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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — 4.1910

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Heft IX (September 1910)
DOI Artikel:
Bender, E.: Genie oder Fleiss
DOI Artikel:
Löffler, Gottlieb: Von unseren Grundsätzen
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https://doi.org/10.11588/diglit.34105#0134

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behrungen nicht zu empfinden. Alle grossen Meister der alten und neuen Zeit
haben die Notwendigkeit des Fleisses betont. In diesem Sinne sind die Worte
Menzels „Ach was Genie! -— es gibt bloss Fleiss“ zu verstehen.
Auch im Zeichenunterrichte ist Fleiss die Bedingung des Gelingens und Fort-
schreitens, weit mehr als Veranlagung. Davon sind nicht nur wir Zeichenlehrer über-
zeugt, sondern auch jeder ernste Schulmann, der dem Zeichnen eine nicht nur oberfläch-
liche Beachtung schenkt. Bedeutende zeichnerische Leistungen sind Beweise für auf-
gewandten Fleiss. Mit aller Entschiedenheit muss betont werden, dass völlig ungenügende
zeichnerische Leistungen nicht die Folge ungenügender Veranlagung, sondern das Er-
gebnis von Unfleiss sind. Wirklich künstlerische Veranlagung ist selten. Das zweite
Mädchen, die Schöpferin des Weihnachtsbildes, will Künstlerin werden. Sie kann es;
Glück auf!
Von unseren Grundsätzen.
Loef fier-Heilbronn.
Wenn ich in dieser kurzen Darlegung im Plural spreche, habe ich ein besonderes
Recht dazu, denn das, was ich hier vertrete, ist auch die Gesinnung vieler meiner
Kollegen vom
sogenannten
„radikalen“
Lager. Und da
sie allgemeines
Interesse für
den Betrieb
des Zeichen-
unterrichts be-
anspruchen
dürfen, habe
ich sie der
Schriftleitung
von „Kunst
und Jugend“
zur Verfügung
gestellt.
Uns ist der Zeichen- und Kunstunterricht nicht ein „technisches Fach“ wie
Singen und Turnen, zur Erlernung technischer Fertigkeit, eine Ansicht, die heut-
zutage teilweise noch ernsthaft verfochten wird. Uns ist dieser Unterricht Lebens-
aufgabe und die Beschäftigung mit der Kunst und was drum und dran hängt Lebens-
inhalt. Und wenn etwas herauskommen soll zum Wohl des Einzelnen und der
Allgemeinheit, kann es auch gar nicht anders sein. Es ist uns nur sehr leid, dass
wir durch unsere hohe Pflichtstundenzahl, die in Deutschland einzig in Württemberg
in dieser Höhe besteht, gar nicht in der Lage sind, unserem Berufe uns so zu
widmen, wie es nicht nur wünschenswert, sondern wie es nötig wäre. „Ausgenützt“
sind wir auf diese Weise allerdings ganz, aber jeden Tag auch „abgenützt“. Und diese
fortgesetzte starke Abnützung muss sich bald zum Schaden der ganzen Sache fühl-
bar machen. Sie ist weder dem Staate noch der Schule noch uns selber dienlich.
Künstlerische Betätigung geschieht nicht automatisch. Man kann einen nicht
dazu kommandieren. Dazu gehört ein inneres Gleichgewicht und geistige und körper-
liche Frische. Eine andere Ansicht wird es nirgends geben.
Wir arbeiten in der Hauptsache an höheren Schulen, zum kleineren Teil auch
noch an Fachschulen. Erstere rechnet man zu den allgemeinbildenden Schulen,
und ich möchte dies betonen, weil damit die einseitige Ausbildung für irgendeinen
Berufszweig ausgeschlossen ist. Für diese Schulen haben wir nun auch einen amt-
lichen Lehrplan erhalten, der das festlegt, was wir seit vielen Jahren im Unterricht
erprobt haben. Zur Erreichung des vorgesteckten Ziels können uns für unsere
höheren Lehranstalten nur künstlerische Grundsätze massgebend sein. Künst-
 
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