Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 34.1923
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https://doi.org/10.11588/diglit.10459#0364
DOI Artikel:
Karow, Otto: Volkskunst und Kunsthandwerk: Zusammenarbeit von Künstler und Handwerker
DOI Artikel:Hardenberg, Kuno Ferdinand von: Der Papierkorb
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INNEN-DEKORATION
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bleiben aussichtslos, so lange er nicht Anteil an dem
geistigen Schaffen einer Kultur-Gemeinschaft gewinnt
und diesem Schaffen organisch eingegliedert ist.
Wenn auch Zustände, die sich langsam entwickelt
haben, unmöglich von heute auf morgen geändert werden
können, so kann dennoch die hier vorliegende Aufgabe
nicht länger zweifelhaft sein. Es ist dahin zu wirken,
den Handwerker, soweit es eben möglich ist, über die
rein handwerklichen Auf gaben hinaus f ür k ü n s 11 e r i s c h e
zu gewinnen, den Künstler dagegen auf die hand-
werklichen Dinge zu verweisen, und rein »persön-
licher« Kunst »allgemeine« kulturelle Ziele entgegen-
zuhalten .. Je mehr dann beide, Handwerker und Künstler,
sich auf dem bezeichneten Wege begegnen, um so mehr
wird die »allgemeine Kultur« gewonnen haben . . Aller-
dings wird man auch so nichts Wesentliches erreichen,
wenn es nicht zuvor gelingt, die allgemeinen künstle-
rischen Ziele unserer Zeit wenigstens einigermaßen in
Ubereinstimmung zu bringen, otto karow.(»wbrkkunst«.)
*
DIE GEMEINSCHAFTS-PFLICHT. Der Regen fällt
nicht ihm, die Sonne scheint nicht ihr, Du auch bist
anderen geschaffen — und nicht Dir . . Angelus silesius.
DER PAPIERKORB. Wir leben im Zeitalter des
Papiers, wo Hab und Gut, Götter und Geld zu Papier
geworden sind, wo sich alles geistige Leben und ein
großer Teil des Lebens überhaupt nur noch auf dem
Papier abspielt: Sollte da nicht der Papierkorb höher
eingeschätzt werden, als es meist der Fall ist? Er sollte
nirgends fehlen. Welche Fülle von Unbequemlichkeit er-
zeugt seine Abwesenheit: man hat einen Brief zerrissen,
— wohin mit den Schnitzeln? Kein Papierkorb da, —
man irrt umher, der Ofen ist voll: — alte Schachteln,
Zigarrenstummel, trockene Blumen quellen aus ihm her-
vor, beredte Zeugnisse seiner Überlastung. Was tun?
Hilflos steht man da und überlegt, — man muß Gott weiß
wohin laufen, um endlich die zwanzig Schnitzel los zu
werden! . . Kein Zimmer ohne Papierkorb! Ihr
Hoteliers, Ihr gastlichen Amphitryonen, schafft Papier-
körbe an! Ihr Künstler sorgt für schöne Papierkörbe;
helft, daß dieser Freund der Menschheit, der geduldig
selbst die albernsten Briefe, die verlogensten Schmei-
cheleien, die unerhörtesten Wahrheiten ohne Murren,
ohne Kritik aufnimmt, nirgend fehle! Er ist ein Geist
der Geduld und Güte, der uns gnädig das abnimmt, was
uns sonst keiner abnehmen will. . k.graf v. Hardenberg.
PROFESSOR
DR. JOSEF
FRANK
IN WIEN
SCHUBLADEN-KASTEN MIT TRAGGESTELL IN DUNKLEM NUSSBAUMHOLZ
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bleiben aussichtslos, so lange er nicht Anteil an dem
geistigen Schaffen einer Kultur-Gemeinschaft gewinnt
und diesem Schaffen organisch eingegliedert ist.
Wenn auch Zustände, die sich langsam entwickelt
haben, unmöglich von heute auf morgen geändert werden
können, so kann dennoch die hier vorliegende Aufgabe
nicht länger zweifelhaft sein. Es ist dahin zu wirken,
den Handwerker, soweit es eben möglich ist, über die
rein handwerklichen Auf gaben hinaus f ür k ü n s 11 e r i s c h e
zu gewinnen, den Künstler dagegen auf die hand-
werklichen Dinge zu verweisen, und rein »persön-
licher« Kunst »allgemeine« kulturelle Ziele entgegen-
zuhalten .. Je mehr dann beide, Handwerker und Künstler,
sich auf dem bezeichneten Wege begegnen, um so mehr
wird die »allgemeine Kultur« gewonnen haben . . Aller-
dings wird man auch so nichts Wesentliches erreichen,
wenn es nicht zuvor gelingt, die allgemeinen künstle-
rischen Ziele unserer Zeit wenigstens einigermaßen in
Ubereinstimmung zu bringen, otto karow.(»wbrkkunst«.)
*
DIE GEMEINSCHAFTS-PFLICHT. Der Regen fällt
nicht ihm, die Sonne scheint nicht ihr, Du auch bist
anderen geschaffen — und nicht Dir . . Angelus silesius.
DER PAPIERKORB. Wir leben im Zeitalter des
Papiers, wo Hab und Gut, Götter und Geld zu Papier
geworden sind, wo sich alles geistige Leben und ein
großer Teil des Lebens überhaupt nur noch auf dem
Papier abspielt: Sollte da nicht der Papierkorb höher
eingeschätzt werden, als es meist der Fall ist? Er sollte
nirgends fehlen. Welche Fülle von Unbequemlichkeit er-
zeugt seine Abwesenheit: man hat einen Brief zerrissen,
— wohin mit den Schnitzeln? Kein Papierkorb da, —
man irrt umher, der Ofen ist voll: — alte Schachteln,
Zigarrenstummel, trockene Blumen quellen aus ihm her-
vor, beredte Zeugnisse seiner Überlastung. Was tun?
Hilflos steht man da und überlegt, — man muß Gott weiß
wohin laufen, um endlich die zwanzig Schnitzel los zu
werden! . . Kein Zimmer ohne Papierkorb! Ihr
Hoteliers, Ihr gastlichen Amphitryonen, schafft Papier-
körbe an! Ihr Künstler sorgt für schöne Papierkörbe;
helft, daß dieser Freund der Menschheit, der geduldig
selbst die albernsten Briefe, die verlogensten Schmei-
cheleien, die unerhörtesten Wahrheiten ohne Murren,
ohne Kritik aufnimmt, nirgend fehle! Er ist ein Geist
der Geduld und Güte, der uns gnädig das abnimmt, was
uns sonst keiner abnehmen will. . k.graf v. Hardenberg.
PROFESSOR
DR. JOSEF
FRANK
IN WIEN
SCHUBLADEN-KASTEN MIT TRAGGESTELL IN DUNKLEM NUSSBAUMHOLZ