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zu sein, die Luft draussen kräftig zu ver-
unreinigen und dann dafür zu sorgen, dass
diese schlechte Luft durch die Zimmer ge-
führt wird. Von diesem Standpunkte aus
muss man den Kamin in England nicht als
einen nationalen Vorzug, sondern geradezu
als ein nationales Laster ansehen, das um so
schädlicher wirkt, als die feuchte Atmosphäre
der britischen Inseln ohnedies die Nebelbildung
erleichtert, für welche der Kaminrauch dann
den allerschönsten Entwicklungsboden liefert.
Die aus Marmor oder Kalkstein gefertigten
Fresko-Technik in unserer Zeit hat die gleiche
chemische Ursache, denn das Bindemittel ist
hier wieder Kalciumkarbonat.
Diese Abhilfe kann von zwei Seiten kom-
men, und es wird am besten sein, beide Wege
ins Auge zu fassen. Erstens muss man das
Material, das der modernen Luft nicht mehr
widerstehen kann, durch ein anderes ersetzen,
welches dieses leistet. Dass dies nicht ausser-
halb der Möglichkeit liegt, wird durch die
gute Erhaltung der Terrakottareliefs des Gräfe-
denkmals an der Charite in Berlin bewiesen.
Abbildung 7.
Zu dem Abschnitt: Für einfache Schulverhältnisse.
Architekturteile und Kunstwerke haben die
Folgen dieser chemischen Misswirtschaft an
ihrem Leibe zu tragen und weisen sie, Er-
barmen heischend, dem Auge des Chemikers
dar. Das eigentümlich greisenhafte Aussehen
aller dieser Stücke, nämlich weisse Krusten
auf einem russdunklen Grunde, das dem
Fremden in London nicht nur, sondern sogar
im stillen Oxford auffällt, beruht auf der Bil-
dung von Sulfaten, welche unter Einwirkung
der Luftsäure entstehen und bei trockenem
Wetter auskristallisieren. Diegenauere Unter-
suchung lässt erkennen, dass oft zentimeter-
tief der Stein in eine mürbe Masse verwandelt
ist, die keinen Widerstand mehr bietet und
unter Umständen ernstliche Gefahren be-
wirken kann. Der eklatante Misserfolg der
Ebenso bleibt sachgemäss ausgeführte Ver-
goldung fest gegen Säure. Es würde sich
also darum handeln, mit den fast unbegrenz-
ten Mitteln der heutigen Wissenschaft und
Technik neue Materialien und Methoden zu
entwickeln, die dem Künstler die Möglichkeit
gewähren, monumentale Kunstwerke zu schaf-
fen, die auch in der sauren Luft der Gross-
stadt den Kampf ums chemische Dasein zu
bestehen vermögen.
Der zweite Weg ist natürlich, die schweflige
Säure gar nicht in die Luft zu lassen. Von
den verschiedenen Ausführungsformen dieses
Problems will ich hier nur die radikalste er-
wähnen, nämlich die Kohle zu entschwefeln,
bevor man sie zur Verbrennung zulässt. Dies
geschieht beim Verkoken. Zwar nicht ganz
zu sein, die Luft draussen kräftig zu ver-
unreinigen und dann dafür zu sorgen, dass
diese schlechte Luft durch die Zimmer ge-
führt wird. Von diesem Standpunkte aus
muss man den Kamin in England nicht als
einen nationalen Vorzug, sondern geradezu
als ein nationales Laster ansehen, das um so
schädlicher wirkt, als die feuchte Atmosphäre
der britischen Inseln ohnedies die Nebelbildung
erleichtert, für welche der Kaminrauch dann
den allerschönsten Entwicklungsboden liefert.
Die aus Marmor oder Kalkstein gefertigten
Fresko-Technik in unserer Zeit hat die gleiche
chemische Ursache, denn das Bindemittel ist
hier wieder Kalciumkarbonat.
Diese Abhilfe kann von zwei Seiten kom-
men, und es wird am besten sein, beide Wege
ins Auge zu fassen. Erstens muss man das
Material, das der modernen Luft nicht mehr
widerstehen kann, durch ein anderes ersetzen,
welches dieses leistet. Dass dies nicht ausser-
halb der Möglichkeit liegt, wird durch die
gute Erhaltung der Terrakottareliefs des Gräfe-
denkmals an der Charite in Berlin bewiesen.
Abbildung 7.
Zu dem Abschnitt: Für einfache Schulverhältnisse.
Architekturteile und Kunstwerke haben die
Folgen dieser chemischen Misswirtschaft an
ihrem Leibe zu tragen und weisen sie, Er-
barmen heischend, dem Auge des Chemikers
dar. Das eigentümlich greisenhafte Aussehen
aller dieser Stücke, nämlich weisse Krusten
auf einem russdunklen Grunde, das dem
Fremden in London nicht nur, sondern sogar
im stillen Oxford auffällt, beruht auf der Bil-
dung von Sulfaten, welche unter Einwirkung
der Luftsäure entstehen und bei trockenem
Wetter auskristallisieren. Diegenauere Unter-
suchung lässt erkennen, dass oft zentimeter-
tief der Stein in eine mürbe Masse verwandelt
ist, die keinen Widerstand mehr bietet und
unter Umständen ernstliche Gefahren be-
wirken kann. Der eklatante Misserfolg der
Ebenso bleibt sachgemäss ausgeführte Ver-
goldung fest gegen Säure. Es würde sich
also darum handeln, mit den fast unbegrenz-
ten Mitteln der heutigen Wissenschaft und
Technik neue Materialien und Methoden zu
entwickeln, die dem Künstler die Möglichkeit
gewähren, monumentale Kunstwerke zu schaf-
fen, die auch in der sauren Luft der Gross-
stadt den Kampf ums chemische Dasein zu
bestehen vermögen.
Der zweite Weg ist natürlich, die schweflige
Säure gar nicht in die Luft zu lassen. Von
den verschiedenen Ausführungsformen dieses
Problems will ich hier nur die radikalste er-
wähnen, nämlich die Kohle zu entschwefeln,
bevor man sie zur Verbrennung zulässt. Dies
geschieht beim Verkoken. Zwar nicht ganz