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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 34.1923

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Lang, Hugo: Künstler und Kunstabnehmer: von dem künstlerischen "Werk" und der "Ware"
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https://doi.org/10.11588/diglit.10459#0362

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INNEN-DEKORATION

341

PROFESSOR DR. JOSEF FRANK-WIEN

und zielbewußte Organisation der
Solch Kunstwerk wirklich genießen,
lebnis noch einmal nachschaffen und
hochstehende Organisation der A
voraus, die der Mensch von Natur
aus nicht mitbringt . . Durch die
in dem Jahrhundert der Industrie
sich vollziehende »Entpersön-
lichung« des Kunstkäufers, des
Kunstliebhabers, verschwand der
Auftraggeber, der zum Künstler
hinging und ihn veranlaßte, für die
und die Stelle in seinem Hause
oder sonst wo ein ganz bestimmtes
Werk, bestimmten Umfangs, be-
stimmten Inhalts, wenn man will,
bestimmten Geistes, zu schaffen.
An seine Stelle trat der »Käufer«,
der aus einer vorhandenen Pro-
duktion sich das auswählte, was
seinen Neigungen gerade am Mei-
sten entgegenkam. Das heißt, das
Kunstwerk, das früher in der Mehr-
zahl der Fälle aus einer indivi-
duellen Auftrags-Erteilung
heraus entstanden war, wird nun
zu einer »Ware«. Ich glaube, von
gewaltigerem Einfluß als alle ästhe-
tischen Normen und alle techni-
schen Entwicklungen, als Stilfragen

KLEIDER-SCHRANK IN WEICHHOLZ

gesamten Kräfte,
das heißt: es im Er-
setzt ebenfalls eine
ufnahme-Organe

und was man sonst will, war das Moment,
daß im Verlauf dieser Entwicklung die haupt-
sächlichste Beziehung zwischen Kunsther-
steller und Kunstabnehmer die Summe Gel-
des war, mit der das Werk bezahlt wurde . .
Alte Kunstarbeit —, wie ja überhaupt alle
vorkapitalistische Arbeit — wurde aber in
einem »patriarchalischen Verhältnis« gelei-
stet. Der Auftraggeber und Ausführende
standen sich menschlich nahe. Die Kluft,
die heute zwischen den beiden Kontrahenten
am Kunstwerk: dem Hersteller und dem
Käufer gähnt, konnte überhaupt nicht ent-
stehen, weil durch die nahe Beziehung beide
geradezu gezwungen waren, sich gegenseitig
über Wünsche, Ziele und Absichten aufzu-
klären . . Der in vollen Zügen Schaffende
konnte auf diese Weise sich garnicht ein-
spinnen in eine Atelierwelt, was zur welt-
fremden Theorie und zur »Künstler-Kunst«
zu führen pflegt. Der Kunstliebhaber wiede-
rum mußte durch solch häufigen Meinungs-
Austausch wesentlich vertrauter werden mit
den künstlerischen Qualitäten am
Kunstwerk, mußte wohl auch dahin gelangen,
sie vor allem anderen, was ihm sonst an der
Sache gefiel, zu schätzen und zu würdigen.«


Diesen Feststellungen ließe sich als Rand-
bemerkung nur noch hinzufügen, daß, — so-
weit wenigstens unser Kunsthandwerk in
Frage kommt — eine Umkehr-Bewegung in
der Entwicklungskurve, deren tiefster Punkt
überschritten ist, verzeichnet werden kann,
daß hier die Beziehungen zwischen Auftraggeber
und Schaffenden in vielen Fällen wieder enger
werden und den Ausblick in die Zukunft — wenigstens
was diesen Punkt betrifft — nicht so trübe gestalten, l.

PROFESSOR DR. JOSEF FRANK—WIEN. KLEINER ANRICHTE-TISCH IN WEICHHOLZ
 
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