Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — 4.1910

DOI Heft:
Heft IX (September 1910)
DOI Artikel:
Ausschnitte sehen
DOI Artikel:
Steine bemalen
DOI Artikel:
Besprechungen
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.34105#0145

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
131

zur bildenden Kunst, als von dem gewissen-
haften Studium dreier Bände üblicher Kunst-
geschichte. Lassen wir aber das „Erziehen“,
das „Schulmeistern“ beiseit. Ganz einfach:
ich verspreche jedem: der das betreibt, unter
der einzigen Voraussetzung, dass er ein nicht
unter der Norm schwachbegabtes Auge hat,
Genüsse, von denen er bald überrascht sein
wird. Vor allem in der Natur, ganz und
gar hauptsächlich in der Natur. Daneben
kann er sein schwarzes Papierstück mit dem
verstellbaren Rechteck so nebenbei auch in
Kunstausstellungen gut gebrauchen, um die
Bilder von ihren Konkurrenten noch besser,
als das ihr Rahmen tut, zu isolieren.
Steine bemalen. Wer kennt nicht die
Freude der Kinder an schönen Steinen! Hat
man ein Auge für derlei, so „macht“ man
aber auch als Erwachsener beim Suchen und
sich Freuen und wohl auch beim Aufbewahren
„mit“. Im Detritus der Flüsse und gar an
einigen Stellen am Meeresstrand, auf Rügen
beispielsweise, gibt es in der Tat wahre
Musterlager schöner Steine, die schon ganz
säuberlich geschliffen, ja poliert sind. Am
schönsten sind sie nass, aber schön bleiben
sie auch, wenn man sie mit Gummiarabikum,
Paraffin oder Wachs, und in ihrer Schönheit
noch haltbarer, wenn man sie mit einem
milden Lack iiberfliessen lässt, der keinen
Speck- oder Hochglanz haben darf. Wieviel
Reisekoffer der Jugend bekommen jährlich
in den Ferien durch solche Steine Heim-
reiseballast, wenn ein gestrenges Elternherz
die Überfracht nicht gar zu sehr scheut!
Man ist nun auf den Gedanken gekommen,
diese Freude an Steinen auch „kunsterziehe-
risch“ auszunutzen. Mir wurden von einem
Lehrer recht hübsche Steine gezeigt, die
seine Schüler und Schülerinnen bemalt hatten,
indem sie den Grund in der Naturfarbe stehen-
liessen und in allerlei Weise schmückten.
Manchmal durch Ornamente, manchmal nur
durch farbige Linien, welche die Ränder der
Schichten betonten. Ich vermute, es werden
jetzt schon eine ganze Anzahl Kinder im
Reich auf diese Weise zu einer intimeren
Beschäftigung mit Steinen kommen.
Will man die Sache zu einer Augen-
erziehung machen, so empfehle ich, zunächst
nicht ein eigentliches Ornamentieren oder
überhaupt Schmücken der Steine anzuregen —
anders gesagt: zunächst gar nicht auf das
Fertigstellen eines hübschen Gegenstandes
auszugehen. Sondern etwa zu sagen: „Wer
setzt jetzt auf den Stein den Farbpunkt, der
am schönsten drauf aussieht, der ihm, sozu-
sagen, am besten steht? Den Tuschkasten
habt ihr ja — was meint ihr wohl, welche
Farbe da passt? Nun probiert’s!“ Der Eifer
wird bei vielen gross sein, und bald lässt
sich erkennen, wer schon ein Farbenauge hat.
Dann wachsen die Aufgaben den Kindern
unter der Hand. Sieht der Punkt klein oder
grösser am besten aus? Scharf abgegrenzt
oder verschwommen? Mit dicker oder mit
dünner Farbe? Und ganz von selbst ergibt
sich auch da und dort ein Umstimmen des
Grundes etwa durch Lasur. Die Zahl der

verwendeten Farben mehrt sich. Da kein
Stein dem andern gleicht, bietet jeder neue
Aufgaben, neue Reize. Es wird bald Besseres
als Spielerei, wird wirklich ein feines Spiel,
bei dem man das Wachsen des Farbensinnes
ordentlich mit ansieht. Wer gut veranlagte
Augen hat, gerät in hellen Jubel dabei.
Was man sonst nicht gebrauchen kann,
sieht man als Briefbeschwerer an. Aber die
„Briefbeschwerer“, die dabei herauskommen,
wollen wir nicht als die Hauptergebnisse
dieser Tätigkeit erstreben.
Besprechungen. Neuzeitliche Vorla-
gen für das Linearzeiehnen von R. Godron.
48Foliotafeln. Preis in Originalmappe Mk. 8.—.
Verlag Max Kellerer, Hofbuch- und Kunst-
handlung in München. Diese originellen, in
Form und Farbe dem neuzeitlichen Ge-
schmack entsprechenden Vorlagen können
unseren Schulen wärmstens emp fohlen werden.
Die Schönheit der grossen Stadt von
August E n d e 11. Preis Mk. 1.60. Verlag von
Strecker & Schröder, Stuttgart. Ein präch-
tiges Büchlein mit durchaus selbständigen
Gedanken, das weiteste Verbreitung verdient.
Das Zeichnen in der Elementarschule,
Malendes Zeichnen von G. Merki, Lehrer
in Männedorf, Schweiz. Selbstverlag des Ver-
fassers. Diese sehr billigen Heftchen bieten
dem Lehrer an Volksschulen eine treffliche
Anleitung zum Wandtafelzeichnen, das mit
Recht heutzutage so empfohlen wird. Wir
wünschen den Heftchen eine weite Ver-
breitung.
Ludwig Richters Volkskunst. Sein Holz-
schnitt vom Keim bis zur Blüte in plan-
mässiger Auswahl zusammengestellt und er-
läutert von Karl Budde. Verlag Leipzig,
Georg Wigand. Wer sich einen Ueberblick
über den Entwicklungsgang unseres liebens-
würdigsten deutschen Zeichners der hinter
uns liegenden Kunstperiode verschaffen will,
der greife zu diesem ausgezeichneten Werk,
das alles hält, was es in seiner Uebersclirift
verspricht.
Deutsches Jugendbuch. Unter Mitarbeit
namhafter Schriftsteller und Künstler heraus-
gegeben von Wilhelm Kotzde. Ein starker
Band, 185 Seiten in Leinen, 3 Mark. Verlag
von Jos. Scholz in Mainz. Das Deutsche
Jugendbuch will ein Buch für alle Kinder
sein, für die grossen und für die kleinen.
In buntem Wechsel bringt es Märchen, Ge-
schichten, Lieder, Reime, Rätsel und Bilder.
Unsere besten Künstler beteiligten sich mit
zahlreichen farbigen Bildern und Zeichnungen
an dem Buche. Aber auch der Herausgeber
hat das seine getan. Er hat alte und neue
Poeten in seinem Buche vereinigt und als
ein rechter Jugendpädagoge mit dem Märchen-
haften das Sinnige und Ernste so verbunden,
dass das Kind in dem Buche, während es sich
mit den Gestalten der Frau Fabula beschäf-
tigt, ohne es zu wissen, in eine ernstere,
reichere und höhere Welt eingeführt wird.
Und so sollten die Jugendbücher ja wohl über-
haupt beschaffen sein. Besonders angenehm
berührt es, dass es sich der Herausgeber nicht,
 
Annotationen