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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 35.1924

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Hardenberg, Kuno Ferdinand von: Heitere Raumgestaltung
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https://doi.org/10.11588/diglit.11736#0636

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INNEN-DEKORATION

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josef wackerle. geschnitztes relief relief-schnitzerei in der halle

solche Menschen zu arbeiten ist die dankbarste Auf-
gabe des universell gebildeten Raumkünstlers. . .

Natürlich sind auch diesem »Gesetze« bekannt,
nach denen er seine Räume gestaltet; denn wie alles auf
der Erde, so hat auch die Heiterkeit ihre Gesetze, mit
Gewalt und Willkür läßt gerade sie sich am wenigsten
beschwören. Da gibt es Gesetze für die räumlichen Ver-
hältnisse : eine schwere, zu niedrig angebrachte Kasset-
tendecke wird der Tod aller Heiterkeit sein, denn sie
lastet auf jedem Besucher des Raumes wie ein drohendes
Geschick. Ein Ubermaß von schwerem Getäfel und Ge-
simsen wird jeden feinen Geist peinlich berühren; das-
selbe gilt von unvernünftiger Material-Vermischung.

Der Meister seines Faches wird nach Heiterkeit stre-
ben, indem er kühn die Linien emporführt und sie leicht
rhythmisch bewegt ausklingen läßt, er wird sich immer
bewußt sein, daß der Mensch die Hauptsache ist und
daß er nicht für den Raum, sondern der Raum für ihn
da ist! Unsere Zeit neigt dazu, schöne Räume »an
sich« herzustellen; das ist ein falsches Bestreben —
Räume müssen in jeder Beziehung den Benutzern an-
gepaßt sein, ihrer geistigen Ebene, ihrer Bildung und
ihren Sitten. Die heitere Pracht eines Fürstenschlosses
wird den einfachen Mann befangen machen, aber nicht
erheitern. Auch dies wird der echte Raumkünstler immer
im Auge haben, zumal, wenn er »heiter gestalten« will.
Der Wahl der Farben wird der Fachmann sein be-
sonderes Augenmerk schenken. Ob reine, ungebrochene
Töne am Platze, ob der Zauber des Regenbogens ange-

bracht, ob die gemischten, gebrochenen, beschwerten
Farben, das sind ernste Fragen, will man Heiterkeit in
einem Raum blühen lassen. . Festräume, die ja in beson-
derem Maße nach Heiterkeit verlangen, sollen möglichst
»Frühlings-« oder »Sommer«-Stimmungen in den Farben
aufweisen. Wohnräume können eine gedämpfte Heiter-
keit vertragen. Sind sie allzu lustig, so wirken sie leicht
wie jene unerträglichen, überlauten Anekdoten-Erzähler.
Als Schmuck und Zier für den Wohn- und Festraum
wird echte Wahlkunst vieles finden, was Heiterkeit, das
heißt, jene feine Grundstimmung der Seele, die eigentlich
nur ein empfängliches Wohlbehagen ist, erregt.

Eine wirklich heitere Raumgestaltung wird immer den
Charakter des Eleganten tragen, wie könnte es auch
anders möglich sein, wachsen doch Heiterkeit und Eleganz
auf dem gleichen Seelenboden überlegenen Menschen-
tums. Sie stehen auch sonst in vielfacher Beziehung,
wenn man selbst einwerfen wollte, daß es auch eine feier-
liche, unheimliche, finstere Eleganz gibt. Der wirklich
elegante Mensch wird uns nie mit den Miseren seines
Innenlebens langweilen und damit ist er schon in jedem
Fall ein Bejaher des Heiterkeits-Prinzips, mag er auch
sonst sich ernst oder gar finster geben! Andererseits
wird der wahrhaft heitere Mensch innerlich immer ele-
gant sein müssen, wenn er auch äußerlich einen Diogenes

in der Tonne oder einen Anachoreten markiert.....

Auf alle Fälle sind alle heiteren Raumgestaltungen
freudig zu begrüßen, die uns in unseren ernsten Zeiten
schöne, luftige Festhallen und Wohnräume geben, k.g.v.h.
 
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