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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — 4.1910

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Heft X (Oktober 1910)
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https://doi.org/10.11588/diglit.34105#0163

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149

zubleiben. Es ist zumal bei der Jugend so
viel zu leisten nach der Seite der blossen
Anschauung, des Sehenlernens, dass man auf
einen Abriss der Kunstgeschichte zu ver-
zichten alle Ursache hätte.“
Wir würden diese Worte, die sich mit
manchen alten Kunstwartgedanken berühren,
nicht mit soviel Freude hier wiederholen,
wäre es nicht gerade ein Mann von höchster
historischer Begabung und Neigung, der
gegen das Erbübel der deutschen Kunst-
betrachtung so kräftig spricht. J. E. A.
(Aus „Kunstwart“.)
Der geschonte Anilinteppieh und die ver-
hinderte Wohnungsreform. Dass die Bauern
ihre Stuben
nicht lüften und
selbst bei schön¬
stem Wetter die
Fenster ge¬
schlossen hal¬
ten , hat von
seinen verschie¬
denen Gründen
den historischen
bekanntlich in
einer uralten
Ueberlieferung.
Im Mittelalter
liess die Furcht
vor dem schwar¬
zen Tod und der
Pest die Mei¬
nung entstehen,
die Seuche ver¬
breite sich durch
die Luft. Da¬
her die Leute
zu bedenklichen
Zeiten tief ver¬
mummt über die
Strasse ginger.
In der Meinung,
Gift würde
durch Gegen gift
entkräftet, hiel¬
ten sie dann zu
Hause die Nasen
über die Klo¬
aken.
Wo diese Tradition noch festsitzt, hat die
moderne Hygiene natürlich einen schweren
Stand. Und wo sie weggeräumt ist? Da
herrscht die Konvention!
Vor kurzem wurde eine Gartenstadt er-
öffnet, die Arbeitsleuten die Wohltat gesunden
Wohnens bot. Da hatten sie nun statt elender
Mietwohnungen mit Fenstern auf schmutzige
Höfe hinaus — Räume von grünen Gärten
umgeben, Stuben, die Licht, Luft und Sonne
freien Zugang gewährten. Der Architekt
hatte den knappen Raum so praktisch und
gesund, wie man’s nur wünschen konnte, ver-
teilt. Die Luft konnte durchs Wohn- und
Schlafzimmer strömen, Licht und Sonne
konnten von zwei Seiten herein.
Und wie hielten es soundso viele der Be-
wohner ?
Die Fensterladen wurden beim aller-

schönsten Sonnenschein geschlossen. Fragte
man die Leute, warum sie Licht und Luft
abhielten, sagten sie zunächst: lüften wäre
nicht notwendig, die Wohnung sei ja schön
trocken. Drang man tiefer, kam aber der
wahre Grund heraus. Die „gute Stube“!
Und zumal dieses kleine bunte Ding darin,
der Teppich! Nämlich: der verträgt die
Sonne nicht, der verschiesst! Und er hat
doch so schöne Farben! Hat er auch, alles
echt Anilin.
Also darum lieber schlechte Luft einatmen,
darum lieber in der Küche wohnen, darum
die Besuche auf dem Korridor empfangen
und mit allen Schlichen verhindern, dass sie
nicht „die gute Stube“ betreten. Die ist nur

fürs Bewusstsein, kaum für den Sonntag-Nach-
mittags-Kaffee da.
Woraus zu ersehn: Vorläufig ist bei sehr
vielen das Wichtigste der Anilinteppich.
Das Wohnungsreformieren allein, das tut’s
noch nicht, die Aufklärung muss dazukommen.
Alexander Heilmeyer.
(Alis „Kunstwart“.)
Besprechungen. Dr. Sehoenfeld’s
Aquarellfarben. Die Zeiten, da man in
Deutschland glaubte nur mit englischen
Aquarellfarben auskommen zu können, sind
vorüber. Viele Künstler sind dem englischen
Fabrikat zugunsten der Dr. Sehoenfeld’sehen
Wasser- und Aquarellfarben untreu gewor-
den. Diese Farben werden äusser in den
Künstler-Ateliers an den höheren Lehran-


Zur Besprechung: Meisterzeichnungen deutscher Künstler.
 
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