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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 34.1923

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Nachtlicht, Leo: Das Schaffen des Architekten
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https://doi.org/10.11588/diglit.10459#0370

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INNEN-DEKORATION

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ARCHITEKT LEO NACHTLICHT-WILMERSDORF TERRASSE AN DER SODSEITE. HAUS DR. G.-N.

arbeit er des Architekten sind von außerordentlicher
Wichtigkeit. Es ist heute dem Architekten nicht mög-
lich, eine Aufgabe zeichnerisch selbst durchzuführen, er
muß unbedingt verläßliche Mitarbeiter haben, die seine
Ideen-Skizzen zur Ausführung bringen. Genau so wie
auch in früheren Zeiten alte Meister sich ihre Mitarbeiter
herangezogen haben, die ebensoviel oder noch besseres
leisteten, als sie selbst, so ist es auch in der heutigen
Zeit, wenn langjährige Mitarbeiter dem Architekten zur
Seite stehen; und nicht nur Mitarbeiter auf architekto-
nischem Gebiet, auch solche auf dem Gebiet der Malerei,
wie der Bildhauerei. Eine Zusammenarbeit in einem freien
Zwange, wenn man so sagen darf, ist das schönste, wobei
als Zwang die Unterordnung unter die Aufgabe, nicht
aber unter eine einzige Persönlichkeit zu verstehen ist..

Sobald der Raum in seinen Verhältnissen geschaffen
ist, hat er seine eigenen Gesetze. Diese üben ihren
Zwang auf den Maler und Bildhauer aus, innerhalb dessen
er in Freiheit schöpferisch tätig sein muß. So ist der
»freie Zwang« zu verstehen. Dazu kommt natürlich eine
innere Ubereinstimmung der Mitarbeiter, die in ihrem
Wesen liegen muß, sodaß keinerlei Vergewaltigung der
Persönlichkeit durch den Architekten erforderlich ist . .

Bei beiden Bau-Aufgaben, die hier auszugsweise
durch Bildmaterial wiedergegeben sind, hatte der Ver-
fasser das Glück, außerordentlich verständnisvolle Auf-
traggeber zu finden. Durch öftere Besprechungen mit
ihnen konnte er die besonderen Wünsche, in einem Falle
eines Junggesellen, im anderen Fall eines jungen Ehe-

paares, feststellen, das Timbre der Persönlichkeit in
sich aufnehmen, und ist dann frisch an die Aufgabe ge-
gangen. Durch die Wirkung der zeichnerischen Lösung
auf den Auftraggeber ließ sich das innere plastische und
Raum-Bedürfnis gewissermaßen abtasten, bis auf der
Seite des Auftraggebers der innere Ausdruck zur Form
und zur Stimmung geworden war, der dem schöpferischen
Empfinden des Architekten entsprach. Oder anders
ausgedrückt: der Architekt lockte allmählich aus dem
Auftraggeber die innere plastische und farbige Anschau-
ung durch die Art und Lösung seiner Darstellung. . .

Zur Durchführung der Aufgabe gehört aber ebenso
der Handwerker, dessen Wichtigkeit noch garnicht
genügend anerkannt wird. Ein Handwerker, der es mit
seiner Arbeit ernst meint, ist in unserer Zeit ein »Juwel«;
denn nicht nur das technische Können, auch die Freude
an handwerklicher Tüchtigkeit prägt sich ganz deutlich
in dem handwerklichen Stück aus. Was nützt die beste
Zeichnung, der beste Entwurf, wenn der Handwerker
die Schaffensfreude nicht miterlebt und mit zum Aus-
druck bringt! Die liebevolle Durchbildung eines einzelnen
Möbels, z. B. durch den Schreiner ist etwas wundervoll
Erquickendes. Daher sind meine Handwerker meine
besten Freunde. Es bildet sich auch ein ganz anderes
Verhältnis zwischen Architekt und Handwerker, wenn
diese jahrelang zusammenarbeiten. Auch meiner hand-
werklichen Mitarbeiter möchte ich daher an dieser Stelle
gedenken, ebenso wie meiner architektonischen Mit-
arbeiter: des Herrn Architekten Bennoit, der in jähre-
 
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