
»Der feinste Stoff, den du
nicht wahrnimmst, aus dem
besteht so der große Nya-
grodha-Baum. Glaube mir,
mein Lieber, dieser feinste
Stoff durchzieht dies All:
das ist das Wahre, das ist
das Selbst, das bist Du . .
»Wie eine Spinne ihr fein
Gewebe aus sich heraus-
spinnt und zurücknimmt,
wie auf der Erde Kräuter
entstehen und vergehen,
so entsteht das All aus dem
Unvergänglichen, so geht
und kehrt die Seele wie-
der im Traum und Wachen.
Wie aus dem hellen Feuer
Funken hervorgehen, so
entstehen aus dem Un-
wandelbaren allerlei Wesen
und kehren dahin zurück ..
Wer sein Selbst gefunden
und in diesem dichten Be-
hälter des Leibes wahrge-
nommen hat, der ist selbst-
schaffend, dem gehört
dieWelt und er ist dieWelt.
Wenn einer wirkt, dann vollendet er. Ohne gewirkt zu
haben, vollendet man nicht. Das Wirken muß man zu er-
kennen suchen . . »Das Wirken, Ehrwürdiger, wünsche
ich zu erkennen« . . »Wenn einer der Wonne teilhaf-
tig wird, dann wirkt er«. »Die Wonne, Ehrwürdiger,
wünsche ich zu erkennen«. »Fülle ist Wonne. Diese
Fülle ist oben, unten, im Osten, Westen, Süden und
Norden. Sie ist diese ganze Welt« . . Nun lautet die
Lehre in Bezug auf das »Selbst«: Das »Selbst« ist
oben, unten, im Osten, Westen, Süden, Norden. Das
Selbst ist die ganze Welt. Das Selbst im Innern des
Herzens ist feiner als ein Senf- oder Hirsekorn. Dies
Selbst im Innern des Herzens ist größer als die Erde,
größer als der Luftraum, größer als der Himmel, als das
Weltall. Es ist allwirkend, allumfassend . . upanishad.
 
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