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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 34.1923

DOI Artikel:
Rathenau, Walther: Technik und Kunst
DOI Artikel:
Lang, Hugo: Stoff und Idee, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.10459#0222

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INN EN-DEKORATION

201

TECHNIK UND KUNST

Technische Weike können wohl Schönheit
haben, die der Techniker empfindet und
die der Ästhet affektiert und überschätzt,
aber diese Schönheit ist zur Hälfte Verstandes-
Sache und daher vergänglich .. Sind die tech-
nischen Werke der Vergangenheit für unser
Dasein demnach nichts anderes mehr als ab-
gestorbene Glieder, überwundene Aushilfs-
mittel überstandener Nöte und somit keines
bleibenden Wertes gewürdigt, so erkennen
wir hingegen von neuem die unveränderliche
Größe, die Unbedingtheit der Werke der
Seele, der »Schöpfungen« . . Diese
Dinge gehen uns an! . Würden uns alle
technischen Bequemlichkeiten der vergan-
genen Jahrhunderte genommen, so wäre, —
außer der guten Gewöhnung an viel Wasser
und verbesserte Beförderungsmittel, — sogut
wie nichts zu vermissen. Müßten wir aber
die Musik, die Philosophie, die Kunst, die
Äußerungen der Seele dieser Zeiten ent-
behren, so wären wir unaussprechlich verarmt.

Immer wird die Bedeutung der Zivili-
sation eine quantitative sein, sie bleibt Mittel
und Baugerüst. Kultur aber bedeutet Er-
füllung, somit ein Absolutes . . Die Volks-
Stämme, die vorbereitend, also technisch
an der Schulung der Menschheit teilgenommen
haben, sind in den Fluten überströmender
Völker aufgelöst, während die kleine Zahl
der wahrhaft schöpf e risehen Nationen ihr
wirksames Erbe der Welt erhalten konnte. .
Das Gedächtnis der Welt ist »Erinnerung
der Seele« . . Wir wären nicht, was wir
sind, wir dächten nicht unsere Gedanken,
wir lebten am Ende in Einöden, wäre nicht die
S e e 1 e der Vergangenheit in uns und unter uns
lebendig .. Es ist, als ob vergangene Kultur
am Boden haftet und eine traumhaft leuch-
tende Atmosphäre über ihn breitet . . Das
Land, das die Flamme der Seele getra-
gen hat, verdunkelt nicht«, w.rathenau.
*

STOFF UND IDEE, (schluss von s. 199.) Für die Ein-
richtung des Heims, — die uns hier angeht,
handelt es sich nur um »Dauerwerte«, um Einrichtungs-
Gegenstände, die, — wenn sie einmal beschafft sind,
zum dauernden Bestand des Bewohners, der Familie,
der Generation gehören sollen. Darum sind hier nicht
flüchtige Expressionen einer Augenblicks-Laune, sondern
aus echtem Material von der kraftvollen Hand des Kunst-
handwerkers geschaffene Gebilde das, was wir brauchen.

Und wenn man die formschönen und aus hochent-
wickeltem Material-Empfinden hervorgehenden Möbel
und Einrichtungsstücke eben jener Neu-Wiener Künstler
betrachtet, die hier in der »Innen-Dekoration« zur Ver-
öffentlichung kommen, dann erkennt man, daß die theo-
retischen Erörterungen von Jos. Aug. Lux gewissermaßen
im Wolkendunst über der Wirklichkeit schweben. Denn
in den besten dieser Arbeiten ist beides vereinigt:
Technik und Kunst, Stoff und Idee, Material und Geist,
beides in gleichem Ausmaß, im Gleichgewicht, ver-

dr. oskar wlach. kachelofen im damen-schlafzimmer seite 200

einigt zur edlen Form. Und auch »Tradition« und »Neu-
zeit« sind hier nicht getrennt, sondern organisch ver-
einigt. Diese Werke sind deshalb so bedeutungsvoll,
weil in ihnen der sachliche, konstruktive Geist des Tech-
nikers — man kann wohl sagen zum erstenmal in solch
inniger Verbindung mit einem hochgespannten, rein
künstlerischen Form-und Materialgefühl sich aus-
wirkt. Sind diese neuen Einzelmöbel, Lichtträger usw.,
die hier in Abbildungen vorliegen, nicht in ihrer kraft-
vollen, ja fürstlich-selbstsicheren Haltung restlose »Ver-
wirklichungen« des Formgeistes in dem Material, sind
sie nicht sinnlich vollkommene Verkörperungen?
Darum werden hier auch ständig diese neuen Schöpfungen
gezeigt, damit alle kunsthandwerklich Schaffenden er-
kennen können: nicht aus Theorien, sondern aus tech-
nischem Können, aus künstlerischem Vermögen,
in'echtem Material erstehen die organisch und restlos
»verkörperten« Form-Ideen: die gediegenen Möbel
und Einrichtungs-Stücke, die wir suchen . . hugo lang.
 
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