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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — 4.1910

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Heft XI (November 1910)
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Besprechungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.34105#0181

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Gemälden, selbst. Er glaubt die Gewissheit
zu haben, dass er seit mehreren Jahren mit
demselben Farbenmaterial arbeitet wie einst
die Gebrüder van Eyk.
Das Malen aus der Tiefe des Gedächt-
nisses führt Steppes wieder und wieder neu
zum eindringlichen Studium aller formalen
und farbigen und malerischen Naturerschei-
nungen. „Die Kunst ist mir kein Kopieren
der Natur geworden, sondern eine Klärung
des eignen Innern gegenüber aller Natur,“
sagt der Künstler einmal. „Es war mir immer
darum zu tun, meine persönliche Naturan-
schauung zu ergründen und so klar und rein
wie nur möglich malerisch mitzuteilen.“
Es ist Steppes nicht nur um das Licht
zu tun wie vielen anderen, er sucht in seinen
Werken die Dreieinigkeit aller Malerei, Form,
Farbe und Licht, und ringt damit um das
Höchste, das ein Maler zu geben hat.
Der Künstler hat ein Büchlein über die
deutsche Malerei geschrieben, dessen Studium
niemand, der die Aufgaben der Malerei er-
kennen will, vor allem kein Maler, versäumen
sollte. Steppes wendet sich besonders dagegen,
dass man auf den Akademien den Schüler
wohl das Sehen lehrt, das Sehen in einer
besonderen Art nämlich, das gerade die per-
sönliche Stellungnahme zu den Naturerschei-
nungen verhindere, dass man aber nicht die
Grundlagen des Handwerklichen lehrt, die
für den angehenden Künstler erst einmal das
wichtigste seien. Er begegnet sich hierin
übrigens mit seinem Antipoden Max Lieber-
mann, der bei der Eröffnung der Sezessions-
ausstellung 1910 auch die Klage anstimmte,
dass das Handwerkliche in der Ausbildung
der Künstler vornachlässigt würde. Steppes
klagt aber dann weiter darüber, dass die
jungen Künstler dabei vergessen, wie sie als
Kinder mit heller, reiner Freude in die Natur
sahen. „Damals war auch ihnen eine blumige
Wiese ein wahres, geheimnisvolles Reich der
Seligkeit. Heute ist sie ihnen eine Summe
von Farbenwerten und Tonwerten, von der
sie ihr Leben lang gedrückt und gepeinigt
werden.“
Und über das „Sehen“ vieler heutiger
Maler schreibt er: „Man kneift die Augen
zu, um die Formen und Farben der Natur
verschwommen zu sehen, um ja keine cha-
rakteristische Form mehr zu erkennen, um
ja keine grossen, reinen Farbenklänge zu
sehen. Man sieht nur um die Mittagsstunden,
fast ausschliesslich nur bei Sonnenschein, mit
Vorliebe gegen die Sonne. Das schöne weisse
Tageslicht der Sonne bei bedecktem Himmel,
dieses Licht, welches den Formen besondere
Klarheit und Schärfe und den Farben beson-
deren Zauber der Reinheit verleiht, dieses
Licht, welches so grosse Raumvertiefung er-
zeugt und zudem in Deutschland am häufig-
sten vorkommt, sieht man nicht. Man sieht
nicht den schönen Abend mit glockenreinem
Himmel, man sieht nicht den in zauberhafter
Stille schlummernden Gebirgssee.“
So geht das Werk unseres Künstlers von
der Anschauung aus, dass es ein künstleri-
sches Sehen ohne Rücksicht auf Darstellungs-
art und Möglichkeit nicht gibt. Er will das

Licht nicht in alle Farben des Spektrums
zerlegen, sondern das Spiel der Lichter zu
einem harmonischen Ganzen zusammenfassen.
Er will die Naturerscheinungen nicht in viele
Farbenflecke zerlegen, sondern alle die vielen
Farbenerscheinungen derNatur in harmonische
Farbenzusammenklänge verbinden. Er will
die Formen nicht in Dunst auflösen, sondern
die charakteristischen Formen aus der Natur
herausholen und die unwesentlichen unter-
ordnen.
„Aufs schärfste wendet sich Steppes
gegen die heutige Auffassung des Wortes
„malerisch“, die nur auf das Lichtproblem
geht und seinen Inhalt somit wesentlich be-
schränkt. Ihm ist malerisch jedes Naturer-
lebnis, das ihn zwingt, es zum Kunstwerk zu
gestalten, das zu malen ihm inneres Bedürf-
nis wird. „Ob die Sonne scheint oder nicht,
ob harte oder weiche Beleuchtung: das Licht-
problem ist nur ein Teil der malerischen
Darstellung.“
Was Edmund Steppes in seiner kleinen
Schrift ausführt, das hat er in seinen Werken
in die Tat umgesetzt, und wir müssen ge-
stehen, dass uns dieses Wort beglückt. Es
sind harmonische, abgeklärte Werke, die er
uns bietet. Wilhelm Kotzde.
Besprechungen. Für unsere Kleinen.
Der rühmlichst bekannte Verlag Josef Scholz
in Mainz lässt auch in diesem Jahr einige neue
Publikationen erscheinen, die nicht weniger
hervorgehoben zu werden verdienen, wie die
seitherigen. Da ist zunächst „Dies und das“,
ein Bilderbuch für die Kleinsten. Preis stark
kartoniert Mk. 3.—. Die echt kindergemässen
Verse sind von Gustav Falke, die Bilder
von Eugen Osswald. In diesem Künstler
haben wir eine Kraft ersten Rangs für dieses
Genre gewonnen. Besonders die Darstellung
I des Tiers gelingt ihm, wie nicht leicht
einem zweiten. Den Beweis dafür liefert er
auch in „M e i n T ie r b i 1 d er b u ch“, zu dem
Adolf Wolf die Verse dichtete. Preis stark
kartoniert Mk. 2.—. Wie ausdrucksvoll in
Form und Farbe sind sie doch alle: der Hahn,
die Katze, die Kuh, das Pferd und der
Hase. Und welch starke künstlerische
Wirkung weiss dieser Maler mit den ein-
fachsten Mitteln zu erzielen! Als weitere
Gabe sind zwei Bilderbücher „Die Wacht
am Rhein“ I. u. II. Preis jeder Teil Mk. 1.—,
von Angelo Jank zu nennen. Beide ent-
halten wuchtig gezeichnete Soldatenbilder,
in Auffassung und Darstellung rassig und
kraftvoll. Wie werden unsere Knaben jubeln,
wenn sie diese lebendigen Episoden aus dem
Manöver zu sehen bekommen ! Ein besonders
glücklicher Griff ist es, dass der Verlag diesen
Soldatenbildern Gedichte beigegeben hat, die
zu unseren wertvollsten literarischen Schätzen
gehören wie z. B. „Die Musik kommt“ von
Detlev v. Liliencron. Ferner erfreut uns der
Verlag wieder mit der künstlerischen Aus-
gestaltung zweier Grimm’schen Märchen:
„Brüderchen und Sch w e st er ch en“ von
Franz Mii 11 er- Münster und „Der Wolf
und die sieben Geisslein“ von Eugen
Osswald. Besonders das letztere entzückt
 
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