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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — 4.1910

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Heft IV (April 1910)
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Bender, E.: Kunstunterricht, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.34105#0055

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Kunstunterricht. (Fortsetzung.)
(E. Bender.)
Bei der Erziehung zum richtigen Sehen ist ein planmässiges Fortschreiten
geboten wie bei jedem anderen Unterrichtsfach. Der nachfolgend verzeichnete
Weg hat sich der Auffassungsfähigkeit der betreffenden Lebensalter als angepassen
erwiesen. Meine Erfahrungen reichen jedoch nur auf wenige Jahre zurück.
1. Weckung der Freude an schönen Einzelerscheinungen.
Man beginnt mit dem Hinweis auf stark auffallende farbige Eindrücke.
Auffallend nicht im Sinne unkünstlericher Effekthascherei; es handelt sich ja um
Naturerscheinungen und diese sind alle harmonisch. Der nächste Schritt ist die
Freude an der schönen Form, wozu der systematische Zeichenunterricht die

Abbildung 1.


Studien nach der Natur getrieben. Schülerarbeit der Fachklasse für Ziselieren der Münchner Gewerbeschule
(Leiter: Joh. Vierthaler).

Wege weist. Den Schülern soll es zum Bewusstsein kommen, dass das, was im
Unterrichte besprochen und gezeichnet wird, nur eine ganz kleine Auswahl ist aus
dem grossen Reichtum der Natur. Vor allem sollen sie auf die Gesamterscheinung
der Naturgebilde achten lernen, von denen sie nur kleine Einzelformen zeichnen.
Z. B.: Das nächstemal zeichnen wir das Blatt vom Tulpenbaum; an dem Wege
rund um den Schlossgarten steht eine grosse Anzahl dieser stattlichen Bäume.
Seht sie euch an. Oder eine weitergehende Anregung: Merket euch besonders
schöne Bäume in unseren öffentlichen Gärten. Oder: ,,Ihr habet zu Hause Blumen;
beobachtet einmal nicht nur die Blüten, sondern die ganze Erscheinung der Pflanze,
sehet auf die Entwicklung der Blätter usw.“ Solche Fragen führen über zum
nächsten Punkt: Wachstum und Form. Unendlich reich sind die Beobach-
tungen, welche die Schüler gerade in dieser Hinsicht machen. Ihrem Auge er-
schliesst sich erst jetzt die vollkommene Schönheit der Pflanze. Die Freude an
 
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