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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — 4.1910

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Heft X (Oktober 1910)
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Kolb, Gustav: [Rezension von: Friedrich Greiner, Zeichenexkursionen am Bertholdgymnasium zu Freiburg i.B.]
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Kolb, Gustav: Wie machen wir unsere Bestrebungen neben der Schule weiteren Kreisen zugänglich?
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Kolb, Gustav: Die Kastanie: (für einfache Schulverhältnisse)
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https://doi.org/10.11588/diglit.34105#0158

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Arbeiten vertreten, die Ergebnisse von Exkursionen im Freien waren. Die
Programmschrift will nun über die Entwicklung, Vorbereitung und praktische Leitung
solcher Exkursionen am Bertholdgymnasium aus dem Bereich einer 10jährigen
Praxis des Verfassers heraus berichten.
Die vortrefflichen Ausführungen sind in folgende Kapitel gegliedert: „Die Vor-
bereitung der Exkursionen in den Unterklassen“, „Die Exkursion als Unterrichtsziel
und ihre Vorbereitung in den Oberklassen“, „Die Praxis der Exkursionen“. Ueberall,
und das ist der besondere Vorzug der Schrift, befinden wir uns auf realem Boden.
Keine ideale Verstiegenheit, die Unmögliches anstrebt, macht sich bemerkbar. Die
Leistungen sind dementsprechend auch wirklich hervorragende (vgl. unsere Ab-
bildungen 1—6). Alles Steifleinene, das sonst so häufig derartigen Schülerarbeiten an-
haftet, ist abgestreift. In Auffassung und Durchführung wirken diese Arbeiten durch-
aus künstlerisch und sie zeugen von einer feinen künstlerischen Kultur, die nicht im
Handumdrehen entsteht, sondern als Ergebnis jahrelanger mühsamer Arbeit eines
Lehrers, der selbst Künstler ist, aufgefasst werden muss. G. K.

Wie machen wir unsere Bestrebungen neben der Schule weiteren
Kreisen zugänglich?
Während der Ferien hatte ich Gelegenheit, die Arbeiten eines Z eichen-
kur s es zu sehen, an dem eine Anzahl Damen und Herren der gebildeten Stände
den Sommer über teilnahm. Der Leiter des Kurses, Hauptlehrer Mitscheie von
Rutesheim, schon seit Jahren einer der rührigsten Anhänger unserer Bestrebungen,
baute auch hier seinen Unterricht den neueren Grundsätzen entsprechend auf. Da-
bei verstand er es, die neuen Ideen selbständig zu verarbeiten, diesem besonderen
Fall anzupassen und mit jener Liebe und Begeisterung in die Praxis zu übertragen,
die stets ihre Früchte zeitigt.
Als ich die Arbeiten, namentlich die der jungen Damen an meinen Augen
■vorüberziehen liess, musste ich an den gewaltigen Unterschied denken, wie das
Zeichnen hier und in den meisten Mädchenpensionaten betrieben wird. Hier gründ-
liches, gediegenes Beobachten und ehrliches Ringen im Wiedergeben, dort nur all-
zuoft jener schwindelhafte Betrieb, bei dem die Töchterchen glänzende Arbeiten,
ins Auge fallende „schöne Bildchen“ nach Hause bringen, ohne auch nur die Grund-
lagen des Sehens und Darstellens kennen gelernt zu haben. Diesem weitverbreite-
ten Krebsschaden in der ästhetischen Erziehung der Mädchen unserer gebildeten
Stände kann man nicht erfolgreicher entgegenarbeiten als durch derartige Zeichen-
kurse. Es wäre von weittragender Bedeutung für die Augenkultur unseres Volkes,
wenn allerorts solche Bildungsgelegenheiten geschaffen würden, an denen nament-
lich auch junge Damen teilnehmen sollten; denn die Frau ist die berufene Hüterin
des Schönen, ihr liegt vor allem die harmonische Ausgestaltung der Wohnung ob;
ihre Hand streut als Mutter zuerst die Keime des Edlen und Schönen in die
empfängliche Kindesseele. G. K.

Die Kastanie (für einfache Schulverhältnisse).
Die Kastanie ist kein deutscher Baum, und doch möchten wir sie in unserem
Landschaftsbilde nicht vermissen. Ihr schneller Wuchs, ihre massige kugelige Ge-
samtform, ihr vornehmes sattes Grün empfehlen sie ganz besonders zur Anpflanzung
in grossen Gartenanlagen und Strassen.
Die Kastanie spendet dem Zeichenunterricht wie wenig andere Bäume Motive
und Stoffe. Ehe beim beginnenden Frühling ein anderer Baum zu neuem Leben
erwacht, erblicken wir auf der Kastanie schon die grossförmige Blattknospe, die
wie kaum eine andere derartige Entwicklungsform die Bildungsgesetze aufs klarste
erkennen lässt. Mit den Kätzchen der Weiden und den Würstchen des Hasel-
nusses bringen daher unsere kleinen und grossen Schüler im März die Kastanien-
knospen in den Unterricht, und ein frischfröhliches Studium beginnt nach dem
 
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