In Elsass-Lothringen sind die Zeichenlehrer ebenfalls zu 24 Pflichtstunden
verpflichtet, ebenso in Oesterreich-Ungarn. In Bayern zu 26 wie die wissenschaft-
lichen Lehrer, mit denen sie auch sonst überall gleichgestellt sind. In Baden zu
25. Bezeichnend ist auch noch folgende Bestimmung aus Baden: „Die Volks-
schullehrer an den Fortbildungsschulen badischer Städte sowie die ausschliess-
lich mit Zeichenunterricht betrauten Volksschullehrer dieser Städte
erteilen in Anbetracht des schwierigeren Unterrichts nur 24 Pflichtstunden.“
Und was schreibt Dr. Ludwig Gurlitt, Professor am Gymnasium in Steglitz,
der aus Freude an künstlerischer Betätigung eine Zeitlang Zeichenunterricht er-
teilte: „Dabei mache ich die Erfahrung, dass mich dieser Unterricht ganz gegen
meine Erwartung in höherem Grade anstrengt als der wissenschaftliche Unterricht.“
Aus welchen Quellen haben nun unsere Be-
hörden die Anregung zu ihren Massnahmen ge-
schöpft? G. Kolb.
Bilderschrift und Fibelbilder.
Von G. Kling-Mitteltal.
(Fortsetzung.)
II.
Unser Blick ist also durch keine falschen
Experimente getrübt noch unser Appetit durch
schlechte Bilder verdorben. Immer haben wir
gute Gedächtnishilfen gewünscht, sie wurden uns
in den Fibelbildern von tüchtigen Künstlern
geboten. Mit lautem Jubel werden die lang-
ersehnten begrüsst worden sein? Merkwürdig!
Nur langsam, so halb verlegen bricht die Freude
durch, viele schütteln gar den Kopf und manche
protestieren energisch. Haben wir wirklich so
wenig Fühlung mit der modernen Kunst, dass
wir wahre und falsche Werte nicht unterscheiden
können? Soweit ich sehen kann, haben viele
Lehrer ihr Urteil auf ihren guten Geschmack
gestützt und der ist doch ein ziemlich unsicherer
Führer. Auch mich haben viele der Bilder beim
ersten Durchblättern eher abgestossen als be-
geistert und ich bin doch mit der Sprache der
modernen Künstler ein wenig bekannt. Sind das Kinder vom Eulengrund oder von der
Höll (Parzellen der hiesigen Gemeinde) oder sind es vielleicht Stadtkinder? Spielen und
singen, lachen und beten sie so? So nicht. Also haben die Künstler völlig die
Fühlung mit der Natur verloren? Sie wollen Ideen verwirklichen. Braucht man dazu
die Natur draussen nimmer? Kopien der Natur liefert allerdings kein echter Künstler;
dies erreicht man eines Tages durch die Farbenphotographie exakter und billiger
(sie ist ja auf dem besten Wege, zur Kunstübung zu werden). Der echte Künstler
schafft von innen heraus: „So schau ich die Dinge, so spricht meine Seele, so
will ich euch führen. Ihr Pädagogen wollt nicht folgen? Dann kann ich euch nicht
dienen.“ „Also gehen wir zu einem Künstler, der unsere Wünschen entspricht.“
Zu welchem? Wir finden wohl auf der ganzen Welt keinen, der es uns allen
rechtmachen könnte. „Aber einem grossen Künstel’ würden wir willig folgen.“
Wer weiss? Uebrigens bleiben wir einmal bei den gegebenen Verhältnissen. Sind
nicht die Fibelbilder von berufenen Kritikern günstig beurteilt, ja gelobt worden?
