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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 34.1923

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Straumer, Heinrich: Bauherr und Bauwerk
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https://doi.org/10.11588/diglit.10459#0076

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56

INNEN-DEKORATION

professor heinrich straumer —berlin

aufgang zum obergeschoss. haus de vriess

BAUHERR UND BAUWERK

von professor heinrich straumer

Anders wie bei dem Maler und Bildhauer, bei denen
/~\. das mit eigener Hand Geformte ihre unmittelbare
Schöpfung ist, vollzieht sich bei dem Architekten das
Werden seines Werkes, das wohl aus seiner Formkraft
und seinem Willen, aber erst durch vieler Hände Arbeit
aus den Baustoffen ersteht. Keiner der Ausübenden in
der bildenden Kunst ist auch so abhängig vom »Auftrag«
wie der Baukünstler . .Jede Auftrags-Erteilung ist zu-
nächst eine Willens-Äußerung des Auftrag-Gebers,
dessen Anschauung in der Bemessung der aufzuwenden-
den Mittel und der Aufstellung des »Programms« für
das gewollte Werk sich richtunggebend ausdrücken. . .

Soll aber ein Werk der Kunst aus der Eingebung
des, vom Bauherrn durch seine Willens-Erklärung be-
rufenen, Architekten hervorgehen, so muß diese »Willens-
Äußerung« bereits zugleich von einem starken und
sicheren »Gefühl« für die gestaltende künstlerische
Kraft bestimmt sein . . Anders gesagt: ein gutes Bau-
werk kann der Künstler nur dann hervorbringen, wenn
auch der Bauherr an einem schöpferischen Gestalten
und demWerden einer neuen Schönheit Freude empfindet!
Er muß mit vollem Verständnis dem schöpferischen Vor-
gang in der Seele seines Architekten folgen können und
inneren Anteil nehmen an dem gedanklichen Ausreifen
des Werkes — das all' den Widerständen und Schwierig-
keiten der technischen Durchführung zum Trotz ersteht.

Bedingt schon im Anfang die Wahl seines Architekten
den Erfolg oder Mißerfolg des Bauherrn, so ist auch im
künstlerischen Endergebnis Erfolg oder Mißerfolg in der
letzten Auswirkung ihm selbst zuzuschreiben . . Der Bau-
herr, der mit solcher Auffassung den Architekten beruft,
wird von diesem die volle Entfaltung seiner Kraft er-
warten dürfen, er wird auch vor dem vollendeten Werk
selbst das beseeligende Gefühl schöpferischen Gestaltens
empfinden und an dem wohlgelungenen Erfolg als einem

wirklich eigenen teilnehmen können.........

Nur so ist die Entstehungs-Geschichte der Meister-
werke früherer Zeiten denkbar, — und für die Zukunft
die Wieder-Erlangung einer einheitlichen Baukultur,
wie wir sie in allen wirklichen Blütezeiten bewundern . .
»Ein guter Bauherr — ein gutes Haus!« . h.st.



JEDER echte Kunsthandwerker«, sagt Will. Morris,
»ist sich während seines Schaffens bewußt, daß er
ein Gebrauchsding für einen andern herstellt, der dieselben
Bedürfnisse hat wie er selbst« . . »Eine Materie«, sagt
Goethe,» erhält durch die Arbeit eines echten Künstlers
einen innerlichen, ewig bleibenden Wert. . Dagegen hat
alles, was der bloß mechanische »Künstler« hervor-
bringt, weder für ihn noch für einen anderen jemals
solches Interesse. Denn sein tausendstes Werk ist wie das
erste; und es existiert am Ende auch tausendmal« .. L D.
 
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