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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 34.1923

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Morris, William: Dreierlei Arten der Arbeit: mechanische, verständige, beseelte Arbeit
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Lang, Hugo: Der Lebens-Künstler
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https://doi.org/10.11588/diglit.10459#0194

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INN EN-DEKORATION

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anderen hervorgebracht werden. Diese Arbeit ist ganz
und gar »Vergnügen«, — sie erhebt den Arbeitenden,
es ist die beseelte Arbeit des Kunsthandwerkers.

Der Unterschied zwischen der »mechanischen« und
der »verständigen« Arbeit ist der Unterschied zwischen
Dunkel und Licht; zwischen der »verständigen« und der
»beseelten« Arbeit aber ist nur ein Grad-Unterschied. Der
rein mechanisch Arbeitende ist eine Maschine; der echte
Handwerker und Künstler aber ist »Mensch«. In den
besten und glücklichsten Zeiten des Kunsthandwerks gibt
es kaum irgend eine mit Verständnis hervorgebrachte
Arbeit, an der nicht auch die schöpferische Phantasie,
das Gemüt, die Seele mitgewirkt hätte . . Die mecha-
nische Arbeit wird die Kunst, — wie wir sie kennen, —
völlig zerstören, — wenn die neugeborene Kunst nicht
sie überwindet! Wahrscheinlich aber wird jene freud-
lose Arbeit am Ende auch sich selbst zerstören, — und
so der neuen Kunst Platz machen, von deren Form
wir Heutigen noch kaum eine rechte Vorstellung haben.

*

Die beseelte Arbeit ist die Blüte jeder Kultur, sie
trachtet nach der Vollkommenheit, in ihr liegt der Wert
und der Sinn des Lebens, sie ist das Symbol des Mutes
zum Leben! . Auf den ersten Blick scheint sie wenig
Aussicht zu haben, zu siegen. Dennoch kommt es uns
gegenwärtig Lebenden vor, als hätte der Mensch jetzt
noch nicht ganz den Teil seiner Seele verloren, der sich
nach Schönheit sehnt. Ja, wir können nicht anders als
hoffen, daß dieses Verlangen noch nicht erstorben ist.
Ist das wahr, dann ist die Kunst wirklich leben-
dig im tiefen Dunkel: sie wird wachsen und zunehmen
an Kraft, sie wird, — welche Umwandlung sie auch er-

fahren mag, — schließlich siegen und allen Menschen
der Zufriedenheit die Fülle bringen . . Denn Kunst bringt
Kunst hervor und jedes vollendete Werk, das Wert hat
und an dem Hersteller wie Benutzer Freude haben, er-
zeugt ein Verlangen nach mehr! Und da keinerlei
Kunst durch bloß mechanische Arbeit hervorgebracht
werden kann, so wird die Nachfrage nach wirk-
licher Kunst, nach beseelter Arbeit mit der Zeit
ein Angebot zur Folge haben, das ihr entspricht. Das
ist wenigstens meine feste Zuversicht . . William Morris.



DER LEBENS-KÜNSTLER

Wem das Schicksal nie Dornen in den Weg warf,
der beklagt sich gerne schon über den Strohhalm,
der ihm vor die Füße gerät« . . Der weise Mensch und
Lebens-Künstler aber sucht das Widerwärtige, das
Böse und Feindliche, das ihm begegnet, zu »umgehen«,
oder aber und besser noch, es »umzuschmelzen«,
sodaß es ihm zum Guten dienen muß . . »Diese Gurke
ist bitter?«, — lehrt der Stoiker Marc Aurel: »nun so wirf
sie weg! Es ist Dornengestrüpp am Weg: weiche ihm aus;
das genügt. Frage nicht noch: »Wozu gibt es denn nur
solche Dinge auf der Welt ?« Sonst würde dich ein Natur-
Kundiger auslachen, — wie der Tischler und Schuster
dich auslachen würden, wolltest du's ihnen zum Vorwurf
machen, daß du in ihren Werkstätten Hobelspäne und
Leder-Abfälle siehst. Und doch haben diese Leute noch
einen Winkel, wo sie dergleichen hinwerfen können.. Das
Wunderbare der Allnatur aber ist, daß sie alles, was in ihr
zu verderben, alt und unbrauchbar zu werden droht, um-
wandelt und daraus wieder anderes, Neues bildet.« . l.

ADELBERT NIEMEYER —MÜNCHEN. BÜCHERSCHRANK. AUSFÜHRUNG: DEUTSCHE WERKSTATTEN A.-O.
 
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