Können wir diesen Männern pädagogische oder gar ästhetische Urteilsfähigkeit ab-
sprechen? Nicht? Also wird’s doch an uns liegen. Wir sind es zum mindesten
den Fibelkünstlern schuldig, dass wir unser Urteil gründlich fundieren, dass wir uns
fragen: Was sollten und was wollten sie und wie weit haben sie ihre Aufgabe gelöst?
verpflichtet, ebenso in Oesterreich-Ungarn. In Bayern zu 26 wie die wissenschaft-
lichen Lehrer, mit denen sie auch sonst überall gleichgestellt sind. In Baden zu
25. Bezeichnend ist auch noch folgende Bestimmung aus Baden: „Die Volks-
schullehrer an den Fortbildungsschulen badischer Städte sowie die ausschliess-
lich mit Zeichenunterricht betrauten Volksschullehrer dieser Städte
erteilen in Anbetracht des schwierigeren Unterrichts nur 24 Pflichtstunden.“
Und was schreibt Dr. Ludwig Gurlitt, Professor am Gymnasium in Steglitz,
der aus Freude an künstlerischer Betätigung eine Zeitlang Zeichenunterricht er-
teilte: „Dabei mache ich die Erfahrung, dass mich dieser Unterricht ganz gegen
meine Erwartung in höherem Grade anstrengt als der wissenschaftliche Unterricht.“
Aus welchen Quellen haben nun unsere Be-
hörden die Anregung zu ihren Massnahmen ge-
schöpft? G. Kolb.
Bilderschrift und Fibelbilder.
Von G. Kling-Mitteltal.
(Fortsetzung.)
II.
Unser Blick ist also durch keine falschen
Experimente getrübt noch unser Appetit durch
schlechte Bilder verdorben. Immer haben wir
gute Gedächtnishilfen gewünscht, sie wurden uns
in den Fibelbildern von tüchtigen Künstlern
geboten. Mit lautem Jubel werden die lang-
ersehnten begrüsst worden sein? Merkwürdig!
Nur langsam, so halb verlegen bricht die Freude
durch, viele schütteln gar den Kopf und manche
protestieren energisch. Haben wir wirklich so
wenig Fühlung mit der modernen Kunst, dass
wir wahre und falsche Werte nicht unterscheiden
können? Soweit ich sehen kann, haben viele
Lehrer ihr Urteil auf ihren guten Geschmack
gestützt und der ist doch ein ziemlich unsicherer
Führer. Auch mich haben viele der Bilder beim
ersten Durchblättern eher abgestossen als be-
geistert und ich bin doch mit der Sprache der
modernen Künstler ein wenig bekannt. Sind das Kinder vom Eulengrund oder von der
Höll (Parzellen der hiesigen Gemeinde) oder sind es vielleicht Stadtkinder? Spielen und
singen, lachen und beten sie so? So nicht. Also haben die Künstler völlig die
Fühlung mit der Natur verloren? Sie wollen Ideen verwirklichen. Braucht man dazu
die Natur draussen nimmer? Kopien der Natur liefert allerdings kein echter Künstler;
dies erreicht man eines Tages durch die Farbenphotographie exakter und billiger
(sie ist ja auf dem besten Wege, zur Kunstübung zu werden). Der echte Künstler
schafft von innen heraus: „So schau ich die Dinge, so spricht meine Seele, so
will ich euch führen. Ihr Pädagogen wollt nicht folgen? Dann kann ich euch nicht
dienen.“ „Also gehen wir zu einem Künstler, der unsere Wünschen entspricht.“
Zu welchem? Wir finden wohl auf der ganzen Welt keinen, der es uns allen
rechtmachen könnte. „Aber einem grossen Künstel’ würden wir willig folgen.“
Wer weiss? Uebrigens bleiben wir einmal bei den gegebenen Verhältnissen. Sind
nicht die Fibelbilder von berufenen Kritikern günstig beurteilt, ja gelobt worden?
Können wir diesen Männern pädagogische oder gar ästhetische Urteilsfähigkeit ab-
sprechen? Nicht? Also wird’s doch an uns liegen. Wir sind es zum mindesten
den Fibelkünstlern schuldig, dass wir unser Urteil gründlich fundieren, dass wir uns
fragen: Was sollten und was wollten sie und wie weit haben sie ihre Aufgabe gelöst?