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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — 4.1910

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Heft V (Mai 1910)
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Henrici, Karl: Ueber die Pflege des Heimatlichen im ländlichen und städtischen Bauwesen, 1
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https://doi.org/10.11588/diglit.34105#0071

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63 —

es zu, dass man umkehrte, um das Liegengelassene zu holen. Das lag nun leider
sehr weit zurück und sehr weit ab. Aber der Weg wurde nicht gescheut. Ohne
Gepäck ging’s rasch zurück. Bei dem Wiedervorwärtsschreiten ward das Wandern
aber mühsam. Denn nicht nur, dass man nach Griechenland, zur Antike zurück-
kehrte und sich mit ihr bepackte, sondern man fand, als man wieder vorwärts
strebte, dass man bei der ersten Wanderung überall etwas hatte liegen lassen, was
mitnehmens wert war, und
das durfte doch zum zweiten Abbildung 3.

Male nicht geschehen.
So wandert man, alte
Schätze suchend, im Eil-
schritt durch die Länder
und durch die schon einmal
früher zurückgelegten Jahr-
hunderte, und als man
schliesslich kurz vor Schluss
des Säkulums wieder an der
Stelle angekommen war, an
welcher man vor siebzig
Jahren den Entschluss zur
Umkehr gefasst hatte, da
war die Last von alle dem
Wiederaufgelesen en schier
zum Erdrücken angewach-
sen, sodass an ein Weiter-
kommen mit ihr nicht mehr
zu denken war.
Die Jahrhundertwende
bezeichnet nun wieder einen
Zeitpunkt neuer Entschei-
dungen, aber diesmal erlaubt
das Temperament der Zeit
es nicht, den Weg zum
dritten Male zu machen.
Sie ist des Schleppens
müde, und sich der Last
zu entringen und frohgemut
mit möglichst wenig Gepäck
eine neue Lichtung einzu-
schlagen, ist ihre Aufgabe
und ihr Entschluss. Es
muss blind und taub sein,
wer dies nicht zu sehen
und zu hören vermag.
Als mit dem Ablauf
des Mittelalters die Re-
naissance einsetzte, vollzog


Schülerarbeit der Fachklasse für graphische Gewerbe der
Münchner Gewerbeschule (Leiter: Direktor Godran).

sich ein ähnlicher Prozess, wie der zu Anfang des neunzehnten Jahrhunderts, auf den
oben hingewiesen wurde; die Absicht, die antike Kunst wieder aufleben zu lassen,
war mindestens ebenso ehrlich gemeint und von ebenso hoher Begeisterung getragen,

wie das letztere Mal.

Aber doch tritt der Wiederbelebungsversuch im sechzehnten Jahrhundert so
ganz anders in die Erscheinung. Sind damals auch zuweilen die Einzelformen
dem antiken Vorbild zum Verwechseln ähnlich geraten, so ging die Nachahmung
doch nicht weit über Aeusserlichkeiten hinaus, und namentlich liess sich in Deutsch-
land, trotz der vielfachen Hinzuziehung fremdländischer—namentlich italienischer —
 
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