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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — 4.1910

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Heft XI (November 1910)
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Arras, ...: Zeichen- und Kunstunterricht unserer Lehrerbildungsanstalten
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https://doi.org/10.11588/diglit.34105#0169

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Heft XI

IV. Jahrgang

November 1910

Schriftleiter: Gustav Kolb, Oberreallehrer in Göppingen.

Inhalt:

Zeichen- und Kunstunterricht unserer Lehrerbildungsanstalten. — KunstgeschichtJiche F'ortbildung.
— Zu unseren Abbildungen. — Umschau. — Besprechungen. — Verein für Zeichen- und Kunst-
unterricht in Elsass-Lothringen. — Erklärung.

Zeichen- und Kunstunterricht unserer Lehrerbildungsanstalten.
Zeichenlehrer 4 rr a s - Bischweiler i. Elsass.
Wenn irgendwo einmal der Zeichenunterricht einer Volksschule den üblichen
Anforderungen nicht zu entsprechen scheint, dass er sein Ziel entweder gar nicht
oder nur teilweise auf unsicheren Umwegen zu erreichen vermag, so ist man als-
bald geneigt, die Ursache dieser Erscheinung an der Ausbildungsstätte der Lehrer,
dem Seminar, zu suchen. Erheben sich solche Stimmen der Klage und des
Tadels öfter, so gewinnt es den Anschein, dass der Zeichenunterricht der Lehrer-
bildungsanstalten — ich meine zunächst diejenigen im grössten deutschen Bundes-
staat, weil dort diese Stimmen sich am deutlichsten erheben — wirklich besse-
rungsbedürftig sei. Es fehlt auch nicht an Vorschlägen zur Bessergestaltung
dieses Unterrichtszweiges, an Stoffplänen hiezu, Festsetzung bestimmter Ziele usw.
Alle diese Reformvorschläge gehen aber von dem Grundgedanken aus, dass die
Zahl der Unterrichtsstunden mit zwei (bezw. 1) pro Woche zu kärglich bemessen
sei und deshalb zur Durchführung einer nachhaltigen Besserung erweitert werden
müsse. So weit die Theorie, welche es viel bequemer hat, solche Pläne aufzu-
stellen, deren Durchführung aber in der Praxis alsbald auf erhebliche Schwierig-
keiten stossen müsste angesichts des gesamten Stoffplans eines Seminars und der
Zeit, in welcher dieser durchgeführt werden muss. Dazu treten noch die oft recht
misslichen lokalen Verhältnisse, indem manchem Seminar ein Gebäude zuge-
wiesen ist, das für ganz andere Zwecke errichtet wurde, und in welchem der
Zeichenunterricht auf eine grundlegende Bedingung, den geeigneten Raum, ver-
zichten muss. Hier kann nur eine ferne Zukunft Hilfe bringen, wenn einmal die
altersschwachen und zu klein gewordenen Schulgebäude durch Neubauten ersetzt
werden müssen. Wir werden also Veranlassung nehmen angesichts dieser schwer-
wiegenden Gründe, uns bei Beurteilung des Seminarzeichenunterrichts auf einen
anderen Standpunkt zu stellen, als derjenige ist, den uns die Theorie anweisen
möchte. Zu den genannten Schwierigkeiten tritt noch eine weitere, die mindestens
ebenso schwer ins Gewicht fällt — die Personalfrage! Der Zeichenunterricht
von heute und zumal an einem Seminar, verlangt von seinem Vertreter in künst-
lerischer Beziehung ganz andere Leistungen wie früher. Die Vorbereitung hiezu
erfordert vor allem ausgesprochene Begabung, Zeit und Mittel, die Weiterbildung
Energie und Konsequenz, so dass seine ganze Kraft beansprucht ist. Nun erstreckt
sich aber seine Lehrtätigkeit am Seminar nur auf wenige Stunden — er muss also
bis zur Höhe der Pflichtstundenzahl noch weitere Lehraufgaben beherrschen.
Welche Fächer sollen es sein und in welcher Zeit soll er die Lehrbefähigung
hiezu erwerben? Bilden diese Fächer aber die Haupttätigkeit des Lehrers, dann
muss notwendigerweise das Zeichnen zurücktreten, und solche Fälle werden es
vermutlich sein, welche die schon genannten Klagen verursacht haben.
Die Möglichkeit, dem zeitlich so beschränkten Zeichenunterricht des Seminars
aufzuhelfen, könnte sich bei der gründlichen Zeitausnützung nur dadurch ergeben,
dass ein anderes Fach um diese reduziert würde. Dahinzielende Vorschläge
sind besonders in norddeutschen Fachzeitschriften zum Ausdruck gekommen und
bezogen sich auf den Musikunterricht. Die Ausführbarkeit eines solchen
Planes will ich nicht näher besprechen; ich begnüge mich, darauf hingewiesen zu
haben, ohne diese Ansicht zu der meinigen zu machen. Neben Zeichnen vertrat
die Musik von jeher am Seminar das Wesen der bildenden Kunst, und wenn die
Pflege der Vokal- und Instrumentalmusik einen breiten Raum einnimmt, so hat
das seinen guten Grund. Die Wirkung dieses Studiums tritt uns entgegen in den
Leistungen der Lehrergesangvereine, die zum Teil auf künstlerischer Höhe stehen
 
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