Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 34.1923
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https://doi.org/10.11588/diglit.10459#0164
DOI Artikel:
Jürke, Franz: "Selbst-Vertrauen"
DOI Artikel:Geron, Heinrich: Mensch und Wohnraum
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INN EN-DEKORATION
143
architekt josef ruff — köln
bücherei im wohnzimmer
Überlegenheit von Mächten und Völkern, die sich
im Besitz der letzten Weisheit glaubten . . Was
sollte uns Gegenwarts-Deutsche verhindern, das
gleiche von uns anzunehmen, — nachdem unser
Volk seit der Gotik zumeist Bescheidenheit ge-
übt hat? Daß das, was wir hervorbringen, einst-
weilen bei den anderen Völkern seinesgleichen
nicht hat, sollte unser Selbstvertrauen nicht
erschüttern. Wir gleichen sonst einem nervösen
Sänger, der seinen Gesang für schlecht hält, — nur
weil die andern noch immer nicht einstimmen«, j.
★
MENSCH UND WOHNRAUM
Möbel, mit denen man ein Musik-Zimmer
oder ein Arbeits-Zimmer ausstattet, sol-
len diskret sein. Dies ist die allgemeine Linie,
im übrigen ist hier alles aufs Persönlichste ein-
zurichten . . In Goethes Arbeitszimmer kann man
sich kaum umdrehen vor Schreibgelegenheiten,
Jean Paul arbeitete in einem mit Büchern, Bil-
dern und Büsten vollgestopften Raum. Dosto-
jewski dagegen schrieb in einer kargen Kammer,
in der nichts stand als ein Tisch und ein Stuhl . .
Farbigkeit, Wärme und eine gewisse Raum-Trun-
kenheit, das sind wohl die Eigenschaften, die sich
das Gros der Musikfreunde für ein »Musik-Zim-
mer« wünscht. Dagegen protestierte ein berühm-
ter Pianist, der am liebsten in einem nüchternen
Saale spielte, — weil es ihn mitriß, den Sieg der
Musik über den starren Raum zu erleben . . Das
Verhalten des Menschen zum Wohnraum und
zu den Dingen ist ebenso vielfältig und bezeich-
nend wie seine Beziehung zum Menschen!. h. g.
»SELBST-VERTRAUEN«
Jede Zeit will ihre Form, — und »wenn eine
Zeit allen vorhergehenden so unähnlich ist wie
die unsrige«, — schreibt Franz Jürke in der
»Qualität«, — »muß ihre Form nicht minder ab-
weichend sein! Warum auch sollte der Fort-
schritt in ganz neue Gebiete, — auf den Wis-
senschaft und Technik stolz sind, — für unsere
Kunst ein Mangel sein? Auch daß sie sich zu-
nächst vom Volkstümlichen, im engsten Sinne,
entfernte, ist ihr ein erträglicher Vorwurf; denn
nur so konnte sie der Raum-Ausdruck von
Lebens-Bedingungen werden, die die neue Zeit
hervorbrachte .. Man kann sagen: die Angelegen-
heit des »neuen Formwillens« ist heute zu einer
deutschen geworden. Es wäre sehr wohl
möglich, daß die Hauptrolle in dem dringenden
kulturellen Abwehrkampf von den politisch über-
lasteten Westmächten dem — im übrigen unge-
fährlichen — Deutschland nolens volens über-
lassen wird . . Ist Deutschland auf diese Rolle
vorbereitet? . . Jedenfalls ist es im Begriff, sich
einstweilen im Inneren künstlerisch zusammen-
zufinden« . . »Im Grunde genommen war jeder
der früheren »Stile« nur eine kulturpolitische
Demonstration, die für den Zentralpunkt warb,
von dem sie ausging. Die formale Fort-Ent-
wicklung beruhte also auf der abwechselnden
architekt josef ruff-köln. schreibschrank für ein damenzimmer
1923. v. 2
143
architekt josef ruff — köln
bücherei im wohnzimmer
Überlegenheit von Mächten und Völkern, die sich
im Besitz der letzten Weisheit glaubten . . Was
sollte uns Gegenwarts-Deutsche verhindern, das
gleiche von uns anzunehmen, — nachdem unser
Volk seit der Gotik zumeist Bescheidenheit ge-
übt hat? Daß das, was wir hervorbringen, einst-
weilen bei den anderen Völkern seinesgleichen
nicht hat, sollte unser Selbstvertrauen nicht
erschüttern. Wir gleichen sonst einem nervösen
Sänger, der seinen Gesang für schlecht hält, — nur
weil die andern noch immer nicht einstimmen«, j.
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MENSCH UND WOHNRAUM
Möbel, mit denen man ein Musik-Zimmer
oder ein Arbeits-Zimmer ausstattet, sol-
len diskret sein. Dies ist die allgemeine Linie,
im übrigen ist hier alles aufs Persönlichste ein-
zurichten . . In Goethes Arbeitszimmer kann man
sich kaum umdrehen vor Schreibgelegenheiten,
Jean Paul arbeitete in einem mit Büchern, Bil-
dern und Büsten vollgestopften Raum. Dosto-
jewski dagegen schrieb in einer kargen Kammer,
in der nichts stand als ein Tisch und ein Stuhl . .
Farbigkeit, Wärme und eine gewisse Raum-Trun-
kenheit, das sind wohl die Eigenschaften, die sich
das Gros der Musikfreunde für ein »Musik-Zim-
mer« wünscht. Dagegen protestierte ein berühm-
ter Pianist, der am liebsten in einem nüchternen
Saale spielte, — weil es ihn mitriß, den Sieg der
Musik über den starren Raum zu erleben . . Das
Verhalten des Menschen zum Wohnraum und
zu den Dingen ist ebenso vielfältig und bezeich-
nend wie seine Beziehung zum Menschen!. h. g.
»SELBST-VERTRAUEN«
Jede Zeit will ihre Form, — und »wenn eine
Zeit allen vorhergehenden so unähnlich ist wie
die unsrige«, — schreibt Franz Jürke in der
»Qualität«, — »muß ihre Form nicht minder ab-
weichend sein! Warum auch sollte der Fort-
schritt in ganz neue Gebiete, — auf den Wis-
senschaft und Technik stolz sind, — für unsere
Kunst ein Mangel sein? Auch daß sie sich zu-
nächst vom Volkstümlichen, im engsten Sinne,
entfernte, ist ihr ein erträglicher Vorwurf; denn
nur so konnte sie der Raum-Ausdruck von
Lebens-Bedingungen werden, die die neue Zeit
hervorbrachte .. Man kann sagen: die Angelegen-
heit des »neuen Formwillens« ist heute zu einer
deutschen geworden. Es wäre sehr wohl
möglich, daß die Hauptrolle in dem dringenden
kulturellen Abwehrkampf von den politisch über-
lasteten Westmächten dem — im übrigen unge-
fährlichen — Deutschland nolens volens über-
lassen wird . . Ist Deutschland auf diese Rolle
vorbereitet? . . Jedenfalls ist es im Begriff, sich
einstweilen im Inneren künstlerisch zusammen-
zufinden« . . »Im Grunde genommen war jeder
der früheren »Stile« nur eine kulturpolitische
Demonstration, die für den Zentralpunkt warb,
von dem sie ausging. Die formale Fort-Ent-
wicklung beruhte also auf der abwechselnden
architekt josef ruff-köln. schreibschrank für ein damenzimmer
1923. v. 2