Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 34.1923
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https://doi.org/10.11588/diglit.10459#0176
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Lang, Hugo: "Das Bewegte"
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INNEN-DEKORATION
155
AUSF.: MAX
KASSUBE
PFORZHEIM
SCHNITZEREI
»DAS BEWEGTE«
Die Abwehr gegen das Ornament,
die man häufig antrifft, richtet
sich — wie sich durch Kontroll-
Versuche beweisen läßt — nicht
gegen das Zierwerk an sich, sondern
gegen die Formlosigkeit und Gefühl-
losigkeit dessen, der ein schlechtes
— und daher störendes — Zierwerk
schafft. Der sinnvolle Zierat ist nie-
mals überflüssig oder störend, er
bietet innerhalb des Statisch-Struk-
turellen das »Bewegte«, das not-
wendig ist, um im Wohnraum ein
gewisses Maß von »Schwingungen«
zu erzielen, in der starren Wohnzelle
das »Lebendige« anklingen zu las-
sen. . Die Art und Stärke dieser
Schwingungen in ihrem Verhält-
nis zum vorhandenen statischen Ele-
ment ist dabei das Wichtige. Drängt
sich die aktive Bewegung zu stark
und unrhythmisch vor, so ergeben
sich Störungen für den Beschauer.
Uberwiegt hingegen das Prinzip der
gebundenen Form und der Wieder-
holung, so ist Monotonie und innere
M. KASSUBE. GESCHNITZT. WANDLEUCHTER
Leere zumeist die Folge.. Die Har-
monie entsteht da, wo — wie im
Organisch-Lebendigen — zwischen
den Kräften der Bewegung und dem
Stoffe ein »angemessenes Ver-
hältnis« steht: da ist Rhythmus,
Leben und Seele .. Das Streben des
echten Kunsthandwerkers wird da-
her immer darauf gerichtet sein,
diese Harmonie zu suchen! Nur der
aber wird sie finden und in seinem
Werk zum Ausdruck bringen kön-
nen, dessen Wesen in diesem me-
lodisch - rhythmischen Gleichmaß
schwingt. In reichen, üppigen oder
in leichten, beschwingtesten Formen
wird dann immer ein Angeneh-
mes sich manifestieren: das Le-
ben, das sich in der Materie melo-
disch zu verkörpern sucht. Aber zu
voller sinnlicher Wirkung wird es
immer nur da gelangen, wo die fein-
fühlige Hand des Künstler - Hand-
werkers das Wesen des Stoffes
erspürt und aus dem Holz, dem Me-
tall, dem Stein zum sichtbaren Da-
sein zwingt durch seine formende
Kraft und liebevolle Arbeit. . h.l.
155
AUSF.: MAX
KASSUBE
PFORZHEIM
SCHNITZEREI
»DAS BEWEGTE«
Die Abwehr gegen das Ornament,
die man häufig antrifft, richtet
sich — wie sich durch Kontroll-
Versuche beweisen läßt — nicht
gegen das Zierwerk an sich, sondern
gegen die Formlosigkeit und Gefühl-
losigkeit dessen, der ein schlechtes
— und daher störendes — Zierwerk
schafft. Der sinnvolle Zierat ist nie-
mals überflüssig oder störend, er
bietet innerhalb des Statisch-Struk-
turellen das »Bewegte«, das not-
wendig ist, um im Wohnraum ein
gewisses Maß von »Schwingungen«
zu erzielen, in der starren Wohnzelle
das »Lebendige« anklingen zu las-
sen. . Die Art und Stärke dieser
Schwingungen in ihrem Verhält-
nis zum vorhandenen statischen Ele-
ment ist dabei das Wichtige. Drängt
sich die aktive Bewegung zu stark
und unrhythmisch vor, so ergeben
sich Störungen für den Beschauer.
Uberwiegt hingegen das Prinzip der
gebundenen Form und der Wieder-
holung, so ist Monotonie und innere
M. KASSUBE. GESCHNITZT. WANDLEUCHTER
Leere zumeist die Folge.. Die Har-
monie entsteht da, wo — wie im
Organisch-Lebendigen — zwischen
den Kräften der Bewegung und dem
Stoffe ein »angemessenes Ver-
hältnis« steht: da ist Rhythmus,
Leben und Seele .. Das Streben des
echten Kunsthandwerkers wird da-
her immer darauf gerichtet sein,
diese Harmonie zu suchen! Nur der
aber wird sie finden und in seinem
Werk zum Ausdruck bringen kön-
nen, dessen Wesen in diesem me-
lodisch - rhythmischen Gleichmaß
schwingt. In reichen, üppigen oder
in leichten, beschwingtesten Formen
wird dann immer ein Angeneh-
mes sich manifestieren: das Le-
ben, das sich in der Materie melo-
disch zu verkörpern sucht. Aber zu
voller sinnlicher Wirkung wird es
immer nur da gelangen, wo die fein-
fühlige Hand des Künstler - Hand-
werkers das Wesen des Stoffes
erspürt und aus dem Holz, dem Me-
tall, dem Stein zum sichtbaren Da-
sein zwingt durch seine formende
Kraft und liebevolle Arbeit. . h.l.