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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — 4.1910

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Heft VII (Juli 1910)
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Kinder und Blumen
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Besprechung
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https://doi.org/10.11588/diglit.34105#0111

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101

Kinder und Blumen. Ein Strauss
Himmelschlüssel. Wie lieblich, nicht wahr?
Er lag zerzaust und verwelkt am Wege zwi-
schen Wiese und Busch. Welche Roheit!
Berechtigt wäre dies Urteil, wenn ihn ein
Erwachsener dahin geworfen hätte. Das ist
kaum anzunehmen, er wird den Händen eines
unverständigen Kindes entstammen. Trotz-
dem gibt der „geringfügige“ Fall zu denken. .
Ich höre da Stimmen: Oh, ich habe oft genug
gesehen, dass Eltern ihren Kindern auf Spa-
ziergängen erlaubten. Blumensträusse zu pflük-
ken, die dasselbe Schicksal hatten I Ja, ’s ist
wahr. Wer wüsste nicht, wie kurz gemessen
die Geduld unserer Kinder ist, wenn es gilt,
einen Gegenstand längere Zeit in der Hand
zu tragen. Wenn’s nun gar „nur“ ein Blumen-
strauss ist, nach dem zwar das kindliche Ver-
langen vorher sehr gross war: er wird unbe-
merkt fällen gelassen. Die Lehre ist kurz:
Entweder das Sträuschen fein säuberlich mit
nach Hause tragen, oder keines pflücken. Der
Junge ist vielleicht ein grosser Blumenfreund,
drum sagt er: Bitte, Vater, kaufe mir doch
eine Botanisiertrommel, dass ich meine Blu-
men besser heimbringen kann. Wenn der
Vater ohne weiteres kritisches Bedenken auf
den Wunsch eingeht, wird er vielleicht un-
bewusst in die Reihen der Feinde unserer
heimatlichen Pflanzenwelt treten. Wie drin-
gend verpflichtet sind wir aber doch, diese
von tausend Seiten bedrohte Pflanzenwelt je-
der an seinem Teile zu schützen! Siehts
nicht jeder selbst, der nur ein wenig darauf
achtet, wie sie immer ärmer an Arten und
damit immer einförmiger wird? Da wär’s
doch an der Zeit, dass wir uns alle zunächst
einmal jeder Gedankenlosigkeit enthielten, die
in diesem feindlichen Sinne wirken könnte,
wie zum Beispiel die erwähnte Botanisier-
trommel, wenn sie nicht scharf überwacht
wird. Dass auch Erwachsene auf ihren Spazier-
gängen in der schönen Frühlings- und Som-
merzeit— Sonntags ist es am schlimmsten —
Sträusse von unverfrorenem Umfang sam-
meln, ist besonders betrüblich. Als ob es bei
uns irgendwo auch nur eine Pflanzenart gäbe,
mit der also gewüstet werden könnte! Hier
möge nur die Polizei ganz einfach wegen
groben Unfugs einschreiten. Die ganze ge-
dankenlose Geringschätzung unserer Pflanzen
hat aber einen tieferen Grund, und der liegt
in der Erziehung. Es hat sich so nach und
nach die charakteristische Meinung im Publi-
kum ausgebildet, als ob die freilebenden Pflan-
zen draußen mehr nur für die Botaniker auf
der Welt wären (und der Wald für die Forst-
leute!), die anderen Menschen könnten aber von
dieser schwierigen und langweiligen Wissen-
schaft nicht viel verstehen (da denken sie an
die lateinischen Namen !), es käme auch nichts
weiter dabei für sie heraus. Demnach geht
sie die Sache nicht des näheren an, und eine
schöne Blume oder ihrer viele werden dem-
gemäss abgerissen und behandelt. Diesen mehr
als schiefen Standpunkt können sie doch nur
aus der Schule gewonnen haben. Dort wurde
die Zeit mit sogenannter botanischer Wissen-
schaft verbraucht und dabei das rechte Ver-
ständnis und die rechte Liebe für Blume und

Pflanze totgemacht. So lange beim Unter-
richt über die lebende Natur das Wissen die
Hauptrolle spielt, wirds auch nicht viel an-
ders werden. Probiert den Verstand an an-
deren Dingen der Natur, sie ist ja iibeireich,
aber bei Blumen, Bäumen, Schmetterlingen
und Vögeln muss an erste Stelle die aus der
Fülle schöpfende Belehrung über ihre Schön-
heit treten. Dabei wird ganz von selbst eine
Menge biologischen und anderen Wissens mit
unterlaufen, das sitzt aber auch. Und dieses
„Studium“ gehört zum guten Teil hinaus ins
Freie. Dann ist zu hoffen, dass den Jungen
und Mädeln die Freude an der Natur und
ihrer Schönheit und damit zugleich das Be-
dürfnis, sie zu schonen, aus der Schule ins
Leben folgt. T.
Besprechung. Der Schutz der Pinsel
und deren zweckmässige Unterbringung im
Farbkasten ist von jeher eine Forderung der
Praxis gewesen. Mit dem vorliegenden Ar-
tikelbeabsichtigt die Firma Günther Wagner
ein Bild zu geben von den vielen Versuchen
und Anregungen, die gemacht werden, um
eine praktische Aufbewahrung und einen
guten Schutz der Pinsel zu erzielen.
Bis zum Jahre 1892, also immerhin schon
über einen Zeitraum von 17 Jahren erstrecken
sich diese Versuche, wie aus den Abbildungen
und den beigefügten Jahreszahlen hervorgeht.
Nehmen wir alte Kataloge der Farbenfabriken
zur Hand, so finden wir fast ausschliesslich
kurze Kastenmodelle; längere Pinsel liessen
sich in ihnen nicht unterbringen. Man war
damals gezwungen, den Pinsel in einem be-
sonderen Etui aufzubewahren oder in der
Tasche zu tragen. Dadurch wurde er häufig
vergessen, ganz abgesehen von den Beschä-
digungen, denen er durch das Zusammen-
liegen mit Federhalter etc. ausgesetzt war.
Um den Pinsel in dem Farbkasten unter-
bringen zu können, kam man auf den Ge-
danken, den Pinselstiel in zwei Teile zu zer-
legen, die zum Gebrauch zusammengeschraubt
werden konnten. (Katalog 1902.)
Auseinanderschraubbare Pinselfanden aber
nicht den erwarteten Anklang, vielleicht
weil es lästig ist, beim Beginn der Arbeit
beide Teile zusammenzufügen. Ausserdem
war der etwas höhere Preis ein Hindernis,
den Schraubpinseln allgemein Eingang zu ver-
schaffen. Statt die Pinsel dem Kasten anzu-
passen, schien es ratsamer, die Form des
Kastens dem Pinsel entsprechend zu ändern.
Wir sehen daher bald darauf lange Kasten-
modelle im Gebrauch mit einem Pinselfach,
das lang genug war, den Pinsel aufzunehmen.
Der erste lange Kasten wurde im Jahre 1902
(Katalog 1902) dem Handel übergeben, und es
wurde schon damals der Versuch gemacht, dem
Pinsel einen Halt zu geben, damit er im Kasten
nicht hin- und herfliegen kann und dabei seine
Spitzen beschädigt. So zweckmässig dieser
Gedanke war, und soviel Anklang er bei
seinem ersten Bekanntwerden auch fand, es
stellte sich in der Praxis doch bald heraus,
dass diese Festhaltevorrichtung noch nicht
das erstrebte Ideal war. Nur ein Pinsel
liess sich mit Hilfe dieses Pinselhalters in
 
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